The Hood
ab.
»Dieser Tempel sammelt jeden Monat eine halbe Million Spenden«, sagt Kam.
»Wie kommt’s?«, fragt Jas.
»Ein-Tages-Gebet. Drei-Tages-Gebet. Man bezahlt in Form von Spenden, damit oben in den gläsernen Kabinen Gebete gesprochen werden.«
Sie nehmen orangefarbene Tücher aus einem großen Behälter und binden diese sorgfältig um ihren Kopf, dann gehen sie durch die Marmorflure in einen Saal. Er ist riesig und bietet Platz für dreitausend Menschen. Lange schmale Läufer erstrecken sich vor ihnen zu den Tischen, wo die kostenlose Mahlzeit, der Langar, serviert wird. Männer und Frauen sitzen auf den Teppichen und essen. Sie nehmen metallene Servierbretter mit Unterteilungen und stellen sich in die Schlange. Ältere Sikhs mit Turban teilen wortlos traditionelle indische Chapatis und Dal aus Linsen aus, dazu gewürzte Kartoffeln, dann süßen Grieß und Joghurt. Tee und Wasser wird in braunen Plastikbechern gereicht. Die Männer, die das Essen austeilen, sind Freiwillige.
Jas und Kam schämen sich zu sehr, um nach oben zu gehen und auf der ersten Etage zu beten. Ein guter Sikh muss sich waschen, saubere Unterwäsche tragen und rein im Geiste bleiben. Sauberkeit ist ein wichtiger Grundsatz des Sikhismus. Jas und Kam sind schmutzig und riechen schlecht, in ihrem Blut schwimmen verbotene Drogen. Sie gehen mit ihrem Essen in eine dunkle Ecke, hinter eine Säule, und schlingen es mit dem Gesicht zur Wand hinunter. In der Nähe entdeckt Jas einen befreundeten Dieb, der für sich allein isst.
»Ich gehe rüber zu Vijay«, sagt Jas und entfernt sich. »Später versuch ich mein Glück bei Tesco.« Vijay wirft ihm einen Blick zu, als er mit seinem Tablett herüberkommt. Er ist der erfolgreichste Dieb in Southall. Mit seinem enormen schwarzen Bart und dem widerspenstigen dichten Haar sieht er aus wie ein Piratenkapitän. Vijay und Jas waren wie Brüder, aber sie zerstritten sich beim Klauen. Einmal schleppte Vijay gleich zehn Damenmäntel über dem Arm aus einem TK Maxx. Er ging trotz schrillender Alarmanlage einfach raus, während der Sicherheitsdienst einen anderen Typen schnappte. Die Wahrheit war, dass der Sicherheitsmann einfach Mitleid hatte mit seinem Sikh-Bruder und wegsah.
»Was geht ab?«, fragt Jas. »Ich bin voll auf Entzug.«
»Lass uns bei Tesco Alk holen«, sagt Vijay und streicht sich dabei über seinen Bart.
»Wie viel?«
»So für 500 Pfund.«
Jas sieht ihn skeptisch an. Vijay ist sauer, dass Jas Zweifel an ihm hat.
»Das letzte Mal hat mich der Chef des Sicherheitsdienstes tatsächlich gefragt, wie ich es gemacht habe. Er hat vorgeschlagen, ich solle bei Tesco als Berater anfangen. Ich hatte ihnen eine Sicherheitslücke in ihrem System gezeigt. Aber die Wahrheit ist ganz simpel.« Er hebt eine Hand, damit Jas sie sich genau ansehen kann. »Siehst du, Vijay hat unglaublich starke Nägel. Ich hab einfach sämtliche Sicherheitsaufkleber abgefummelt. Das kann sonst keiner.«
»Diesmal sehen sie dich doch schon aus einer Meile Entfernung.«
»Diesmal ist es anders. Wir arbeiten mit drei Typen.«
»Drei? Wieso?«
»Ein Typ geht mit einem Rucksack rein. Er stellt sich vor die Überwachungskamera, ein zweiter Typ packt dann ungeniert Flaschen in den Rucksack. Die Kamera sieht alles. Das alarmiert den Sicherheitsdienst. Dann gehst du um die Ecke, wo ein dritter Typ mit Einkaufswagen und leeren Tesco-Tüten wartet. Du packst den Alk in die Tüten. Dann verlassen Einkaufswagen und Köder gleichzeitig durch die Tür den Laden. Der Sicherheitsdienst schnappt sich den Typen mit dem Rucksack.«
Diese Ideen sind gut. Sie verabreden sich für später, und Vijay verlässt den Tempel.
»Wie sieht der Plan aus?«, fragt Kam, als er herüberkommt. Jas fragt sich, ob Kam wohl wach war, als er versucht hat, ihm das Mobiltelefon zu stehlen. Hat er gespürt, wie seine Hand in den Schlafsack wanderte?
»Tesco«, sagt Jay und mampft sein Chapati. Er beschließt, Kam nichts von Vijays Plan zu verraten. »Die haben diese großen Schoko-Riegel. ich kann sie dann für 50 Pence in den Läden am Broadway verkaufen.«
»Das macht zwanzig Riegel«, meint Kam unbeeindruckt.
»Kein Problem.«
Jas fragt sich, ob er eine Weile dealen könnte, um sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Er erinnert sich an das eine Mal, als er fünfzehn Tage für die Somalis gedealt hat. Sie zahlten ihm 40 Pfund am Tag. Er verkaufte sechsunddreißig Briefchen und nahm damit 360 Pfund für sie ein. Aber die haben alle Messer.
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