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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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befanden oder wie lange sie gefahren waren. Und sie wusste nicht, wie sie die grauenvolle Enge im Kofferraum überstanden hatte, ohne verrückt zu werden. Sie wusste nur, dass sie sich schwach und krank fühlte, dass ihr Mund nach Erbrochenem und Autoabgasen schmeckte, dass sie entsetzt war über das, was Ray getan hatte, und dass sie schreckliche Angst hatte vor dem, was er noch tun würde.
    »Los, ihr beiden, raus da.«
    Nacheinander schwang sie die Beine über die Kofferraumkante und drückte sich mit den Armen nach oben, bis ihr Hintern über die Kante rutschte, und dann stand sie schwankend vor ihm.
    »Du auch, Jen.«
    Sie hörte, wie Jennifer hinter ihr herauskletterte, sah aber nicht hin. Ihre Augen waren auf die Pistole gerichtet, die er dem Mädchen gegen den Bauch drückte. Es war dieselbe Waffe, mit der er Tonianne erschossen hatte. Das Mädchen kannte sie nicht; es war ungewöhnlich hübsch, trug eine Jeans und ein weißes Herrenoberhemd. An seiner Stirn war eine hässliche Beule. Das Hemd war blutbefleckt.
    Wer waren diese Leute, und warum fand sie sich, mir nichts, dir nichts, unter ihnen wieder? Nur wegen eines Streits auf einem Parkplatz?
    Und Tonianne? Warum hatte Tonianne sterben müssen? Das ergab alles keinen Sinn.
    Wir glauben, er ist ein Mörder, hatte Ed gesagt.
    Er hatte Recht gehabt.
    Sie musste sich zusammenreißen, musste die Nerven behalten, wenn sie das hier überleben wollte.
    Die erste Frage war: Wo befanden sie sich jetzt? Sie zwang sich, den Blick von ihm und der Waffe zu lösen, und schaute sich unauffällig um.
    Sie standen auf einer schmalen Schotterpiste am Fuße eines Hügels.
    Links vom Wagen bedeckte dichter Wald den steil ansteigenden Hang, zur Rechten schien der Mond auf eine große verwilderte Wiese herab, an die ein weiteres Waldstück grenzte. Vor dem Nachthimmel zeichneten sich die dunklen Umrisse von Laub und Ästen ab.
    Sie hatten mitten im Nirgendwo angehalten.
    Sie fragte sich, was gefährlicher war: Über die Wiese zu rennen oder sich durchs Unterholz zu schlagen? So oder so wäre eine Waffe auf ihren Rücken gerichtet. Beides war wenig erfolgversprechend. Sie durfte nicht in Panik geraten. Fortzurennen kam nicht infrage. Sie musste eine bessere Gelegenheit abwarten.
    Als sie ein metallisches Klappern hörte, blickte sie wieder zu Ray.
    Etwas Glänzendes baumelte an seiner Hand. Er hielt es ihr hin. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass es sich um Handschellen handelte. Er sprach mit dem ihr unbekannten Mädchen.
    »Weißt du, wo ich die herhabe, Kath?«
    Das Mädchen hieß also Kath. Kath und Jen. Und wer war sie dann? Sal? Hatten in der Welt dieses Wahnsinnigen alle Mädchen einen verkürzten Vornamen?
    »New York City, Kath. Ich hab die Dinger irgendwann mal am Times Square gekauft. Erinnerst du dich an unseren Abend in der Tavern? Als du mir von deiner durchgeknallten Mutter erzählt hast? Als ich dir erzählt habe, was das Schlimmste war, das ich je getan habe? Die Geschichte mit dem verwüsteten Haus? Natürlich war es nicht das Schlimmste, aber die Geschichte war trotzdem wahr. Und hier ist es passiert! Da oben! Da habe ich meine Waffen her! Aus dem Haus oben am Hang, gleich hinter den Bäumen.«
    Er lachte. »Und jetzt bin ich wieder hier, zurück am Ort des Geschehens.«
    Er deutete auf die Handschellen. Sie sollte sie nehmen.
    »Ich schätze, Kath wird am meisten Schwierigkeiten machen, und ich habe leider nur ein Paar. Also sei ein braves Mädchen, Sal, und leg sie ihr an, ja?«
    Sie nahm die Handschellen. Das Mädchen, Katherine, streckte die Hände aus.
    Ray schüttelte den Kopf.
    »Doch nicht so. Was zum Henker ist los mit dir, Kath? Hast du je einen Film gesehen, in dem ein Bulle jemandem auf diese Weise die Handschellen anlegt? Hä? Hast du Scheiße im Hirn, oder was? Man fesselt die Hände auf dem Rücken, nicht vorne. Unfassbar! Wenn man so was im Film sieht, weiß man, dass das ein Scheißfilm ist. So ein Streifen ist das Eintrittsgeld nicht wert. Wenn man dem Verbrecher die Handschellen vorne anlegt, ist doch klar, dass er irgendwem den Schädel einschlägt, ob nun gefesselt oder nicht. Mann, so was Bescheuertes.«
    Kath wandte sich ihm zu und starrte ihm in die Augen, dann legte sie die Hände auf den Rücken. Während er irgendein Insekt aus seinem Gesicht verscheuchte, sah er Sally auffordernd an.
    »Überall Mücken«, sagte er. »Die ganze Stadt ist voll von den Scheißviechern. Im Sommer kommen sie vom See rüber und machen einem

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