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The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Verday
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möglichst ruhiger Stimme zu antworten: »Nein, ich komme gleich.«
    »Na gut. Komm runter, wenn du so weit bist.«
    Ich wartete, bis ihre Schritte verklangen, dann warf ich einen Blick in den Spiegel. Fast hatte ich Angst vor dem, was sich mir zeigen würde. Aber es war bloß mein normales Spiegelbild, das mir entgegensah. Meine Augen waren überraschend klar und trocken, meine Haare sahen aus wie immer. Ich war nur kreidebleich. Bleich wie ein Gespenst.
    Bei diesem Gedanken musste ich hysterisch lachen, doch ich stopfte mir rasch die Faust in den Mund, um das Geräusch zu dämpfen. Nein, hör damit auf! Reiß dich zusammen, Abbey! Ich drehte das kalte Wasser auf und spritzte es mir ins Gesicht, bis die Kälte meine Wangen rötete.
    Dann trocknete ich mich ab und versuchte, mich seelisch darauf vorzubereiten, nach unten zu gehen. Ich musste weg. Ich musste Caspian finden.
    Mom und Dad waren in der Küche und bereiteten das Abendessen zu.
    »Da ist sie ja«, sagte Mom. Ich lächelte schwach. Sie legte eine Packung mit tiefgekühlten Shrimps beiseite und kam mir entgegen. »Du bist blass. Willst du dich ein bisschen hinlegen?«
    »Was ist denn los? Was ist passiert?«, fragte Dad.
    »Eine Lebensmittelvergiftung.« Mom legte mir den Handrücken an die Stirn.
    »Es geht mir schon viel besser«, erwiderte ich. »Ich glaube, ich brauche jetzt nur einen kleinen Spaziergang. Ein bisschen frische Luft.« Ich ging zur Tür.
    »Bleib nicht so lange weg«, rief Mom mir nach.
    »Okay«, rief ich zurück und schlüpfte hinaus.
    Ich rannte zum Friedhof, atemlos und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich wusste, dass es nur einen Menschen gab, der mir helfen konnte, das Ganze zu verstehen. Nur einen Menschen, der mir jetzt beistehen konnte. Und den musste ich finden.
    Da es noch nicht dunkel war, war das Haupttor des Friedhofs noch offen und ich hastete zum Mausoleum. Der überwältigende Drang, Caspian zu finden und ihm die Sache mit Ben zu erzählen, machte mich fast wahnsinnig.
    »Caspian!«, schrie ich und stieß die Tür zum Mausoleum auf. Auf seinem provisorischen Tisch brannte eine Kerze. Meine Stimme hallte von den Wänden wider und kam zu mir zurück. »Caspian, wo bist du?«
    Keine Antwort.
    Ich trat ein und betrachtete seine Sachen. Wieder und wieder rief ich seinen Namen. Enttäuschung stieg in mir hoch. w o steckt er? Ich muss ihn sehen!
    Ich hielt etwas in der Hand und merkte erst in letzter Sekunde, dass ich kurz davor war, das Stück Kohle, mit dem er gern zeichnete, entzweizubrechen. Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass ich es aufgehoben hatte.
    Ich riss ein Blatt von einem Zeichenblock, der in der Nähe lag: Ich brauche dich, kritzelte ich mit der Kohle darauf und legte es mitten auf den Tisch. Er würde es sehen, wenn er zurückkam.
    Dann stürmte ich wieder hinaus, noch ganz benommen von Verwirrung und Zorn. Ich beschloss, zur Brücke zu gehen. Auf dem Weg wünschte ich mir verzweifelt, dass ich ihn dort finden würde. Ich musste einen klaren Kopf bekommen. Wie konnte Ben die ganze Zeit dieser D. gewesen sein? Wie kam es, dass ich es nicht früher gemerkt hatte?
    Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts das große hölzerne Bauwerk vor mir auf. Ich ging hinunter ans Ufer und rief wieder nach Caspian. Ich entdeckte eine Gestalt. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte ich zu erkennen, ob er es war. Nein. Dann überprüfte ich das Gerüst unter der Brücke.
    Aber er war nicht da.
    Ich ballte die Fäuste, grub die Nägel in die Handteller, warf den Kopf zurück und schrie: »Warum kann ich dich nicht finden??!« Mein Herz raste, ich versuchte, mich zu beruhigen, aber es gelang mir nicht. Ich hämmerte mir mit den Fäusten an die Schläfen, während ich auf und ab lief. »Denk nach, Abbey! Wo könnte er noch sein?«, befahl ich mir laut.
    An Irvings Grab.
    Plötzlich tauchte dieser Gedanke kristallklar in mir auf. Schnell verließ ich den Fluss und eilte zur Grabstelle. Doch als sie in Sicht kam, verließ mich erneut der Mut: Der kleine, abgezäunte Bereich um das Grab war leer. Caspian war nicht da.
    Ich stieg die Stufen hinauf, schob mich durch die Pforte und sank vor Washington Irvings Grabstein auf die Knie. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, flüsterte ich. »Ich kann Caspian nicht finden und dabei brauche ich ihn so dringend.« In der Nähe zwitscherte ein Vogel, es klang, als riefe er: »Wieso? Wieso? Wieso?«
    Ein kratzendes Geräusch ließ mich zusammenfahren. Ich stand wankend auf und wandte mich

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