The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
wanderten, sah ich für den Bruchteil einer Sekunde ein Gesicht in der Menge. Es war das Gesicht eines gut aussehenden jungen Mannes mit dichtem blonden Haarschopf, der ihm in die Stirn fiel. Als mein Blick ihn streifte, ging ein Ruck durch mich, ein schlagartiges Gefühl des Wiedererkennens. Ich konnte mich zwar nicht erinnern, ihn schon jemals gesehen zu haben, trotzdem dachte ich: Ich kenne ihn!
Als meine Augen dann nach ihm suchten,war er verschwunden. Zumindest konnte ich ihn zwischen all den anderen Gesichtern, den Kameras, den Mikrofonen und den rufenden Stimmen nicht mehr entdecken.
Jetzt hatten wir fast den Streifenwagen erreicht. Die beiden Troopers, die vorangingen, machten die letzten Meter des Weges frei und drängten die Leute zurück. Es war nicht mehr viel Zeit. Verzweifelt scannte ich die Umgebung, aber das Gesicht, das ich wiedererkannt hatte, war verschwunden.
Dann war es zu spät. Wir waren endgültig beim Wagen angekommen. Die Troopers schirmten mich von der Menge ab, und einer von ihnen legte mir die Hand auf den Hinterkopf, um mich durch die geöffnete Autotür zu schieben.
In diesem Augenblick geschah noch etwas anderes.
Von hinten drängte sich jemand, den ich nicht sehen konnte, dicht an mich heran. Ich spürte ein kurzes, schmerzhaftes Zwicken an meinen gefesselten Handgelenken und hörte gleichzeitig die sehr leise Stimme eines Mannes, der mir direkt ins Ohr flüsterte: »Du bist ein besserer Mensch, als du denkst. Finde Waterman.«
Ich versuchte, mich umzudrehen und zu erkennen, wer das gesagt hatte, da wurde ich schon auf den Rücksitz des Wagens gedrückt. Die Tür schlug zu. Als ich durch das Fenster schaute, sah ich nur eine Wand aus Kaki-Uniformen der Troopers, die den Wagen abschirmten. Ich wandte mich nach vorn und schaute auf ein Sicherheitsgitter zwischen mir und dem Vordersitz, durch das ich den Fahrer, einen weiteren State Trooper, erkennen konnte. Schließlich ging die Beifahrertür auf, und Detective Rose nahm Platz.
»Dann wollen wir mal«, sagte er.
Die Sirene des Streifenwagens heulte einmal kurz auf, und der Wagen fuhr an. Als er einen leichten Ruck nach vorn machte, spürte ich, wie sich meine Hände auf dem Rücken bewegten und begriff, dass sich die Handschellen lösten.
Jemand hatte das Schloss aufgebrochen.
22
W ER IST Y ARROW ?
Das Gefängnis lag in Centerville. Ich starrte durch das Fenster, als die Stadt vorbeiglitt. Wir fuhren an einer Reihe von Geschäften entlang und dann durch einen schattigen Korridor aus Bürogebäuden. Ich sah ein grünes Hinweisschild zur Autobahn. Nach wenigen Minuten waren wir auf dem Highway, und der Wagen wurde schneller.Vor uns öffnete sich der blaue Himmel, und hinter uns senkte sich der Horizont, als der Streifenwagen Richtung Norden jagte.
All das nahm ich auf, ohne es jedoch wirklich zu registrieren. Ich war noch immer verstört von dem, was vor ein paar Augenblicken passiert war. Mein Herz schlug eine Million Mal in der Minute, meine Gedanken rasten mindestens genauso schnell.
Vorsichtig bewegte ich die Hände auf dem Rücken und stellte fest, dass ich die Handschellen mühelos öffnen und schließen konnte. Jemandem – vermutlich dem Mann, der mir etwas zugeflüstert hatte – war es gelungen, das Schloss zu öffnen. Das musste das Zwicken gewesen sein, das ich an den Handgelenken gespürt hatte, kurz bevor er mir zuflüsterte: Du bist ein besserer Mensch, als du denkst. Finde Waterman.
Was sollte das bedeuten? Ich kannte niemanden, der so hieß. Andererseits kannte ich mich in meinem Leben sowieso nicht mehr aus. Ich war mir ja nicht einmal sicher, ob ich mich selbst wirklich kannte.
Trotzdem brannten die Worte wie eine Flamme in mir, eine kleine Flamme in dieser überwältigenden Dunkelheit.
Du bist ein besserer Mensch, als du denkst.
Bedeutete das, dass ich kein Mörder und dass mein Leben nicht eine einzige Lüge war, wie Detective Rose behauptet hatte? Aber wer hatte das gesagt? Wer hatte die Handschellen geöffnet? Ein Freund oder ein Feind? Jemand, der die Wahrheit kannte, oder jemand, der einen Grund hatte zu lügen?
Der Streifenwagen jagte über den Highway, und in meinem Kopf rasten die Gedanken. Sie stürzten so schnell auf mich ein, dass sie übereinanderzustolpern schienen. Große Waldgebiete glitten draußen vorbei, ein Meer aus Laub, das sich auf den Hügeln wie Wellen hob und senkte. Das Laub veränderte seine Farbe, und die Rot- und Gelbtöne mischten sich vor dem strahlend blauen
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