The Hood
muslimische und Sikh-Gangs wie die Holy Smokes und Tuti Nuns hervorgebracht. Da war die Nagelbombe, die den Pub an der Lady Margaret Road in die Luft gejagt hat. Niemand hat etwas gesagt, aber das stand ganz klar in Verbindung zum Drogenhandel. Dann gab es ein Konzert mit Dizzie Rascal als Protest gegen die zunehmende Zahl von Verbrechen mit Schusswaffen, und irgendwas ging im Tudor Rose ab. Ein Typ ballerte durch das Holz der Trennwände und tötete zwei junge Männer. Das Tudor Rose ist heute mit Brettern vernagelt. Aber junge Typen machen Geld mit Drogen. An einer Wand bei den Bullen hat er dreißig Fotos von Gangmitgliedern gesehen.
»Warum geht ihr nicht einfach los und verhaftet sie?«, fragte er die Bullen.
»Die Bürokratie!«, lautete die Antwort.
Die Regierung sagt, sie sind illegal. Wenn sie nicht von den Drogen runterkommen, streichen sie ihnen jede Unterstützung. Hardeep will ihnen aus humanitären Gründen auch weiterhin helfen, ob sie nun illegal sind oder nicht.
»Erinnerst du dich an Dick Whittington?«, sagt Kam verträumt. »Ist nach London gekommen, weil er gehört hatte, hier wären die Straßen mit Gold gepflastert. Doch als er hier eintraf, überließ man ihn einfach den Ratten. Dann kam eine magische Katze, tötete alle Ratten und rettete ihn.«
Hardeep runzelt die Stirn. Er sieht zu Jas und Kam hinüber. Sie sind noch so junge Männer, gerade mal zwanzig. Wohin soll diese Geschichte führen? Er nickt beiden zu, als verstünde er, dass es ein Insiderscherz war.
»So«, sagt Kam schließlich. »Wo ist die Scheißkatze?«
Jas lacht idiotisch, sein Kopf sackt nach vorn. Hardeep stößt einen tiefen Seufzer durch die Nase aus. Es ist Zeit zu gehen. Sie reden Unsinn. Er gibt ihnen einen warmen Händedruck. »Wir werden versuchen, euch zu helfen«, sagt er wieder. »Ich werde jetzt für euch beide beten.«
Er entfernt sich und geht die Marmortreppe hinauf, vorbei an dem hoch aufragenden Buntglasfenster. Das Licht flutet durch orange-safrangelbe Banner, die über einem Krug mit dem heiligen Wasser Amrita flattern. In dem Wasser steht ein zweischneidiges Schwert. Während der Gebete wird es wieder und wieder durch das Wasser gezogen, schneidet das Gebet hinein und macht das Wasser heilig. Außerhalb des Gebetssaals verbeugt sich Hardeep und nimmt mit hohlen Händen eine glänzende Kugel süßen braunen Reis auf. Er schlendert zum Altar, wo ein heiliger Mann einen gefiederten Stab hin und her schwenkt. Wenn die Obdachlosen das doch nur sehen könnten, aber sie schämen sich zu sehr, um hier hoch zu kommen.
Jas und Kam verlassen den Tempel und laufen in die Stadt. Kam verschwindet mit dem Telefon in einem Geschäft auf der King Street, um sich seinen Zehner zu holen. Danach werden sie zu den Dealern gehen, damit er seine Ladung bekommt. Jas bleibt draußen. Er ist recht zuversichtlich, was seinen Tesco-Plan angeht. Dann sieht er auf der anderen Straßenseite Vijay. Er ist von vier Streifenpolizisten eingekreist, die seine Taschen leeren. Vijay sieht stur, aber auch jämmerlich aus.
»Und was ist dann passiert?«, fragt ihn einer der Uniformierten laut, damit es die ganze Straße hören kann. Es sind zwei junge Polizistinnen dabei. Sie haben Klemmbretter in Händen und starren Vijay an, machen gelangweilte Geräusche.
»Wie ist das in deine Taschen gekommen?«, fragt ein anderer trocken.
Jas geht weiter, hält Ausschau nach anderen Junkies, um zu sehen, was sie vorhaben. Alle Junkies kennen sich untereinander, kennen ihre jeweiligen Geschichten. Als Kam wieder zu ihm kommt, sehen sie einen weißen Typen, Tony. Seine hellblauen Augen sind ganz klein. Tony war auf Entzug in Gloucester. Er ist vierundzwanzig und hat eine On-Off-Freundin in Hammersmith, die Software programmiert. Er träumt immer davon, Vater zu werden. Aber sie haben ein Kind bei einem Spätabort verloren, dann kam ein weiteres Kind auf die Welt, das kurz nach der Geburt an Leukämie starb. Tony ist wortgewandt, spricht leise, ja er ist sogar sanft. Aber das Brown hat ihn verwirrt, und während er spricht, werden die Einzelheiten in seinem Kopf verschwommen und vage. Seine Freundin sagt, wenn er von den Drogen loskommt, wird sie ihm dabei helfen, einen Limo-Service aufzubauen – so wie der, den er früher hatte. Aber gibt es sie überhaupt? Niemand weiß das mit Sicherheit. Jas weiß nur so viel, dass jeder Junkie einen Plan hat, mit den Drogen aufzuhören. Wenn Tony es nach Perivale schafft, hat er ein Zimmer, wo er für
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