The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
nichts und niemand mehr davon abhalten, die Kanister zu öffnen und das Gas freizusetzen. Ich rannte so schnell wie nie und spannte all meine Muskeln an.
Dann war ich an der Leiter und zog mich hinauf.Wenn ich auch erschöpft, schwach und zerschlagen war, so spürte ich davon nichts mehr. Ich war ganz von dem Verlangen erfüllt, mich zu bewegen, hinaufzusteigen, ihn einzuholen und aufzuhalten.
So schnell Prince auch klettern mochte, ich war schneller. Schon bald hatte ich die Lücke zwischen uns fast geschlossen. Seine Gestalt vor dem Hintergrund der blinkenden Lichter über uns wurde immer größer. Je näher ich an die Oberfläche kam, desto lauter wurde die Musik, ein beschwingter, fröhlicher Rocksong, der in bizarrem Kontrast zu der verzweifelten Jagd stand, die wir uns lieferten.
Prince eilte auf die Lichter und die Musik zu, aber ich war ihm dicht auf den Fersen.
Zuerst merkte er anscheinend gar nicht, dass ich hinter ihm war. Er war wohl davon ausgegangen, dass der bullige Typ mich aufgehalten hatte. Vielleicht hatte er uns auf die Schienen fallen sehen und angenommen, ich sei erledigt.Keine Ahnung. Jedenfalls schaute er ewig nicht hinunter und sah mich nicht kommen.
Mit zusammengebissenen, gebleckten Zähnen stieg ich weiter und weiter. Der Boden unter mir war praktisch nicht mehr zu sehen, glich nur noch einem riesigen verschwommenen Schatten zehn Stockwerke tiefer. Ich schloss immer dichter zu Prince auf. Er war jetzt nur noch fünf Sprossen von der Oberfläche entfernt und hatte gleich den Gitterrost erreicht. Mein Abstand zu ihm betrug zwei Sprossen.
In diesem Augenblick muss er wohl meine Gegenwart gespürt haben, denn endlich schaute er nach unten und entdeckte mich.
Selbst in dem schwachen Licht sah ich, wie seine coolen, überheblichen Gesichtszüge entgleisten und er vor Überraschung die Augen aufriss. Er hatte eindeutig nicht damit gerechnet, mich hier, direkt hinter sich, zu sehen.
Er fuhr mit einer Hand zu der Pistole an seinem Gürtel. Wenn er Zeit hätte, sie zu ziehen, wäre ich ein leichtes Ziel für ihn. Hier auf der Leiter konnte ich mich nicht wegducken oder ausweichen, und wenn ich jetzt losließ, würde ich verdammt tief fallen. Es wäre ein Wunder, einen Sturz aus dieser Höhe zu überleben.
Die Angst verlieh mir die nötige Kraft, um die Lücke zwischen uns zu schließen. Mit einer Hand packte ich die Seite der Leiter und mit der anderen sein Bein. Dann zog ich mich zwei Sprossen weiter nach oben.
Prince fluchte und versuchte, mich abzuschütteln. Er trat nach mir, und ich musste sein Bein loslassen. Ich schwebte über dem Abgrund, hielt mich nur noch mit einer Hand an der Leiter fest.
Jetzt zog Prince seine Waffe und zielte auf mich. Mit einem Ruck schnellte ich hoch, schlang meine Finger um sein Handgelenk und drehte es. Er wollte ausweichen, aber ich zog mich nach oben und schaffte es, ihn gegen die Leiter zu drücken. Dann schlug ich seine Hand ein paarmal gegen die Wand, bis er die Waffe endlich fallen ließ. Sie drehte sich in der Luft und wurde von den Schatten verschluckt.
Über mir hörte ich jetzt die Geräusche der Menschen, die Silvester feierten. Hupen, Böller, rufende, singende und lachende Passanten. Die Liveband schien nur wenige Meter die Straße hinunter zu spielen. Das grelle Licht der Videowände und der blinkenden Anzeigetafeln schien mir in die Augen. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf das gigantische Gesicht irgendeines Filmstars, der durch den Gitterrost auf mich herablächelte.
Dann riss sich Prince aus meiner Umklammerung los, holte aus und traf mich mit der Faust am Kopf. Für einen Augenblick war ich benommen, ließ mich aber nicht abschütteln, sondern hielt mich an seinem Rucksack fest. Meine Füße verloren den Halt und baumelten in der Luft. Mit einer Hand krallte ich mich an dem Rucksack fest, mit der anderen an der Außenseite der Leiter. Wieder versuchte Prince, mich abzuschütteln, drehte sich hin und her und schlug mit einer Hand nach mir.
Als er sich umdrehte, fiel sein Blick auf meine Hand an der Leiter, und er versuchte sofort, meine Finger davon zu lösen. Ich spürte, wie ich den Halt verlor, ließ die Leiter los und krallte mich an ihm fest, hing jetzt mit beiden Händen an seinem Rucksack und strampelte mit den Füßen in der Luft. Sobald ich losließ oder abrutschte, würde ich wie ein Steinnach unten fallen, und er konnte das Gas in die Stadt leiten.
Keuchend kletterte ich an ihm hoch und packte ihn am Kragen. Ich
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