The Legion 01 - Der Kreis der Fuenf
zerrte eine Handvoll Servietten aus einem Spender in der Nähe. » Wir machen das wieder sauber. «
» Und bezahlen werdet ihr das auch « , hörte ich den Kerl noch sagen, als sich die Tür hinter mir schloss.
Geduckt lief ich um den 7-Eleven herum und an der Hauptstraße entlang zurück zur Grundschule, wobei ich mich vorsichtshalber vom Seitenstreifen fernhielt, für den Fall, dass der Kassierer doch noch die Polizei verständigt hatte. Hinter der Schule kauerte ich mich auf einer Bank zusammen und lauschte auf Sirenen.
Falls der Kassierer wirklich angerufen hatte, würde die Polizei dann meine Tante informieren, dass es mir gut ging?
Obwohl ich sie nicht mochte, hatte sie nach dem Tod meiner Mom immerhin angeboten, mich bei sich aufzunehmen, und dafür schuldete ich ihr was – zumindest eine Botschaft, damit sie wusste, dass ich nicht in irgendeinem Graben lag. Mehr als einmal hatte ich überlegt, sie anzurufen, aber wenn die Polizei von einer Entführung ausging, wäre ihr Telefon definitiv überwacht.
Ein Prepaid-Handy würde die Polizei zwar nicht weiterbringen, aber bei einem Dämon war ich mir da nicht so sicher. Dieser Gedanke hatte mich auch davon abgehalten, mich noch einmal bei Elle zu melden. Rachegeister waren mir schon zum Lagerhaus gefolgt, und ich hatte nicht vor, noch mehr Fehler zu machen.
Auf die Sirenen wartete ich vergebens. Stattdessen hörte ich Stiefel, die durch die welken Blätter raschelten. » Kennedy? «
» Hier drüben. «
Jared ließ den Blick über den Spielplatz schweifen, bis er mich entdeckte, und über seine angespannte Miene huschte eins seiner seltenen Lächeln. » Das war ganz schön knapp. «
» Da kann ich dir nicht widersprechen. « Ich schielte ihm über die Schulter. » Wo sind die anderen? «
» Im Van. Ich dachte, dass es zu auffällig wäre, wenn wir uns hier zu viert rumtreiben. « Er setzte sich ans andere Ende der Bank. » Woher wusstest du, dass der Typ in dem Laden dich erkannt hat? «
» Er hat ferngeguckt und ich habe mein Foto auf dem Bildschirm gesehen. «
Jared beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und sah mich an. Am liebsten hätte ich die Hand ausgestreckt, die Narbe über seinem Auge berührt und ihn gefragt, woher er sie hatte.
» Vielleicht solltest du nächstens Mal im Van bleiben « , meinte er. » Ich weiß nicht, ob ich noch mal so eine Show abziehen kann – «
» Du warst ziemlich überzeugend. Sieht aus, als hättest du deine eigentliche Berufung verfehlt. «
Sein Lächeln verlor sich und es entstand ein Schweigen, das sich in die Länge zog.
» Es tut mir leid « , sagte er schließlich.
» Was tut dir leid? «
» Mir ist schon klar, dass du dir wahrscheinlich wünschst, du hättest mit alldem nichts zu schaffen. « Er klang so einsam. Ich unterdrückte den Drang, ihn zu umarmen und den salzigen, metallischen Geruch einzuatmen, der an Jared haftete, auch wenn er nur innerlich blutete.
Ich wollte ihm sagen, wie allein ich mich fühlte – wie sehr ich mich nach jemandem sehnte. Das wollte ich ihm sagen und noch viel mehr. Doch ich fand einfach nicht die richtigen Worte dafür – oder ich ließ es nicht zu.
» Das stimmt nicht. «
Jared kaute auf seiner Unterlippe. » Ach komm, du hattest dein eigenes Leben – die Schule, Freunde, vielleicht einen Freund – etwas Besseres als das hier. «
Glaubte er das wirklich? Dass ich ein Superleben hinter mir gelassen hatte?
» Hätte ich einen Freund, dann hätte ich ihn längst angerufen. Ich lasse die Menschen, die mir wichtig sind, nicht einfach so hängen. «
» Ich wollte damit nicht sagen nicht, dass – «
» Und wenn du mit besser meinst, dass ich meine Mom verloren habe und dabei war, mein ganzes Leben in Kisten zu verpacken und in ein Internat umzuziehen, das ich noch nie zu Gesicht bekommen habe … « Meine Stimme zitterte. » Dann ja, dann war es anscheinend besser. «
Jareds Gesicht wurde weich, öffnete sich auf eine Weise, die zugleich wunderschön war und mir Angst machte. Er schob seine Hand langsam über die Bank, dorthin, wo meine zwischen uns lag. Mir stockte der Atem, als er seine Finger mit meinen verschränkte.
Jared drückte meine Hand und mein Herz machte einen Satz. » Kennedy, ich wünschte – «
Der Maschendrahtzaun auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes schepperte und schwankte, als Lukas darübersprang.
Ich zog meine Hand weg und Jareds blieb allein auf der Bank zurück. Doch ich konnte sie noch immer spüren, als hätte
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