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The Innovator's Dilemma

The Innovator's Dilemma

Titel: The Innovator's Dilemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clayton M. Christensen
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des Betrages, der für ein konventionelles Werk für Stahlblech hingelegt werden musste. Ein Betrag, der auch für eine Minimill leistbar war. Bei diesem Volumen konnte auch ein Lichtbogenofen die erforderliche Stahlmenge produzieren. Mehr noch, das Stranggussverfahren versprach eine 20-prozentige Reduktion der gesamten Kosten in der Stahlblechproduktion.

    Aufgrund dieser vielversprechenden Aussichten wurde das Stranggussverfahren von allen größeren Unternehmen in der Stahlindustrie genau geprüft. Einige Manager von integrierten Stahlherstellern, darunter zum Beispiel USX, arbeiteten hart daran, die Investition in ein Werk mit Stranggussverfahren zu rechtfertigen ‍ ‍ ‍ 149 . Am Ende war es allerdings Nucor Steel, eine Minimill, und kein integrierter Stahlhersteller, die den Schritt zum Stranggussverfahren wagte. Warum?

    Anfangs konnte das Stranggussverfahren nicht die erforderliche Qualität sicherstellen. Hersteller von Dosen, Autos und Geräten verlangten glatte, fehlerfreie Oberflächen. Die einzigen Märkte, die für diese Technologie in Frage kamen, waren Stahldecken, Wellstahlrohre und Wellblechbaracken; Anwendungen, bei denen Kunden mehr auf den Preis, als auf die Oberflächenqualität achteten. Das Stranggussverfahren war eine disruptive Technologie. Große, kompetente und wachstumshungrige integrierte Stahlhersteller stritten sich um das profitable Geschäft großer Auto-, Geräte- und Dosenhersteller. Für sie machte es keinen Sinn, viel Geld in die Stranggusstechnologie zu investieren, war dieses Verfahren doch nur für das am wenigsten profitable, preissensible Massengeschäft geeignet – dem unteren Ende des Marktes. Nachdem Bethlehem und USX zwischen 1987 und 1988 die Stranggusstechnologie ernsthaft in Erwägung gezogen hatten, beschlossen die beiden Unternehmen, doch in konventionelle Technologie zu investieren. Statt geschätzten 150 Millionen Dollar für eine Stranggussanlage gaben sie 250 Millionen für eine konventionelle Anlage aus, mit dem Ziel, die Profitabilität ihres Kerngeschäfts zu steigern.

    Es überrascht wohl kaum, dass Nucor die Situation ganz anders beurteilte. Nucor konnte den Markt unbelastet betrachten. Das Unternehmen war nicht durch die Qualitätsanforderungen profitabler Kunden aus dem Stahlblechgeschäft getrieben und profitierte gleichzeitig von der günstigen Kostenstruktur am unteren Ende des Marktes. Nucor fuhr die weltweit erste Stranggussanlage in Crawfordsville, Indiana im Jahre 1989 hoch. Ein Jahr später baute es die zweite Anlage in Hickmann, Arkansas. Bis 1995 erhöhte Nucor an beiden Standorten die Kapazität um 80 Prozent. Nach Schätzungen von Analysten eroberte Nucor bis 1996 etwa 7 Prozent des nordamerikanischen Marktes für Stahlblech. Der Erfolg des Unternehmens war aber auf das am wenigsten profitable Massengeschäft beschränkt. Daher war es nur logisch, dass Nucor daran arbeitete, die Oberflächenqualität zu verbessern, um in die attraktiveren, höherwertigeren und qualitätsbewussteren Marktsegmente einzudringen.

    Die Strategie der integrierten Stahlhersteller, sich auf die attraktivsten, obersten Marktsegmente zu konzentrieren, ist nichts anderes als eine Geschichte offensiven Investierens, rationalen Entscheidens, konsequenter Kundenorientierung und die von Rekordgewinnen. Es ist dasselbe Dilemma, dem auch Innovatoren aus der Branche der Computerlaufwerke und der Bagger gegenüberstanden: Vernünftige und gute Managemententscheidungen sind letztendlich der Grund für den Untergang oder den Verlust der Marktführerschaft.

Die Stahlindustrie in Deutschland

    Während in den USA das Elektroverfahren . (Minimills) mit einem Anteil von mittlerweile über 60 Prozent weiter verbreitet ist als das Sauerstoffverfahren . (integrierte Stahlwerke), liegt der Anteil in Europa . (EU 27) bei 40 Prozent ‍ ‍ ‍ 150 . Hier zeigen sich auch deutliche Unterschiede zwischen den Ländern. So beträgt der Anteil der Minimills in Deutschland etwa 30 Prozent, in Italien über 60 Prozent, in Frankreich knapp 40 Prozent und in Spanien fast 80 Prozent der gesamten Stahlproduktion. Die Entwicklung der europäischen und der deutschen Stahlindustrie wurde in den letzten Jahrzehnten allerdings von einigen externen Faktoren beeinflusst, so dass die Verbreitung der Minimills etwas anders verlief als in den USA. Dennoch zeigen sich einige Parallelen.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam die deutsche Eisen- und Stahlproduktion fast zum Erliegen ‍ ‍

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