The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Dingen, die mir durch den Kopf schwirrten. Erinnerungen an die Karate-Vorführung, die Unterhaltung mit Beth, den Streit mit Alex, und dann der Rest: zum Abendessen nach Hause gefahren, mein Referat geschrieben, mit Josh gechattet, gleichzeitig mit Rick telefoniert und dann ins Bett gegangen, in mein eigenes, zum letzten Mal …
»Angeline! Wo bist du, kleine Maus?«
Noch ein paar Sekunden blieb ich halb wach und benommen liegen. Ich glaube, ein Teil von mir hoffte in diesem Moment, es möge die Stimme meiner Mutter sein. Vielleicht rief sie meine Schwester Amy, und gleich würde sie mich rufen, um mich für einen weiteren Tag in der Schule zu wecken.
»Wow«, würde ich zu ihr sagen, »ich hatte einen total verrückten Traum …«
Aber dann atmete ich tief durch, hob den Kopf aus dem Laub und schaute mich um.
Ich war noch immer im Wald, aber hier sah er anders aus. Die Bäume standen weiter auseinander, und es waren vorwiegend Birken mit abblätternder weißer Rinde. Das Unterholz war nicht so dicht, und es gab offene, mit Blättern bedeckte Flächen. In der Nähe murmelte ein Bach und Vögel zwitscherten. Die Sonne stand tief, aber sie war nicht so verdeckt wie vorher. Ich konnte sie deutlich durch die Äste sehen, ein roter Ball zwischen den Wolken.
Ich drehte mich um, hielt aber sofort wieder inne.
Da stand ein kleines Mädchen und sah mich an.
Es musste ungefähr fünf sein, eine ernsthafte kleine Person mit einer rosa Wollmütze, die über ihre braunen Haare gezogen war. Sie trug eine rosa Windjacke und lila Leggings mit Schmutzflecken. In der Hand hielt sie einen kleinen Ball. Sie bewegte sich mit der oberen Hälfte ihres Körpers vor und zurück, als sei sie von meinem Anblick verzaubert.
Ich starrte sie an, als sei sie eine Fata Morgana. Fast fürchtete ich, dass es so war. Langsam stemmte ich mich auf die Knie. Ich streckte die Hand nach ihr aus, um mich zu vergewissern, dass sie real war.
Sie stand einfach nur da und wippte vor und zurück. Dann wandte sie die Augen von meinem Gesicht ab und schaute auf meine Hand, die ich zu ihr ausstreckte. Sie schien davon fasziniert, fast hypnotisiert zu sein.
Ich ließ meine Hand wieder fallen, denn ich wollte sie weder erschrecken, noch wollte ich, dass sie weglief. Ich versuchte, zu lächeln, was nicht so einfach war, denn mein Gesicht schmerzte und war von Schmutz und Blut verkrustet.
»Hallo«, brachte ich schließlich mit heiserer Stimme heraus. »Ich heiße Charlie. Charlie West. Und wie heißt du?«
Das kleine Mädchen umklammerte seinen Ball und drückte das Kinn an die Brust, als wolle es schrumpfen, um sich hinter dem Ball zu verstecken. Ich hörte nicht auf, es anzustarren. Es war wirklich da, wirklich real. Und wenn da ein kleines Mädchen war, musste auch irgendwo ein Erwachsener in der Nähe sein, jemand, der mir helfen konnte.
»Ist jemand bei dir?«, fragte ich sie mit einem hoffnungsvollen Beben in der Stimme, das ich nicht kontrollieren konnte. »Ist deine Mutter in der Nähe oder jemand anders?«
Das kleine Mädchen antwortete nicht.
Erst jetzt dämmerte es mir in meinem verwirrten Zustand, dass die Stimme, die ich gehört hatte, die Frau, die gerufen hatte … sie musste …
»Angeline! Da bist du ja!«
Mein Blick folgte dem Klang ihrer Stimme, und dann sah ich sie: eine große, schlanke Frau Mitte 30 mit einem sanften, hübschen Gesicht und schönen roten Haaren, die ihr auf die Schultern fielen. Sie trug einen marineblauen Mantel und Jeans. Endlich hatte sie ihre Tochter gefunden und ging auf sie zu. Mich hatte sie noch nicht gesehen.
Als sie mich dann entdeckte, blieb sie wie erstarrt stehen und schaute mich mit weit aufgerissenen blauen Augen an.
Wieder sah sie zu ihrer Tochter und stieß dann schnell hervor: »Angeline! Angeline, komm sofort her. Komm bitte sofort zu Mami!«
Damit war der Bann gebrochen. Angeline wandte sich von mir ab und rannte zu ihrer Mutter, wobei ihre rosa Turnschuhe ein knirschendes Geräusch auf dem toten Laub machten. Den Ball mit einer Hand fest an sich gedrückt, klammerte sie sich mit der anderen an den Mantel ihrer Mutter und versuchte, sich in den Falten zu verstecken.
Die rothaarige Frau fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Den Blick starr auf mich gerichtet, wich sie langsam zurück. Sie ging weg! Sie wollte mich hier alleinlassen!
»Nein! Nein, warten Sie!«, sagte ich. Mühsam stand ich auf und streckte eine Hand nach ihr aus. Die Mutter wich noch einen Schritt zurück und zog ihre
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