The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
irgendwie Sinn, was sie sagte.
»Sie haben also keine Angst vor mir?«, fragte ich. »Sie halten mich nicht für einen Mörder, wie in der Zeitung behauptet wird?«
»Oh.« Sie lachte und blies auf die Suppe in der Schüssel, die sie umklammert hielt, um sich die Hände zu wärmen. »Oh nein, Jane weiß, dass du kein Mörder bist. Jane weiß es. Es ergibt doch keinen Sinn, oder? Wenn du ein Mörder wärst, hättest du Jane nicht vor dem Messer-Mann gerettet, nicht wahr? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
Ich kratzte mich am Kopf und wunderte mich, denn schon wieder hatte sie recht. Es ergab keinen Sinn. Vielleicht war ich ja genauso verrückt wie sie, aber so seltsam es sich anhören mag, die Vorstellung berührte mich. Schlich hatte mich gefragt, ob ich vielleicht wirklich ein schlechter Mensch war – vielleicht sogar ein Mörder, wie Detective Rose behauptete. Aber Jane, die verrückte Jane, hatte mir die Antwort gegeben: Wenn ich ein schlechter Mensch wäre, hätte ich ihr nicht geholfen. Wenn ich ein Mörder wäre, hätte das nicht zu meinem Verhalten gepasst. Ich war Jane dankbar dafür, dass sie das begriff und es mir erklärte. Ich war ihr dankbar, dass sie an mich glaubte. Auch wenn sie verrückt war.
Leider brabbelte sie dann wieder vollkommen wirres Zeug. »Sie versuchen, diese Dinge in meinen Kopf zu pflanzen, damit ich sie glaube, verstehst du? Mit Elektrizität, mit Impulsen. Aber nicht mit Jane. Sie kriegen Jane nicht. Deshalb haben sie den Messer-Mann geschickt, weil ich den Stimmen nicht glaube. Die Impulse funktionieren bei mir nicht. Ich weiß, was sie vorhaben. Ich weiß es.« Sie führte die Schüssel an die Lippen und schlürfte noch etwas Suppe.
Jetzt war ich verwirrt. Wenn etwas von dem, was sie sagte, der Wahrheit entsprach, woher wollte ich dann wissen, dass der Rest nicht auch stimmte? »Äh … wer hat den Messer-Mann geschickt? Wer schickt die Impulse?«
Ihre Augen wanderten nervös hin und her, als fürchtete sie, jemand könnte zuhören. Dann beugte sie sich zu mir vor und flüsterte: »Die Leute aus dem Krankenhaus. Sie sind es. Es ist Gedankenkontrolle, nichts anderes. Sie sagen nein, nein, nein, nein, aber …« Sie fuchtelte mit dem Finger in der Luft herum und lachte. »Jane weiß es.«
Ich zitterte, aber es lag nicht an der Kälte, denn das kleine elektrische Heizgerät sorgte allmählich dafür, dass es in dem Raum angenehm warm wurde. Es war einfach nur gruselig, hier mit ihr zu sitzen und zu sehen, wie sie zwischen Verrücktheit und Vernunft hin- und herschwankte. In den vergangenen Tagen waren so viele unglaubliche Dinge passiert, dass ich selbst das eine vom anderen kaum noch unterscheiden konnte.
»Sie sind überall, weißt du?«, sagte sie.
Ich fuhr mir mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Ach ja?«
»Mm-hmm. Die Leute aus dem Krankenhaus. Sie wollen mich zurückholen. Dieselben, die auch hinter dir her sind. Sie sind überall.«
Ich nickte. Wieder war es gleichzeitig verrückt und wahr, was sie sagte.
»Du weißt nicht, wem du trauen kannst.«
»Das stimmt«, gab ich zu.
»Du weißt nicht, wie du entkommen kannst.«
»Genau. Sie sind überall und suchen nach mir.«
»Mm-hmm. Jane weiß es. Immer, wenn du denkst, du weißt, was wahr ist und was nicht, sorgen sie wieder dafür, dass alles anders aussieht. Stimmt’s?«
»Ja!«
»Und dann bist du nicht einmal mehr sicher, wer du bist. Du weißt nicht, ob ihre Lügen wirklich Lügen sind und ob deine Wahrheit wirklich Wahrheit ist.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn ich mich doch nur erinnern könnte.«
»Mm-hmm. Jane weiß es.« Sie schaute mich mit ihren großen, nervösen, mandelförmigen Augen eindringlich an. Unter all dem Schmutz hatte ihr Gesicht einen sehr ernsten und konzentrierten Ausdruck angenommen. So, als wolle sie mir zu verstehen geben, dass eine Verbindung zwischen uns entstanden war, dass wir auf derselben Wellenlänge waren. Es war ein sehr sonderbares Gefühl, sie zu verstehen und ihr zuzustimmen – und gleichzeitig zu wissen, dass sie vollkommen verrückt war.
»Sie wollen dir deine Freiheit rauben«, sagte sie.
»Ja, das stimmt.«
»Sie wollen dich töten.«
»Ich weiß.«
Sie schaute sich nach allen Seiten um, als könnten sie jeden Augenblick hereinstürmen. »Sie haben Pläne. Große Pläne.«
»Ich weiß! Sie wollen Richard Yarrow umbringen.«
Keine Ahnung, warum ich ihr das erzählte. Es platzte einfach aus mir heraus. Wir redeten miteinander, und sie
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