The Hood
leichter wird, je näher er dem Erwerb seiner morgendlichen Dosis kommt.
»Er hat einen federnden Schritt«, sagte der OP . Die Worte des OP knistern in den verdeckten Ohrhörern von drei Detectives – zwei Frauen und einem Mann –, die in einem verbeulten Mondeo sitzen, der in einer Reihe mehrerer Autos auf einem nahe gelegenen Gewerbegebiet zwei Blocks entfernt steht.
»Scheiße.« Der weibliche Detective auf dem Rücksitz zuckt zusammen. Eine falsche Frequenz schrillt in ihrem Trommelfell.
Kam bemerkt den freundlichen Umgang der Dealer untereinander. Er sieht das nicht zum ersten Mal. Wie sie sich umarmen, die Fäuste aufeinander schlagen, zur Begrüßung ihre Unterarme ergreifen. Einige fahren auf ihren Mountainbikes herum. Unter ihnen ist auch ein kleiner, stämmiger Junge, der eine graue, auf den Hüften sitzende Hose und schwarze Turnschuhe trägt. Er dreht sich um, will Jas warnen.
Es ist Troll.
8:
Vollstrecker
Jas erstarrt. Die lockere Gruppe von Dealern mustert ihn mit finsteren Blicken, hält die Köpfe aggressiv gesenkt. Troll spricht mit einem Freund, der auf den Pedalen seines Mountainbikes balanciert, die Beine blockiert. Ihm wird die Sicht auf Jas verdeckt von einem wind- und wetterbeständigen Golfschirm mit dem Aufdruck Ricoh, der ihn klein erscheinen lässt, ein riesiger Fliegenpilz. Wenn er über die Schulter blickt, wird er einen Typ mit Drogenschulden sehen, der ihn seit vier Tagen hinhält. Jas weiß, was mit solchen Typen passiert. Er hat die Geschichten über die Prügel gehört, die Knüppel, die Hämmer. Troll hat den Ruf, brutal zu sein, und er ist bereits vierzehnmal vorbestraft. Hinter seiner kindlichen Fassade steckt ein skrupelloser Kämpfer, ein kleiner Mann aus Stahl. Er ist vierzehn, aber man erzählt sich, dass er bereits einen Mann getötet hat. Ohne auf Kam zu warten, schlängelt sich Jas steif fort in den Menschenstrom und verschwindet in einer Gasse, lässt seinen Freund allein zurück bei den Dealern und Troll und dem schwebenden Auge der Polizei von Southall.
»Nimm mich hinten drauf«, sagt Troll zu dem Freund auf dem Fahrrad. Für einen Moment wirkt er genau wie jedes andere Kind, das auf dem Gepäckträger mitfahren will. Er besitzt weder die hohe Stirn noch die sanften, eleganten Gesichtszüge mancher Somali-Jungs. Er ist verbissen, untersetzt und dunkelhäutig mit einem dichten Lockenkopf. Auf ihm lastet bereits ein Gewicht, das ihm den Kopf schwer in die Schultern drückt. Wenn er spricht, ist er kaum zu verstehen. Er lächelt niemals. Das kommt gut an bei den Tinies und den Youngers, die es mit Bedrohlichkeit verwechseln. Nur seine Mutter sieht den schüchternen Teenager, der sie bis vor zwei Wochen, als er sie wegen Geld für Zigaretten anschnauzte, noch nie angebrüllt hatte. Seine Kleidung ist eher schlicht. Er protzt weder mit einem angeberischen Farbcode noch mit Bling-Bling wie so viele andere Möchtegern-Gangster.
Er ist im zehnten Schuljahr, dem vierten Jahr auf der weiterführenden Schule, aber sein Englisch bewegt sich immer noch auf Grundschulniveau. Andere gewitzte asiatische Dreizehnjährige stöhnen und lassen die Stirn auf den Schreibtisch fallen während seiner langsamen, schleppenden Antworten. Aber das machen sie genau ein einziges Mal. In der Pause bringt er sie zur Strecke mit einer entfesselten Gewaltorgie. Fünf Kinder haben zu viel Angst, zur Schule zu gehen. Ein Lehrer winkt Troll mit gekrümmtem Finger nach vorne. Troll erkennt darin eine Beleidigung, die in Somalia Hunden vorbehalten ist, und fühlt sich verachtet. Er wirft sich in Positur und funkelt den Mann wütend an.
»Leg dich nicht mit mir an!«, raunt er.
Trolls Mutter putzt weiter das Haus, macht ihm zu essen, holt ihn um halb vier ab und weiß nicht, dass sie außerdem an Treffen in der Schule teilnehmen, ihm bei den Hausaufgaben helfen und sich regelmäßig über den schulischen Fortschritt ihres Sohnes auf dem Laufenden halten soll.
Sie bekommt förmliche Ermahnungen von der Schule zugestellt. Sie gibt sie zur Übersetzung an Troll weiter. In den Briefen wird ausführlich beschrieben, wie gewalttätig er ist, dass andere Kinder wegen ihm Angst haben, in die Schule zu gehen. Wenn er weiterhin so gewalttätig ist, wird die Schule ihn auf Dauer vom Unterricht ausschließen. Er liest ihr laut vor: »Ihr Sohn ist der beste Schüler seiner Klasse. Wir haben schon lange keinen so guten und netten Jungen mehr erlebt. Es ist ein Freude, ihn zu unterrichten.« Sie
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