The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
einem Freund von Alex. Paul Hunt.«
»Ist er in Ordnung?«
»Nein. Aber ich glaube, er hat die Wahrheit gesagt.«
Mike schaute weiterhin in meine Richtung, ohne mich wirklich wahrzunehmen. Vielmehr starrte er durch mich hindurch und dachte angestrengt nach. Dann kräuselten sich langsam seine Lippen und unter dem Schnauzbart wurden seine Zähne sichtbar, als er lächelte. Sein Blick konzentrierte sich wieder auf mich. »Ah, okay. Jetzt kapiere ich. Du kannst dich an nichts erinnern und deshalb weißt du auch nicht, ob du Alex umgebracht hast oder nicht.«
Ich nickte.
»Dann versuchst du also … du versuchst, den Mord an Alex selbst aufzuklären?«
»Ja.«
»Und du hast dich umgehört und herausgefunden, dass er sich mit mir treffen wollte.«
»So ist es.«
»Ich verstehe. Du bist so verwirrt, dass du nicht mehr weißt, ob du ein guter oder ein schlechter Mensch bist. Wie kannst du dann wissen, was ich bin?«
Ich spürte, wie ich rot wurde. Plötzlich schämte ich mich, weil ich Mike verdächtigte, er könne insgeheim ein Krimineller sein. »Natürlich weiß ich das«, murmelte ich.
»Natürlich weißt du das. Du hattest es nur vergessen, das ist alles.«
Ich legte eine Hand auf meine Stirn und massierte sie, als hätte ich Kopfschmerzen. In Wirklichkeit konnte ich es nicht ertragen, Mike in die Augen zu sehen. In mancher Hinsicht kannte ich Mike so gut wie kaum jemanden. Ich wusste, dass er ein guter Mensch war. Tief, ganz tief in meinem Inneren wusste ich es. Er war kein Krimineller und auch kein Terrorist. Wenn es mir nur gelingen würde, für eine Weile einen klaren Kopf zu bekommen – würde ich das alles dann vielleicht auch über mich selbst wissen?
»Ich wusste nicht, dass Alex mich treffen wollte«, fuhr Mike schließlich fort. »Aber wenn er es wollte, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass ich weiß, warum.«
»Schon gut«, sagte ich, den Blick noch immer abgewandt. »Sie müssen es mir nicht erzählen.«
»Das weiß ich. Aber ich will es.« Er ging um mich herum zur Tür und verschränkte die Arme vor der Brust, als wolle er mir den Weg versperren und mich daran hindern, zu fliehen. Er schaute mich an und wartete. Wartete, bis ich seinem Blick standhielt. Dann sagte er: »Ungefähr zwei oder drei Wochenvor seinem Tod begegnete ich Alex zufällig in der Bibliothek. Ich erkannte ihn, weil er damals mit dir zum Karatetraining gekommen war, erinnerst du dich? Ihr wart beide noch ziemlich klein damals, aber ich erkannte ihn trotzdem. Und ich erinnerte mich, dass du einmal erwähnt hattest, er hätte Probleme. Jedenfalls sah er nicht gut aus. Er wirkte … ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll … geduckt, verstohlen, als würde er etwas verbergen. Genau, er wirkte heimlichtuerisch. Jedenfalls ging ich zu ihm, um Hallo zu sagen, mich ein bisschen mit ihm zu unterhalten und zu sehen, ob ich etwas für ihn tun konnte. Er saß an einem der Bibliothekscomputer. Als er bemerkte, dass ich hinter ihn trat, schloss er schnell das Fenster, als wolle er verhindern, dass ich sah, was er sich da anschaute. Aber diese Bibliothekscomputer sind ziemlich langsam, und so konnte ich noch einen Blick auf die Seite werfen, die er geöffnet hatte. Sie trug die Überschrift Das wahre Amerika oder so ähnlich. Ich habe versucht, sie zu finden, aber es ist mir nicht gelungen, also war das wahrscheinlich nicht der richtige Titel. Ich unterhielt mich also mit ihm. Er erzählte mir, was bei ihm zu Hause los sei und wie viele Probleme er hätte. Er wirkte ziemlich aufgewühlt, ziemlich durcheinander. Ich schlug ihm vor, er solle mal vorbeikommen, dann könnten wir über alles reden. Er sagte, das würde er vielleicht sogar tun, und es klang, als meinte er es ernst. Vielleicht war das also der Grund, warum er in der Mall war. Vielleicht hatte er das vor.«
»Sie meinen, dass er nur jemanden brauchte, mit dem er reden konnte?«, fragte ich. »Aber warum hätte er das geheim halten sollen?«
»Keine Ahnung. Das ist eine gute Frage. Vielleicht wollte irgendjemand nicht, dass er mit mir redete. Oder vielleicht wares ihm auch einfach nur peinlich, dass er Hilfe brauchte. Das ist vielen Jungs peinlich.«
»Haben Sie der Polizei davon erzählt?«
»Ich habe ihnen gesagt, was ich weiß. Ich wusste nicht, dass er vorhatte, an diesem Abend herzukommen, also schien es mir nicht so wichtig zu sein.«
Ich nickte. Es ergab Sinn. Auf jeden Fall wesentlich mehr Sinn als die Vorstellung, Mike könne ein Krimineller sein. Ich
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