The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
es einen weiteren Kamin von der Größe eines Appartements. Ein vergoldeter Sekretär und vergoldete Stühle standen auf einem bunten Teppich. Fast jede freie Fläche im Zimmer war mit kuriosen kleinen Nippesfiguren aus Gold oder Porzellan vollgestellt.
Aber ich hatte keine Zeit, mich genauer umzusehen. Prince forderte meine ganze Aufmerksamkeit.
Er stand hinter einem Schreibtisch aus Mahagoni, der ungefähr so groß war wie ein Tennisplatz. Ein kurzer Blick genügte, um zu erkennen, dass dieser Mann eine machtvolle und charismatische Ausstrahlung hatte. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig. Er war mittelgroß, hatte dunkle Haut, glatte schwarze Haare und einen sorgfältig gestutzten schwarzen Kinnbart. Seine großen, wachen braunen Augen ließen eine grausame Intelligenz erahnen. Auch seine Kleidung war schwarz – schwarze Hose, schwarzes Hemd – und ich dachte nervös: Wie praktisch. Die Bösen sind leichter zu erkennen, wenn sie Schwarz tragen.
Mit einer eleganten Geste deutete er auf den vergoldeten Stuhl vor seinem Schreibtisch. Sein Englisch war perfekt, aber er sprach mit einem schweren, weichen Akzent, der mich an Sirup erinnerte.
»Setz dich, Charlie.«
Nur für den Fall, dass ich es nicht verstanden haben sollte, stieß mir Orton den Lauf seines Maschinengewehrs in den Rücken. Prince verzog kurz missbilligend das Gesicht.
»Das ist dann alles, Orton«, befand er.
»Schön, dich kennengelernt zu haben«, fügte ich hinzu.
Orton lächelte mich widerwillig an, wie ein Krokodil, bevor es einen zum Frühstück verspeist. Er ging rückwärts Richtung Tür, ohne mich aus den Augen zu lassen. Dann knallte er die Tür hinter sich zu.
Wieder zeigte Prince auf den Stuhl. Ich setzte mich.
»Anscheinend mag Orton dich nicht.«
»Vielleicht ist er auch einfach nur schüchtern.«
Prince’ Zähne blitzten weiß im Kontrast zu seiner olivfarbenenHaut. »Oder vielleicht glaubt er, dass man dir nicht trauen kann.«
»Warum sollte er das glauben?«, fragte ich und versuchte, gelassen zu klingen.
Prince zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt, ich glaube, er ist ein wenig eifersüchtig. Vielleicht ahnt er, welches Potenzial du hast. Bis jetzt war er unser Musterschüler.«
»Ach ja? Und jetzt?«
»Das wird sich zeigen, nicht wahr?«
»Ja, ich nehme es an.«
Ich hielt dieses ganze Geplänkel für eine Art Test, mit dem er herausfinden wollte, ob ich nervös war oder etwas verbarg. Ich versuchte, lässig zu klingen, aber mein Herz raste. Schließlich war das hier keine Prüfung in der Schule, wo man lediglich eine schlechte Note bekam, wenn man die falschen Antworten gab. Wenn Prince auch nur den leisesten Verdacht schöpfte, ich könnte ein Doppelagent sein, würde er mich auf der Stelle erschießen. Vielleicht hatte er deshalb so einen bunten Teppich, damit man die Blutflecke nicht sah.
Jetzt setzte er sich in den hohen Drehsessel hinter seinem überdimensionalen Schreibtisch. Er legte die Hände darauf, verschränkte die Finger und wippte leicht, während er mich prüfend anschaute. »Du weißt, wer ich bin, nicht wahr, Charlie?«
»Ich weiß, was Sie sind«, entgegnete ich und versuchte, meine Unsicherheit zu überspielen.
»Dein Geschichtslehrer, Mr Sherman, hat dir von mir erzählt.«
»Ja, das stimmt.«
»Und was hat er dir erzählt?«
»Er sagte, Sie seien ein mächtiger Mann mit überzeugenden Ideen. Und selbst wenn man mich des Mordes an Alex für schuldig befinden würde, könnten Sie mich aus dem Gefängnis holen.«
Prince breitete die Hände aus und deutete auf den Raum. »Wie du siehst.«
Ich nickte. »Ja, scheint so.« Ich wollte ihm nicht zu schnell zu viel entgegenkommen. Während des Mordprozesses hatte Sherman mir alles über seine Freunde, die Homelanders, erzählt. Er hatte mir erklärt, was sie vorhatten und wie ich mich ihnen anschließen und sie bei der Erfüllung ihrer Mission unterstützen könnte. Ich hatte so getan, als würde ich mich allmählich überzeugen lassen, aber ich konnte mich nicht zu plötzlich oder zu radikal verändern. Mein Leben hing davon ab, dass ich glaubwürdig rüberkam.
Prince führte seine Hände wieder zusammen und legte nachdenklich die Fingerspitzen aneinander. »Was hat dir Sherman noch erzählt?«
»Dass Sie mein Land zerstören wollen.«
Er lachte – zumindest blitzten seine weißen Zähne wieder auf. »Das ist ein wenig übertrieben. Ich will dein Land nicht zerstören, Charlie. Ich will es nur … umgestalten.«
Es gelang mir,
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