The Haunted
das Thema wechseln?«, fragte ich aufgebracht. »Schließlich hat man über seine Träume keine Kontrolle.«
Er fuhr sich durchs Haar. »Hast du seine Telefonnummer? Du könntest ihn anrufen.«
»So ein Gespräch sollte man nicht am Telefon führen.«
»Willst du persönlich mit ihm darüber reden?« Seine grünen Augen hielten meinen Blick gefangen. »Ich würde auch mitkommen.«
Angst und Aufregung stiegen in mir hoch. »Ich weiß nicht …« Ich kaute an einem Daumennagel herum und bearbeitete die Ränder mit den Zähnen. »Kann ich das? Sollte ich das?«
»Du kannst die Sache nur klären, wenn du ihn direkt fragst. Und sieh es doch mal so: Wirst du heute Nacht schlafen können, wenn du es nicht weißt?«
Nein. »Stimmt. Aber ich weiß nicht, wo er wohnt.« Ich stand auf und schaltete meinen Computer an. »Google.«
Während ich darauf wartete, dass der Computer hochfuhr, trommelte ich nervös mit den Fingern an die Seiten des Bildschirms. Aber dann irritierten mich die Klopfgeräusche und ich begann stattdessen, ein Parfumfläschen zwischen den Händen hin und her zu drehen.
Endlich hörte der Computer auf zu klacken und zu surren und ich rief eine Suchmaschine auf. Sobald ich Bens vollen Namen und Sleepy Hollow, New York, eingegeben hatte, tauchten die Daten auf.
»Offenbar wohnt er in der Nähe der Highschool«, meinte ich. »Hast du Lust auf einen Spaziergang?«
Caspian stand auf. »Gehen wir.«
Wir kletterten aus dem Fenster und durchquerten den Garten, dann schlugen wir den Weg zur Schule ein. Zwanzig Mi nuten später erreichten wir Bens Haus und ich trat von einem Fuß auf den anderen in dem Versuch, mich wie ein Ringkämpfer vor dem Wettkampf in Fahrt zu bringen. Schließlich drückte ich die Klingel und wartete, dass jemand an die Tür kam.
Eine Frau mittleren Alters mit braunen Haaren öffnete. Sie trug eine helle Tunika und eine graue Hose. In der Hand hielt sie ein Geschirrtuch. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Äh, hi – Mrs Bennett?« Als sie nickte, fuhr ich fort: »Ich bin Abbey Browning. Ben gibt mir Nachhilfe.«
Ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Ach ja. Wie geht’s dir, Abbey?«
»Danke, gut. Äh – wissen Sie, wo Ben ist? Ich wollte etwas mit ihm besprechen.«
An die Stelle ihres Lächelns trat jetzt ein leichtes Stirnrunzeln. »Er ist bei seinem Vater auf der Christbaumfarm. Sie liegt ungefähr fünf Blocks von hier neben einem unbebauten Grundstück.«
Ich nickte. »Okay, danke.« Ich wandte mich bereits zum Gehen, als sie fragte: »Soll ich ihn anrufen?«
Ich drehte mich noch einmal um. »Nein danke, ich überrasche ihn lieber. Auf Wiedersehen, Mrs Bennett.« Ich winkte ihr noch einmal zu, bevor sie die Tür zumachte.
Caspian und ich liefen die fünf Blocks, der Weg war nicht weit.
Die Christbaumfarm – wenn man es denn so nennen wollte – nahm nicht viel Platz ein. Sehr wenig Platz, um genau zu sein; ungefähr zwanzig bis dreißig Bäumchen standen nebeneinander in ordentlichen Reihen.
Ein Mann hantierte mit einem Eimer. Ben war nirgends zu sehen. Erst als er sich aufrichtete, ging mir auf, dass er sich so tief nach vorn gebeugt hatte, dass ich ihn nicht bemerkt hatte. Aber jetzt erkannte ich ihn sofort an seinen lockigen Haaren.
»Ben!«, rief ich und winkte. Er sah zu mir, dann sagte er etwas zu seinem Dad und kam herbeigelaufen.
»Denk daran«, meinte Caspian, »es könnte eine Erklärung geben. Geh nicht gleich auf ihn los.«
Ich nickte kurz.
»Abbey?«, sagte Ben und trat näher. »Was ist los? Was willst du hier?«
Ich atmete tief durch, ballte die Fäuste und vergrub meine Nägel möglichst tief in die Ballen, um mich durch den Schmerz ein wenig abzulenken. Ohne weiter darüber nachzudenken, fiel ich gleich mit der Tür ins Haus. »Ich weiß Bescheid, Ben.«
Er sah mich verständnislos an. »Bescheid worüber?«
»Über dich und Kristen. Ich habe ihre Tagebücher gefunden und du wirst darin erwähnt.«
»Wie bitte?«
Am liebsten hätte ich losgebrüllt, es ihm ins Gesicht geschrien, dass ich Bescheid wüsste und er aufhören solle zu lügen, aber aus dem Augenwinkel sah ich, dass Caspian den Kopf schüttelte. Also zählte ich innerlich bis drei und fuhr dann etwas ruhiger fort: »Ich weiß, dass du mit Kristen zusammen warst und dass du von ihr verlangt hast, es geheim zu halten.«
Ben trat einen Schritt auf mich zu. Obwohl ich am liebsten zurückgewichen wäre, blieb ich, wo ich war. »Wovon redest du da, Abbey? Ich war nicht mit
Weitere Kostenlose Bücher