The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
jedoch immer tiefer in diese beklemmende Finsternis vordrang, hörte ich plötzlich noch eine andere Stimme. Es war die Stimme von Alex. Ein wütendes, zischendes Wispern: Das alles ist eine Lüge. Es gibt keine Hoffnung. Es hat keinen Sinn, es zu versuchen. Du wirst hier unten sterben, Charlie, hier unten in der Dunkelheit, wo sie deine Leiche niemals finden werden!
Ich biss die Zähne zusammen und brachte Alex’ Stimme zum Schweigen. Wieder blieb ich stehen, um die Taschenlampe anzuschalten. Ich zitterte jetzt so stark, dass ich sie selbst mit beiden Händen kaum festhalten konnte. Ich legte den Daumen auf den Knopf …
Und dann rutschte mir die Taschenlampe aus den Händen! Es war ein furchtbarer Augenblick. An diesem Tag waren so viele unbegreifliche und grausame Dinge passiert – der Folterstuhl, die wahnsinnige Angst und die Schüsse –, aber das hier war schlimmer als alles andere. Ich hörte, wie der Schlüsselanhänger vor meinen Füßen auf den Stein fiel. Sofort hockte ich mich hin und tastete panisch den Boden ab. Ich konnte ihn nicht finden, ich konnte nur wimmern. Ich konnte nicht anders.
»Bitte, bitte, bitte«, flehte ich.
Und dann entdeckte ich ihn! Ich packte den Schlüsselanhänger, als wäre er ein Floß mitten auf dem Ozean. Als ich aufstand, zitterte ich noch heftiger als zuvor und hielt den Anhänger so fest wie möglich umklammert. Eine ganze Minute lang, die mir vorkam wie eine Stunde, wagte ich nicht, wieder auf den Knopf zu drücken.
Aber ich musste es tun, denn inzwischen war ich völlig orientierungslos und hatte keine Ahnung, in welche Richtung ich gehen musste. Ganz langsam und vorsichtig legte ich den Daumen wieder auf den Knopf der Taschenlampe, drückte ihn und leuchtete in die Dunkelheit.
Bei dem Anblick, der sich mir bot, musste ich schlucken. Der Korridor wurde immer enger und endete ein paar Meter weiter. Nein, das stimmte nicht, da gab es noch eine Spalte im Fels, aber sie wirkte so schmal, dass ich nicht sicher war, ob ich hineinpassen würde. Und wenn ich hineinpasste, würde ich vielleicht stecken bleiben und nie mehr herauskommen.
Doch hinter mir gab es keine Hoffnung.
Ich musste weiter.
Also schlurfte ich durch den Korridor vorwärts und spürte, wie die Wände zu beiden Seiten immer näher zusammenrückten. Dann erreichte ich die schmale Spalte und steckte die Taschenlampe zur Sicherheit in die Hosentasche. Mit der Schulter voran zwängte ich mich hinein.
Es war beklemmend, fast unerträglich. Die Felswände drückten sich in meinen Rücken und mein Gesicht, während ich mich weiter hineinschob. Schon bald rang ich nach Luft, als sich ein vorstehendes Felsstück in meinen Unterleib bohrte. Ich musste sämtliche Kraft und meinen ganzen Willen mobilisieren, um mich weiter durch den engen Raum zu quetschen.
Ich kam nicht mehr an die Taschenlampe heran, denn ich konnte nicht einmal mehr die Hände an meine Hosentasche führen. Wie ein Schmetterling in einem Buch war ich zwischen zwei Felswände gepresst und konnte den Würgegriff der Dunkelheit nicht abschütteln. Ich sah nicht das Geringste und wusste nicht, ob sich die Spalte je wieder öffnen oder einfach auslaufen würde. Und wenn sie endete, wusste ich nicht, ob ich mich auf dem gleichen Weg wieder hinausquetschen konnte.
Trotzdem schob ich mich noch tiefer in dieses Felsengrab hinein. Und dann passierte es: Ich erreichte eine Passage, die so eng war, dass ich sicher war, dort für immer eingeklemmt zu bleiben!
Ich hielt inne. Das Gestein bohrte sich in mein Gesicht, und meine Arme waren so fest auf Schulterhöhe eingekeilt, dass ich mich kaum noch bewegen konnte, kaum noch Luft bekam. Und … ich gebe es nicht gerne zu, aber um ehrlich zu sein: Ich fühlte eine solche Panik, Platzangst und Frustration, dass mir Tränen übers Gesicht liefen und ich mich mit aller Kraft beherrschen musste, nicht laut loszuheulen wie ein kleines Kind.
Doch dann packte mich die Wut – und das war meine Rettung. Wut und Verzweiflung, die in meinem Bauch aufflackerten und sich in mir ausbreiteten. Ich wollte nicht sterben! Nicht hier! Nicht so! Also biss ich die Zähne zusammen, und ein hässliches Geräusch entwich aus meinem Mund, als ich mich noch tiefer in diese dunkle, enge Spalte hineinzwängte. Jetzt betete ich, sprach stammelnd ein verrücktes Gebet, das aus dem Vaterunser, dem Psalm vom guten Hirten und allem zusammengesetzt war, an das ich mich erinnern konnte und das mir in meiner Panik einen Hoffnungsstrahl
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