The Innovator's Dilemma
Fähigkeiten gibt es auf zwei Ebenen: Auf Ebene der Prozesse und auf Ebene der Werte. Prozessuale Fähigkeiten betreffen die Art und Weise, wie Mitarbeiter die vorhandenen Ressourcen nutzen, um Resultate zu erzielen. Organisationale Werte betreffen die Kriterien, die Führungskräfte heranziehen, um Prioritäten zu setzen. Menschen indes sind relativ flexibel. Sie können sensibilisiert, geschult und weiterentwickelt werden, um in unterschiedlichen Situationen ihre Aufgaben erfolgreich zu meistern. [16] Ein Mitarbeiter eines Großunternehmens kann seinen Arbeitsstil anpassen, um in einem Start-up-Unternehmen erfolgreich zu agieren. Prozesse und Werte hingegen sind starr: Ein Prozess, der sich in der Entwicklung eines Laptops als erfolgreich erweist, mag für die Entwicklung eines Smartphones ungeeignet sein. Ähnlich verhält es sich mit Werten. Werte, die dazu führen, dass Mitarbeiter Entwicklungsprojekte priorisieren, die hohe Margen versprechen, lassen sich über Nacht nicht so verändern, dass nunmehr Projekte mit niedrigen Margen zum Zuge kommen. Prozesse und Werte, die in einem bestimmten Kontext als Stärken eines Unternehmens gelten, können sich in einem anderen Kontext als Schwäche oder gar als Unfähigkeit erweisen.
Wir zeigen wie Führungskräfte erkennen, wo ihr Unternehmen Fähigkeiten, aber auch Unzulänglichkeiten im Umgang mit disruptiven Innovationen aufweist. Ein anschauliches Beispiel liefern einmal mehr die Hersteller von Computerlaufwerken in ihrem Bemühen, die Prozesse und Werte ihres Unternehmens auf die geänderten Herausforderungen disruptiver Innovationen anzupassen.
5. Prinzip: Technologien entwickeln sich schneller als Kundenbedürfnisse
Disruptive Technologien finden zunächst nur den Weg in kleine, neu entstehende Märkte. Sie werden aber zur ernsten Bedrohung, wenn sie ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten. Nicht selten verdrängen sie am Ende die etablierten Produkte. Diesen Zusammenhang stellt Abbildung 0.1 dar. Die Produkteigenschaften folgen einem Entwicklungspfad. Dabei entwickelt sich der technologische Fortschritt schneller als die Kundenbedürfnisse. Die Anbieter neigen dazu, über die wirklichen Bedürfnisse der Kunden hinaus zu schießen. Eigenschaften, die Kundennutzen schaffen, bergen alsbald die Gefahr eines . „Overengineering“. Produkte, die heute – bezogen auf die Bedürfnismuster des . „Mainstream“ – hinter den Anforderungen zurück bleiben, können sich in Zukunft als wirkliche Meilensteine erweisen.
Einmal mehr zeigen die Computerlaufwerke – und nicht nur diese – wie sich die Regeln des Wettbewerbs ändern, indem sich Bedürfnismuster und kaufentscheidende Kriterien verschieben. Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Leistungsfähigkeit eines Produktes über den Kundenanforderungen liegt, verliert die Produktleistung ihre kaufentscheidende Wirkung. Es gewinnt nicht mehr das leistungsfähigste Produkt. Die Kaufkriterien entwickeln sich von Funktionalität über Zuverlässigkeit hin zu Bequemlichkeit und schließlich spielt der Preis die entscheidende Rolle.
Produkte und Märkte durchlaufen bestimmte Phasen, die sich insgesamt als Lebenszyklus darstellen lassen. Wir greifen dieses Phänomen an späterer Stelle auf und zeigen, wie ein . „Overengineering“ neue Phasen des Produkt [17] lebenszyklus einleitet. In ihrem Bemühen der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, schätzen viele Unternehmen die Geschwindigkeit falsch ein, mit der sie ihre Produkte weiterentwickeln und verbessern müssen. Am Ende sind sie schneller als der Markt es verlangt. Sie bieten mehr, ja oftmals weit mehr, als ihre wichtigsten Kunden erwarten. Damit tragen sie selbst gehörig dazu bei, dass sich unterhalb ihrer Produktleistung ein Vakuum entwickelt, das Raum schafft für einfachere und billigere Produkte. Sie selbst ebnen damit neuen Konkurrenten den Weg, die auf Basis disruptiver Technologien in den Markt eintreten. Nur jene Unternehmen, die sehr gewissenhaft verfolgen – und dieses Verfolgen geht weit über Befragen hinaus –, wie ihre Kunden ihre Produkte verwenden, erkennen, wann sich Anforderungen an die Produkte und damit die Basis des Wettbewerbs verändern.
Disruptive Chancen und Risiken erkennen
Führungskräfte, die sich nach und nach mit dem Phänomen der Disruption vertraut machen, mögen mit gemischten Gefühlen – von Ungeduld bis Besorgnis – diese Prinzipien lesen. Vieles weist darauf hin, dass gerade die besten Manager mit der konsequenten
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