The Hood

richtige Antwort erraten zu haben, und lacht, weil ihm die ganze Sache eine Scheißangst bereitet. Pilgrim, der bewaffnete Räuber, der nicht einmal lächelt, macht ihm am meisten Angst.
    »Hier geht’s um einen Überfall«, faucht Pilgrim mit profes­sionellem Stolz. »Das ist ernst. Seit ich dich kennengelernt habe, lachst du dumm rum. Ich will nicht, dass du mich verarschst.«
    Inzwischen steckt er so weit in der Sache drin, dass er nicht mehr zurückkann. Er kann nur hoffen, diesen kleinen Idioten wenigstens etwas Verstand einzubläuen. Wenn er nur jemanden wie Marlon bei diesem Ding dabeihätte. Marlon war zwei Jahre älter und nahm Pilgrim unter seine Fittiche. Er war ein erfolgreicher Krimineller, und er ging ins Gefängnis und überfiel Banken, und das alles seit der 8. Klasse. Er fing damit an, Frauen die Handtaschen zu entreißen. Es machte Spaß. Schnell verdientes Geld. Adrenalin. Manche von denen rannten einem hinterher, andere nicht.
    Manchmal landete man einen Volltreffer und erwischte 50 Pfund und ein Mobiltelefon. Die Kreditkarten vertickte man an die Afrikaner und war für die ganze Woche versorgt. Nigerianische Betrüger – die »Onkels«. Noch besser waren Scheckhefte. Sie stellen keine Fragen. Die ziehen alle ihre Betrügereien ab und machen Kohle damit. Offensichtlich mehr als die 100 Pfund, die sie einem für die Karte geben. Als Kind stellt man nicht wirklich Fragen. Du hast 100 Pfund und kannst losziehen und dir kaufen, worauf immer du Bock hast.
    Er drückt sich unmissverständlich aus. »Nehmt den Fahrern die Handys ab.«
    Sie nicken.
    »Zieht euch Strumpfhosen übers Gesicht.«
    Sie nicken wieder.
    »Wir brauchen einen Van, um das Zeug aus dem Laster umzuladen.«
    Sie nicken. Die Gruppe geht auseinander.
    Als der Tag da ist, wartet Pilgrim an der Ecke. Es ist früher Abend, und auf beiden Seiten preschen Schulkinder an ihm vorbei. Eines trägt eine weiße Totenkopfmaske. Ihre Hemden sind aus der Hose gezogen, sie werfen lachend die Köpfe in den Nacken. Ein paar Meter weiter öffnet sich die Tür eines Busses mit einem lauten Zischen, und die Kids drängeln sich hinein. Pil­grim könnte einsteigen und nicht zurückschauen. In wenigen Minuten hätten ihn die Straßen verschluckt. Ein Auto hupt. Er dreht sich um und entdeckt Jimmy am Steuer. Es ist ein Mitsu­bishi Colt, ein kleines Auto, dessen Kofferraum gerade groß genug ist für ein paar Einkaufstüten. Sie wollen einen ganzen Last­wagen überfallen. Pilgrim steigt ein und knallt die Tür zu.
    »Ich hab doch gesagt, kommt mit einem Van«, faucht er und dreht sich mit wütendem Blick zu Jimmy.
    »Wir fahren ja zu dem Van, Mann«, erwidert Jimmy.
    Pilgrim starrt auf den Bus vor ihnen, der jetzt blinkt und sich schwerfällig in den Verkehr einfädelt.
    »Wie sollen wir denn die Ladung eines verfickten Lasters in so eine kleine Karre bekommen?«
    »Der Van steht in der Nähe der Uni.«
    Scheißstudenten, denkt Pilgrim, die denken, sie würden einen Umzug machen. Alles wird viel zu lange dauern. Eine missmutige Stille hängt in der Luft, während sie sich durch den dichten Verkehr Richtung Treffpunkt schieben. Sie biegen um eine Ecke auf ein verlassenes Gewerbegebiet. Der Lastwagen parkt vor ihnen.
    »Wenn ich mein Ding raushole, zieht ihr euch die Strumpfhosen über den Kopf und steigt aus«, sagt Pilgrim. Er wirft einen Blick zu Drek und Obi auf dem Rücksitz. Sie sitzen da mit großen Augen wie Kinder. Als sie näher heranfahren, ragt der Laster wie ein Eisberg bedrohlich über ihnen auf. Pilgrim springt aus dem Wagen und marschiert zur Fahrertür hinüber. Der Fahrer klettert gerade aus dem Führerhaus, wirft seine halb gerauchte Kippe weg und blinzelt Pilgrim aus seinem zerfurchten Gesicht neugierig an.
    »Willst du ’ne Jeans?«, fragt der Fahrer. Er glaubt, einen schnellen Verkauf nebenbei machen zu können, bevor er das Zeug im Depot abliefert. »Welche Größe hast du?«
    »Weite Sechsunddreißig«, sagt Pilgrim. Der Fahrer führt ihn zum Heck und hebt die Plane hoch, brummt dabei irgendwas über die Marken. Pilgrim zieht seine Kanone und drückt dem Mann den Lauf ins Genick.
    »Weißt du was – ich nehm gleich den ganzen Laster«, sagt Pilgrim. »Hol deinen Freund raus.«
    Mit gezogener Waffe holt er den Beifahrer raus. Pilgrim gibt Obi und Drek ein Zeichen zum Umladen der Ware. Er steht da und hält die Waffe auf die beiden Fahrer gerichtet, während die anderen die Waren in den winzigen Kofferraum des Mitsubishi