The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
mich die Polizei angerufen. Nachdem du ihnen in der Bibliothek in Whitney entwischt bist, dachten sie sich, dass du wahrscheinlich auf dem Weg nach Spring Hill bist. Sie haben mich gebeten, sie sofort zu verständigen, wenn ich dich sehe.« Als er mit den Jalousien fertig war, drehte er sich zu mir um und schaute mich an. »Es ist ganz schön riskant, hierherzukommen, Armleuchter.«
Mein Herz raste. Ich beobachtete seine Augen und versuchte, seine Gedanken zu lesen. Unmöglich. Da war der gleiche Blick wie immer – ein Blick, der so viel sagte wie: Es ist eineverrückte Welt voller Armleuchter, die verrückte Dinge tun. So ungefähr sah Mike es wohl.
»Werden Sie es tun, Mike?«, fragte ich. »Werden Sie mich verraten?«
Er antwortete nicht sofort. »Vielleicht. Kommt darauf an, was du zu deiner Verteidigung zu sagen hast. Es war nicht richtig, aus dem Gefängnis auszubrechen, Charlie. Du hattest eine faire Gerichtsverhandlung und bist verurteilt worden. Wenn du unschuldig bist, musst du es beweisen, so will es das Gesetz. Jetzt bist du auf der Flucht. Du bist allein. Du könntest von der Polizei erschossen werden, oder von irgendwem, der dich erkennt und eine Pistole hat. Im günstigsten Fall wirst du wieder verhaftet und zurück ins Gefängnis gebracht, aber dein Strafmaß wird sich erhöhen, und jetzt sind alle mehr denn je davon überzeugt, dass du schuldig bist. Es war ziemlich dumm von dir, Charlie. Ich habe dir nicht beigebracht, so zu denken.«
»Halten Sie mich für schuldig, Mike?«
Wieder schnaubte er. »Nein«, sagte er. Einfach so, als hätte er nicht den geringsten Zweifel.
»Woher wollen Sie das wissen? Es gab eine Menge Indizien, die gegen mich sprechen.«
»Richtig«, bestätigte er. »Aber ich denke, man hat dich reingelegt. Irgendetwas stimmt da nicht. Du bist kein Mörder, so viel ist sicher.«
»Aber woher wissen Sie das?«
»Ich weiß es einfach.«
»Aber wieso?«
Er schnaubte erneut, und ich sah sein Lächeln aufblitzen. Dann schüttelte er den Kopf und meinte: »Was ist das für eineidiotische Frage? Wir reden hier nicht darüber, ob du ein Republikaner oder ein Demokrat bist. Wir reden noch nicht mal darüber, ob du recht hast oder nicht. Wir reden darüber, ob du ein guter oder ein schlechter Mensch bist. Glaubst du, die Leute kennen den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht? Selbst böse Menschen kennen ihn, Charlie. Tief in ihrem Inneren, wo sie es vor sich selbst verbergen, wissen sie es. Wir wurden in der Fabrik so gebaut, Mann. Nur so finden wir auch den Weg zurück.« Er legte den Kopf schräg und schaute mich durchdringend an. »Bist du deshalb hergekommen? Um mich das zu fragen? Was soll das alles?«
Es fiel mir schwer, ihm zu antworten, überhaupt zu sprechen. Wenn Mike die Dinge erklärte, schienen sie immer so klar zu sein, dass ich wünschte, er wäre die ganze Zeit bei mir.
»Ich kann mich nicht erinnern«, stieß ich schließlich hervor.
Er kniff die Augen zusammen. »Was? An was kannst du dich nicht erinnern?«
»An alles. An den Mord, den Ausbruch aus dem Gefängnis. Ich kann mich an nichts erinnern, seit ich Alex das letzte Mal gesehen habe. Ein ganzes Jahr meines Lebens ist in einem schwarzen Loch in meinem Kopf verschwunden.«
Zum ersten Mal sah Mike wirklich überrascht aus. Mehr noch: Er wirkte schockiert.
»Es ist so, als sei ich an dem Abend, an dem Alex getötet wurde, ins Bett gegangen, und als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich in der Gewalt einer Bande von Terroristen. Und jetzt behaupten sie, ich sei einer von ihnen, und versuchen, mich umzubringen. Und die Polizei versucht, mich zu verhaften und … Ich weiß einfach gar nichts mehr, Sensei.«
Lange stand Mike nur da und schwieg. Dann seufzte er hörbarund wandte sich ab, stemmte die Hände in die Hüften und schaute nachdenklich auf den Boden des Foyers. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er mich wieder ansah.
»Warum bist du heute Abend hergekommen?«, fragte er dann. »Bestimmt nicht, um ein philosophisches Schwätzchen über Gut und Böse zu halten.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe gehört, dass Alex sich mit Ihnen treffen wollte. An dem Abend, als er ermordet wurde. Ich habe gehört, Sie hätten ein geheimes Treffen mit ihm arrangiert.«
Zum zweiten Mal überraschte ich ihn. Er zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Das muss ja ein verdammt großes Geheimnis gewesen sein. Selbst ich wusste nichts davon.«
»Nun, das habe ich jedenfalls gehört.«
»Von wem?«
»Von
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