The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
kannten Mr Sherman, und alle wussten, dass man für eine wirklich gute Note etwas tun musste, dem er zustimmte. Mit anderen Worten: Wer eine Eins für diese Aufgabe haben wollte, musste sich einen religiösen Glauben aussuchen und beweisen, dass es ein Aberglaube war.
Für Rick Donnelly war das ein echtes Problem. Zwar hätte er so ziemlich alles getan, um gute Noten zu bekommen, damit er auf ein richtig gutes College gehen konnte. Aber Rick und ich gehörten derselben Kirche an, und keiner von uns hatte das Gefühl, dort jemals etwas Abergläubisches gehört zu haben. Im Gegenteil: Alles, was wir dort gehört hatten, war sogar ziemlich hilfreich gewesen, um ein normales Leben zu führen. Deshalb wollte er seine eigene Religion nicht angreifen und fand es auch nicht richtig, die Religion anderer anzugreifen. Er fühlte sich bei dieser Aufgabe ganz und gar nicht wohl. Sie machte ihm sogar ziemlich zu schaffen.
Wir sprachen beim Mittagessen mit Josh und Miler an unserem Tisch in der Mensa darüber.
»Sieh mal«, sagte ich. »Es gibt ungeheuer viele Arten von Aberglauben. Schwarze Katzen, Freitag der 13. – schreib doch darüber. Das mache ich jedenfalls.«
»Du weißt genau, dass er so was nicht hören will«, gab Rick düster zurück. Er war groß, einer der größten Jungs der Schule. Sein rundes Gesicht hatte die Farbe von Schokolade, und meistens sah es wesentlich fröhlicher aus als jetzt. »Ich meine, für dich ist es okay, Charlie. Du diskutierst andauernd mit Sherman, und es ist dir egal, wenn er dir schlechtere Noten gibt.«
Er irrte sich. Es war mir nicht egal, ganz und gar nicht. Aber ich würde nicht lügen, nur damit Sherman mir eine bessere Note gab. Ein paar Augenblicke sagte keiner von uns etwas. Dann hatte ich eine Idee.
»Hey, wisst ihr, was echt cool wäre?«, fragte ich in die Runde. »Wie wäre es, wenn wir eine Nacht in der McKenzie-Villa verbringen?«
»Was?«, schrie Rick.
»Ja, Mann«, fuhr ich fort und war immer begeisterter von meiner Idee, je länger ich darüber nachdachte. »Wir verbringen eine Nacht in dem Haus und beweisen, dass es dort keine Geister gibt und es auch nicht spukt. Wir beweisen, dass das nur ein Aberglaube der Leute hier ist.«
Josh Lerner räusperte sich. Er sah genauso aus wie der Nerd, der er war: klein, mit hängenden Schultern, lockigen Haaren, einer großen Brille mit dicken Gläsern und einem nervösen Lächeln. Manchmal war Josh ein echter Trottel, aber meistens konnte man einfach nicht anders, als ihn trotzdem zu mögen. »Weißt du, Charlie, das ist eine sehr kreative Idee«, überlegte er. »Und sie wirft eine interessante Frage auf: Bist du noch ganz dicht?«
Ich lachte. »Warum nicht? Wir nehmen einfach unsere Schlafsäcke mit, kampieren die Nacht über dort, gehen wieder nach Hause und schreiben einen Bericht darüber. Wir könnten Fotos machen und eine ganze Präsentation zusammenstellen. Das wäre so cool, dass Sherman gar nicht anders kann, als uns eine Eins zu geben. Er muss einfach – sonst müsste er nämlich erklären, warum er es nicht tut.«
»Das müsste er«, murmelte Rick und nickte. »Es wäre verdammt cool.«
»Ja, es wäre cool«, bestätigte Josh, »aber ihr überseht da etwas.«
»Was?«
»Den Teil, wo wir vor lauter Angst einen Herzinfarkt kriegen und tot umfallen.«
»Das würde das Ganze natürlich weniger cool machen«, kommentierte Miler Miles. Er war ein kleiner, schlanker Kerl mit kurzem blonden Haar und einem länglichen Gesicht. Man musste ihn nur ansehen, um zu wissen, dass er später mal ein großer, oberwichtiger Firmenanwalt sein würde.
»Warum sollten wir Angst kriegen?«, fragte ich. »Wir wären doch alle zusammen, hätten Taschenlampen, Handys …«
»Knoblauch, Silberkugeln, Holzpflöcke«, ergänzte Miler.
»Ich glaube, ich kriege jetzt schon einen Herzinfarkt«, jammerte Josh. »Ehrlich, ich meine es ernst. Ich kann es spüren.«
Als Josh sich mit besorgtem Gesichtsausdruck an die Brust fasste, nickte Rick. »Ich würde es machen«, sagte er leise.
»Klar«, meinte Miler achselzuckend. »Ich auch.«
»Ich kann gar nicht glauben, was ich da höre«, sagte Josh. »Ich kann doch nicht die Nacht in der Geistervilla verbringen! Ich habe ein Nervenleiden!«
Ich schaute ihn an. »Was denn für ein Nervenleiden?«
»Ich werde nervös, wenn ich die Nacht in der Geistervilla verbringe!«
Wieder lachte ich. »Na, wenn das so ist: Du musst ja nicht. Du bist ja nicht mal in Shermans Kurs.«
»Ja, genau. Ihr
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