The Hood
Sie sind gelangweilt, ungebildet, zocken Geld vom Sozialamt ab, weswegen sie nicht arbeiten müssen. Sie rauchen ausnahmslos Skunk. Am fünfzehnten Tag haben sie ihn ausgeraubt.
Eine einsame Gestalt beobachtet sie, wie ein Wächter.
Von seinem Platz hinter einem Tisch starrt der Mann unverwandt zu ihnen herüber und hebt dabei ein Glas Wasser. Er trägt seinen Turban wie eine Krone, ein stolzer Botschafter seines Glaubens. Er hat einen sauberen, ordentlich gestutzten Bart, seinen Dolch, den eisernen Kara-Armreifen, seine fünf Kakars. Dunkle Mächte sind am Werk, schwächen unser Volk, denkt er, als er diese gebeugten, elenden Typen betrachtet. Wie konnten diese Männer aus dem Punjab, erst Anfang zwanzig und voller Versprechen, so enden, im Freien schlafen, abhängig von starken Drogen?
Der Beobachter erinnert sich, dass er in seiner Jugend in den 1990er Jahren im Southall College nie auch nur einen einzigen Sikh hatte Drogen nehmen sehen. Er bemerkte, dass es stetig mehr Spirituosengeschäfte gab, während sie sich langsam den Engländern anpassten, einer Nation von Trinkern. Er schreitet zu ihnen hinüber und begrüßt Jas und Kam. Er hat sie einige Wochen nicht gesehen.
»Wie geht’s euch, Jungs?«, fragt er.
»Gut. Hi, Hardeep.«
Sie erinnern sich an seinen Namen.
»Wo schlaft ihr jetzt?«
»In einem Müllraum in der Havelock.«
Hardeep versucht seine Nase gegen den Gestank zu verschließen, den sie absondern. Kams Kopf fällt schläfrig nach vorn. In all der Zeit, die er sich unter Obdachlosen bewegt hat, ist er nie einem Junkie oder obdachlosen Alkoholiker begegnet, der einen Turban trug, denn ein anständiger, gläubiger Sikh würde sich niemals so tief sinken lassen. Die neue Generation junger Sikhs ist anders. Es gab mal einen alten Kerl, Singh, der lebte in einer ehemaligen Autowerkstatt. Er sagte, er würde arbeiten, aber er verlor seinen Job, und der Vermieter setzte ihn auf die Straße. Sie gaben ihm das Geld für eine Monatsmiete, genug, damit er wieder auf die Beine kommen konnte. Aber es ist einfacher, jemanden von Heroin runterzubekommen als von Special Brew oder hartem Alkohol.
»Ihr müsst mutig sein«, sagt Hardeep zu Kam und sieht ihm dabei fest in die Augen. »Unser Guru lehrt uns, dass wir mutig und stets in Hochstimmung sein sollen, da ihr nach Gottes Willen eines Tages das Leuchten der Freiheit erleben werdet.« Er gestikuliert durch das Atrium des Gurdwara auf ein Porträt an der Wand. Kams Blick wandert träge über die Theke, an der das Essen ausgeteilt wird, dann fokussiert er auf ein riesiges Porträt eines der Heiligen der Sikh, Jarnail Singh Bhindranwale. »Erinnert euch, wie Jarnail für uns gekämpft und uns gelehrt hat, sich gegen jede Unterdrückung zur Wehr zu setzen.«
Hardeep sucht in Kams Augen nach Anzeichen von Wiedererkennen, sieht aber nur das Flimmern seiner halb geschlossenen Lider.
»Indien hat uns Unabhängigkeit versprochen, aber in der Verfassung sagen sie, dass wir immer noch Hindus sind. Sie sind in unser größtes Heiligtum eingedrungen, haben junge und alte Sikhs ermordet. Und nichts davon steht in den indischen Medien.«
»Ja, genau«, setzt Kam an. »Eine Abwärtsspirale.«
»Dad hat immer gesagt, dass das Punjab die reichste Gegend Indiens wäre«, schaltet sich Jas ein. »Heute haben die Pestizide den Boden vergiftet. Keine Arbeit mehr für die Jungen.«
Hardeep nickt traurig. Diese Jungs mussten davon geträumt haben, dass in England alles besser würde. Er versucht diesen Kids zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen, aber die alten Knaben, die den Tempel leiten, stecken ihre Köpfe in den Sand. Sie helfen zuerst den Frauen. Für die ältere Generation sind Junkies eine Schande, sie nehmen sich keine Zeit für sie. Jas und Kam haben viel zu viel Angst, um zu ihren Eltern in den Punjab zurückzukehren und ihnen zu sagen, dass sie Scheiße gebaut haben. Er weiß von einem Jungen, der seinen Eltern Schande gemacht hat, weil er mit vierzehn Drogen in seinem Zimmer geraucht hat, und daraufhin zu einem Leben auf den Straßen von Southall verbannt wurde. Die entehrte Familie kehrte lieber in den Punjab zurück, als mit dem Stigma zu leben, einen Drogensüchtigen unter ihrem Dach zu beherbergen. Als er jung war, da rauchten Jungs Zigaretten, und dann um 1994, 1995 herum kamen ihm Geschichten von Leuten auf seiner Schule zu Ohren, die Cannabis rauchten. Heute haben Southall und die Punjabi ein massives Drogenproblem.
Die Probleme haben
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