The Hollow
Kristens Blut waren? Wie mochte es sich angefühlt haben? Hatte sie Schmerzen gespürt oder Traurigkeit …?
Lautes Geschrei riss mich aus meinen Überlegungen und ich sah zur anderen Seite des Ufers hinüber. Dort stand eine dunkle Gestalt und winkte; ich konnte gerade noch die Umrisse eines Overalls erkennen. Ich legte die Hände um den Mund und rief: »Nikolas, sind Sie das?«
»Ja, Abbey, ich bin’s«, rief er zurück.
»Warten Sie«, schrie ich. »Ich bin gleich drüben.«
Ich warf einen prüfenden Blick auf den Stein, suchte mir eine andere Stelle aus und trat vorsichtig mit einem Bein darauf. Es funktionierte und mein Fuß fand einen sichereren Halt. Breitbeinig zwischen zwei Steinen stehend, hielt ich meine Büchertasche fest und zog das zweite Bein mit Schwung nach.
Ich blieb nicht lange stehen, sondern bewegte mich weiter. Der nächste Stein war der bislang größte und ich konnte ihn ohne Weiteres erreichen. Als ich den Fuß auf den letzten Stein setzte, der zwischen mir und dem sicheren Ufer lag, konnte ich Nikolas dicht am Rand des Flusses stehen sehen. Er streckte mir seine gebrechliche Hand hin und ich ergriff sie erleichtert, sobald ich das Ufer erreicht hatte.
Ich blickte mich noch einmal um, dann drehte ich mich zu ihm um und sah ihn voller Dankbarkeit an. »Vielen Dank, Nikolas. Sie sind der zweite Mann, der mich aus diesem Fluss rettet. Daran könnte man sich glatt gewöhnen.«
Er scharrte mit den Füßen und brummte missbilligend vor sich hin, aber ich glaube, er freute sich über meine Worte. Als ich schließlich seine Hand losließ, zog er seine abgetragene Flanelljacke dichter um seine Schultern und sah mich besorgt an. »Du solltest diesen Fluss nicht überqueren, Abbey. Wenn du gestolpert oder hineingefallen wärst, hätte ich nicht gewusst, was ich tun sollte. Deine Zeit ist noch nicht gekommen.« Sein faltiges Gesicht sah bekümmert aus und es tat mir total leid, dass ich der Grund dafür war.
Beruhigend tätschelte ich seine Hand und legte ihm einen Arm um die Schultern. »Ich verspreche, den Fluss in der nächsten Zeit nicht mehr zu überqueren, Nikolas. Wenn die Bauarbeiten an der Brücke zum kopflosen Reiter erst mal beendet sind, dann kann ich die ja benutzen, okay?«
Er nickte und sah ganz erleichtert aus.
»Außerdem«, sagte ich, »was machen Sie denn hier bei diesem Wetter? Katy ist aber nicht dabei, oder?« Ich schaute mich um, sah aber niemanden.
Er sah gekränkt aus, weil ich zu glauben schien, Katy könnte in dieser Kälte und im Dunkeln hier herumlaufen. »Meine liebe Frau sitzt warm und sicher zu Hause vor dem brennenden Kamin. Sie hat sich nicht besonders wohlgefühlt, deshalb bin ich nach draußen gegangen, um ein bisschen Feuerholz zu holen und ein wenig frische Luft zu schnappen.«
Zu hören, dass Katy krank war, machte mir Sorgen. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihr etwas passieren könnte, und ich packte ihn bestürzt an beiden Händen. »Ist sie okay? Kann ich irgendwas für sie tun?«
Nikolas schüttelte den Kopf. »Es geht ihr gut. Nur eine kleine Wintererkältung.« Er legte meine Hand in seine Armbeuge und stieg die Uferböschung hinauf. »Nicht mehr und nicht weniger. Ich werde ihr ausrichten, dass du dir Sorgen um sie gemacht hast. Darüber wird sie sich bestimmt freuen.« Langsam, aber sicher kletterten wir die Anhöhe hinauf und blieben oben neben dem Weg, der zu ihrem Haus führte, stehen.
»Wenn ich irgendwas tun kann, sagen Sie mir bitte Bescheid«, entgegnete ich. »Und können Sie ihr bitte meinen Dank ausrichten? Der Schal und die Handschuhe sind absolut hinreißend. Und die Teetasse ist ganz entzückend.« Er wartete geduldig, während ich weiterschwatzte. »Oh, und vielen Dank für die Schnitzerei! Sie ist wunderschön! Die Einzelheiten sind fantastisch. Und woher wusste Katy, dass Rot meine Lieblingsfarbe ist? Kann sie hellsehen?«
Nikolas strahlte mich an und drückte meinen Arm. »Das werde ich ihr ganz bestimmt ausrichten. Sie hatte so eine Ahnung, dass Rot dir gefallen würde. Sie wird sich freuen, dass sie recht gehabt hat.«
Ich lächelte ihn an und umarmte ihn ganz spontan. »Ich hoffe, Sie beide hatten fröhliche Weihnachten«, flüsterte ich ihm ins Ohr. Er erwiderte die Umarmung, machte einen Schritt zurück und sah ein bisschen verlegen aus.
»Nun ja«, sagte er und strich seine Jacke glatt. »Ich muss zurück zu meiner Frau. Wann kannst du uns denn besuchen kommen?«
Ich legte den Kopf auf die Seite und
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