The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
packte die Leiter.
Ich sah, wie Prince abstürzte und sich in der Luft drehte. Er schrie ein letztes Mal auf, bevor sein Körper mit einem furchtbaren Geräusch auf den Bahnsteig klatschte.
36
D AS E NDE
So schnell ich konnte, kletterte ich die Leiter zum Bahnsteig hinunter und eilte zu Prince. Er lebte noch, aber seine Gliedmaßen waren verdreht, und er würde nicht mehr lange durchhalten.
Ganz ruhig lag er da und schaute zu mir herauf. Nur seine Lippen bewegten sich. Offenbar wollte er mir etwas sagen. Ich kniete mich neben ihn und hielt mein Ohr dicht an seinen Mund.
»Wir werden … euch zerstören …«, flüsterte er.
Verblüfft schaute ich ihm in die Augen. Sie brannten noch immer vor Zorn und Hass. Hätte er sich bewegen können, dann hätte er wohl mit seinen letzten Atemzügen versucht, mich zu erwürgen.
Es musste schrecklich sein, so zu sterben, mit diesen Gefühlen und all dieser Wut. Als hätte er Säure im Herzen. Gott bewahre mich davor, jemals irgendetwas oder irgendjemanden so zu hassen , dachte ich.
Ich legte Prince meine Hand auf die Schulter. Um ehrlich zu sein, tat er mir fast leid. Nur Gott wusste, warum er ein solches Leben geführt hatte und woher diese leidenschaftliche Zerstörungswut stammte. Und nur Gott konnte über ihn urteilen. Ich hatte ihn davon abgehalten, die Menschen dort oben in der Stadt zu töten. Diese Aufgabe war mir zugefallen– nicht, ihn zu hassen, sondern nur, ihn aufzuhalten. Jetzt war sie erfüllt, es war genug.
Ein paar Sekunden später starb er. Ich sah, wie das Leben aus seinen Augen wich, hörte seinen letzten rasselnden Atemzug. Jeder, der so etwas schon einmal erlebt hat, weiß, dass man fast sehen kann, wie die Seele den Körper verlässt. Ich fragte mich, ob die Welt für ihn jetzt anders aussah. War nun auch sein Hass verschwunden? Wenn wir die Welt aus Sicht der Toten betrachten könnten, würde sie bestimmt ganz anders aussehen. Ich möchte wetten, dass dann niemand einem anderen Menschen mehr Schaden zufügen würde.
Noch immer kniete ich neben Prince und nahm ihm dann den Rucksack ab. Ich öffnete ihn und fand einen schwarzen Behälter, in dem sich wahrscheinlich das tödliche Gift befand. Ich machte den Rucksack wieder zu und hängte ihn mir über die Schulter.
Ich musste zurück zu Mike. Wenn er noch lebte – er musste noch leben! – würde ich Hilfe holen, ihn in ein Krankenhaus bringen. Selbst wenn ich ihn dorthin tragen musste.
Ich ließ mich vom Bahnsteig auf die Schienen hinunter und lief den Weg zurück, den ich gekommen war. Ich musste mich beeilen, aber ich stolperte ständig vor Erschöpfung. Mein Mund stand offen, und ich sah alles ganz verschwommen.
Als ich schließlich aus dem Tunnel hinaus und in den Arkadengang gelangte, schien mir ein Licht in die Augen. Ein Zug, dachte ich. Aber es war kein Zug, denn jetzt leuchteten weitere Lichter in der Dunkelheit auf.
Was jetzt? Wenn doch noch Homelanders überlebt hatten, war ich erledigt. Ich war nicht mehr in der Lage, zu kämpfen.
Eine Stimme schrie: »Lass den Rucksack fallen,West! Lass ihn fallen und nimm die Hände hoch!«
Ich blieb stehen. Verwirrt kniff ich die Augen zusammen und schaute in die auf- und abhüpfenden Lichter, die auf mich zukamen.
»Wer ist da?« Ich hatte kaum die Kraft, zu sprechen. »Wer sind Sie?«
»Polizei«, war die Antwort.
»FBI«, ergänzte eine andere Stimme.
»Leg den Rucksack hin, West!«, befahl eine weitere Stimme. »Hände hoch!«
Blinzelnd vor Erschöpfung, nahm ich den Rucksack von der Schulter und legte ihn auf das Gleis. Dann hob ich die Hände und blieb mit wackligen Beinen stehen.
Einen Augenblick später kamen sieben Männer mit Taschenlampen und Gewehren aus der Dunkelheit auf mich zu. Vier von ihnen waren in Uniform – NYPD, New York Police Department. Die anderen drei trugen Anzug und Krawatte. Einer der uniformierten Polizisten trat nach vorn, nahm meine erhobenen Hände und zog sie auf meinen Rücken. Ich spürte das kalte Metall der Handschellen an meiner Haut, als sie zuschnappten.
»Mike«, sagte ich mit schwacher Stimme. »Mein Freund Mike. Er wurde von einer Kugel getroffen. Er ist sehr schwer verletzt.«
Einer der Beamten in Zivil, ein großer, breitschultriger Mann mit Halbglatze, nickte mir zu. »Ja, wir haben ihn gefunden.Sieht aus, als hätte er ein paar Leute mitgenommen.«
»Ist er tot?«
»Nein. Jedenfalls lebte er noch, als wir ihn fanden. Er wird gerade ins Krankenhaus gebracht.«
»Er lebt«,
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