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The Hollow

The Hollow

Titel: The Hollow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Verday
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ich am Zaun entlang.
    »Woher sollte ich wissen, dass er hier auf mich gewartet hat?«, murmelte ich, halb zu mir selbst, halb an den leeren Friedhof gewandt. »Habe ich je behauptet, Gedanken lesen zu können? Nein, hab ich nicht. Also kann er auch nicht erwarten, dass ich die seinen lesen kann.« Wütend trat ich gegen ein Blatt, das auf dem Boden lag. »Man nennt es Telefonnummer. Besorg dir eine.«
    Als ich diese Worte aus meinem Mund kommen hörte, klangen sie wie ein Echo der schrecklichen Sätze von einem Mädchen im Ballkleid und ich blieb stehen. Ich ließ den Kopf sinken und setzte mich neben den Baum mit den eingeschnitzten Initialen. Ich vergrub den Kopf in den Armen und zog meine Beine unter mich. Warum hatte er sich heute so benommen? Ich war total durcheinander.
    Leise Schritte kamen über das Gras auf mich zu, und als ich aufblickte, sah ich den alten Grabpfleger auf mich zukommen. Er trug denselben geflickten blauen Overall, aber heute war sein Hemd braun. Ich zwang mich zu einem Lächeln und stand auf. »Hallo, Nikolas.«
    Er strahlte über das ganze Gesicht und sein Lächeln rührte mich fast zu Tränen. Er schien sich total zu freuen, mich zu sehen. »Abbey, wie schön, dich wiederzusehen! Wie ist es dir ergangen?«
    Ich zuckte mit den Schultern und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Ganz gut, glaube ich. Heute war irgendwie ein blöder Tag.«
    »Kann ich dir bei irgendetwas helfen?«
    »Keine Ahnung, es ist nur …« Ich zögerte. »Es ist nicht wirklich etwas Schlimmes passiert, wissen Sie? Ich verstehe nur nicht, wie sich jemand einmal ganz wunderbar verhalten kann und dann urplötzlich wieder ganz anders.«
    »So als ob man seine Meinung über etwas geändert hat?«, fragte er.
    »Nein«, sagte ich und wusste nicht, wie ich das Problem beschreiben könnte. »Ist auch egal. Es geht nur um … um Jungs. Sie machen dauernd Ärger. Das ist alles.«
    Wieder hatte er diesen verschmitzten Ausdruck in den Augen, als er feierlich sagte: »Nun, als jemand, der genau genommen auch einmal ein Junge war …« Ich wurde rot und war total verlegen. »Ich will denjenigen, von dem die Rede ist, ja nicht in Schutz nehmen«, fuhr er fort, »aber er scheint verrückt zu sein.«
    Ich riss die Augen auf und er kicherte. »Ich mache nur Spaß. Hoffentlich macht dir das nichts aus.«
    Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und schüttelte den Kopf. »Sie sind nicht besser als die Jungs«, antwortete ich ebenfalls scherzhaft.
    Er lächelte. »Ich wollte dich nur lächeln sehen. Ich hoffe, du bist einem alten Mann gegenüber ein wenig nachsichtig. Aber jetzt mal ernsthaft: Gib deinem jungen Mann etwas Zeit. Ich bin sicher, er ist nur durcheinander oder unsicher. Der Stolz eines Mannes spielt eine sehr wichtige Rolle.«
    »Das ist zweifellos richtig«, stimmte ich ihm zu. »Also glauben Sie, es liegt möglicherweise gar nicht an mir, sondern an ihm? Dass er möglicherweise mit einem eigenen Problem beschäftigt ist?«
    Nikolas beugte sich zu mir und sagte leise: »Ich sehe, dass du eine sehr kluge und freundliche Seele hast, Abbey. Und ich kann Charaktere sehr gut einschätzen. Ich glaube nicht, dass es an dir gelegen hat. Außerdem – wenn er mit dem, was ihn bekümmert, nicht fertig wird, dann schick ihn zu mir – ich setz ihm den Kopf zurecht.«
    Ich brach in Tränen aus, was mir unendlich peinlich war. Dann beugte ich mich zu ihm und umarmte ihn. »Danke, Nikolas«, flüsterte ich. »Das bedeutet mir sehr viel.«
    Er atmete hörbar aus, als hätte ich ihn überrascht, und zögerte einen Moment, bevor er meine Umarmung erwiderte. Er schien so etwas nicht gewohnt zu sein. Ich rieb mir mit beiden Händen über das Gesicht und wischte meine Tränen weg.
    »Weißt du«, sagte er, »manchmal verstecken wir uns hinter einer Fassade, aus lauter Angst, wie diejenigen, die uns nahestehen, darauf reagieren könnten, wenn sie unser wahres Ich entdecken. Aber wenn das passiert, bedeutet das noch lange nicht, dass jemand dich zurückweist oder dich nicht mag. Ich wüsste nicht, warum irgendjemand dich nicht mögen sollte, Abbey.«
    Ich brauchte einen Moment, um meine Fassung zurückzugewinnen, deshalb bückte ich mich und tat so, als müsste ich meine Schuhe zubinden. Nachdem ich mich eine Weile damit beschäftigt hatte, richtete ich mich wieder auf und hoffte, dass meine Augen nicht total rot und verquollen waren. Ich sah Nikolas an. »Ich … äh … ich muss gehen. Mom wartet vermutlich schon auf mich und ich habe

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