The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
der wir vorbeikamen, kaputt in ihrer Metalleinfassung hing.
Wieder blieb Mike stehen und hob die Hand. Ich spürte einen Luftstrom auf dem Gesicht und hörte, wie in der großen Halle Weichen gestellt wurden.
»Was ist?«
»Zug«, antwortete Mike nur.
Dann sah ich ihn – ein heller Frontscheinwerfer näherte sich aus einem der Tunnel. Der Wind nahm zu, als der Zug die Luft im Tunnel in unsere Richtung drückte, das Rattern der Waggons wurde lauter, der Scheinwerfer größer und greller. Ratten, die die Erschütterung spürten, huschten aus dem Tunnel heraus. Mir schnürte sich die Kehle zu, als ich einen buckligen Nager bemerkte, der fast so groß war wie eine Katze. Ekelhaft.
»Hier entlang«, wies Mike mich an.
Er lief über die Gleise, sprang über eine weitere Stromschiene und dann über eine Ratte. Rasch folgte ich ihm, als auch schon der Zug aus dem Tunnel schoss.
Er war unglaublich nah, groß und laut. Der Boden vibrierte unter meinen Füßen, als er vorbeiraste. Die erleuchteten Fenster der Waggons blitzten auf und gaben für Sekundenbruchteile den Blick auf die zusammengedrängten Passagiere frei.
Als die Bahn vorbei war, setzten Mike und ich unseren Weg durch die unterirdische Halle fort und bogen dann in einen weiteren Tunnel ab.
Wieder umschlossen uns die Wände, Dunkelheit hüllte uns ein und die Luft wurde stickig. Ich richtete den Blick nach vorn, auf den Bogengang am Ende des Tunnels.
Aber bevor wir auch nur in die Nähe kamen, spürte ich einen Luftstrom im Nacken, und der Boden erzitterte.
Ich schaute über die Schulter zurück.
»Mike …«
Auch er schaute sich um. Hinter uns war ein Licht aufgetaucht. Der Wind wurde heftiger und die Schatten von Ratten flitzten hinter uns her über die Schienen.
Ein Zug war in den Tunnel eingefahren und kam direkt auf uns zu. Aber dieses Mal war kein Platz, um ihm auszuweichen.
»Schnell!«, rief Mike.
Er rannte los, und ich hinterher. So schnell unsere Beine uns trugen, sprinteten wir auf das Licht am Ende des Tunnels zu.
Als der Zug sich mit lautem Rattern näherte und der Wind immer stärker wurde, schien sich der Boden unter unserenFüßen wie ein wildes Pferd aufzubäumen, das versuchte, uns aus dem Sattel zu werfen.
Noch einmal schaute ich mich um und dachte, mir würde das Herz stehen bleiben: Der Scheinwerfer war plötzlich gigantisch groß und unerträglich grell. Die Bahn raste so schnell auf uns zu, dass wir den Bogengang unmöglich erreichen konnten, bevor sie uns erfasste!
Ich steigerte mein Tempo – und trotzdem holte ich Mike nicht ein. Durch die Luftmasse, die der gewaltige Zug vor sich her schob, wurde der Wind noch stärker und der gesamte Tunnel war erfüllt von einem lauten Tosen. Ich konnte die Spitze der Lok schon fast an meinen Fersen spüren.
Mike drehte sich zu mir um, und ich sah, dass sich seine Lippen bewegten. Aber seine Worte wurden vom Rauschen des Windes und dem Rattern der Räder davongetragen.
In der nächsten Sekunde wirbelte Mike herum, packte mich am Arm und zerrte mich an den Rand des Gleises. Wozu sollte das gut sein? Zwischen dem Zug und den Tunnelwänden war kein Platz! Wenn wir uns an die Seite drückten, würden wir zerquetscht!
Aber in dem heranrasenden Lichtkegel des Zugscheinwerfers sah ich, dass unten an der Mauer, ganz nah am Boden, eine dunkle Stelle war. Eine Öffnung!
Die U-Bahn war nur noch Sekunden entfernt, ratterte unerbittlich auf uns zu. Der Lärm und das Licht waren überwältigend und verhinderten jeden klaren Gedanken.
Dann verschwand Mike in der Maueröffnung und zog mich hinter sich her. Ich musste mich bücken, um mir nicht den Kopf zu stoßen.
Wir waren gerade noch rechtzeitig hineingeschlüpft.Schon donnerte der Zug wie eine einzige Wand aus Metall vorbei. Die kleine Nische wackelte so heftig, dass ich fürchtete, sie würde jeden Augenblick einstürzen.
Dann wurde es still. Weiter weg hörten wir das Klicken von Weichen und das Rattern anderer Züge.
Ich sah mich in der Nische um.
»Was ist das hier?«
»Für Gleisarbeiter«, erklärte Mike. »Damit sie nicht überfahren werden.«
»Praktisch«, entgegnete ich. »Woher wussten Sie, dass hier so was ist?«
»Ich wusste es nicht.«
Er bückte sich und kroch aus der Nische hinaus. Ich zog den Kopf ein und folgte ihm zurück in den Tunnel.
Durchgerüttelt und außer Atem gingen wir auf das Tunnelende zu. Immer wieder schaute ich mich um, ob noch eine Bahn kam. Aber es kam keine.
Vor uns, jenseits des Tunnels, warfen
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