The Lost
Handtuch herunter und rubbelte sich die Haare trocken. Sie hatte eine lange Mähne und hielt dabei jedes Mal den Kopf nach unten. Er wünschte, sie würde im Bad bleiben. Wenn sie sich vorbeugte, hatte sie eine Speckwulst am Bauch, die vor einem Jahr noch nicht dagewesen war, und der Anblick gefiel ihm nicht.
Er schob ein paar Batman-Comics von seinem Kunstlederstuhl, hockte sich vor den Fernseher und schaltete ihn ein. Vornübergebeugt zappte er durch die Kanäle. Auf NBC gab es eine Nachrichtenzusammenfassung. Lindsay stritt mit Rockefeller um Kommunalfinanzen. Papst Paul VI. hatte in Uganda eine Messe gehalten. Und Nixon hatte seine Asienreise beendet. Wer in aller Welt interessierte sich nur für diesen Scheiß?
Die einzige halbwegs spannende Meldung war, dass irgendein Gericht es abgelehnt hatte, das Autowrack draußen in Marthas Vineyard untersuchen zu lassen, in dem dieses Mädchen ersoffen war, nachdem es die ganze Nacht mit diesem hässlichen Sack Ted Kennedy durchgefeiert hatte. Er fragte sich, ob Kennedy sie gevögelt hatte. Die Vorstellung, dass der Kerl überhaupt mit irgendwem vögelte, war widerlich. Teddy Kennedy sah aus wie ein Eichhörnchen. Er zappte weiter. Es gab einen Film der Bowery Boys und Zwei ritten nach Texas mit Laurel & Hardy, aber beide kannte er schon. Aus Montreal wurde ein Spiel der Mets übertragen. Baseball fand er stinklangweilig. Also entschied er sich für die Bowery Boys. Gegen Huntz Hall konnte man nichts sagen.
Erneut klingelte das Telefon, und diesmal war es wirklich seine Mutter.
»Komm sofort rüber in die neunzehn.«
»Wieso? Was ist denn los?«
»Carla sagt, das Klo ist verstopft. Hier ist alles voller Kacke.«
Carla war eines der Zimmermädchen. Achtzehn, mit einem hübschen kleinen Hintern. Er hatte sie bereits zweimal gevögelt und würde sie bestimmt bald erneut flachlegen. Er beschloss, sie aus dem Zimmer zu schicken, bevor er sich an die Arbeit machte. Toiletten waren eklig, und wie es aussah, würde er in der Scheiße wühlen müssen. Er wollte nicht, dass sie ihm dabei zusah.
Wäre seinem Image abträglich.
»Na toll«, sagte er.
»Beeil dich und komm rüber, bevor der Teppichboden was abkriegt.« Die Stimme seiner Mutter war heiser von den vielen Kents, die sie über Jahrzehnte geraucht hatte.
»Geht klar. Ich muss mich aber erst anziehen.«
»Das ist mir schnuppe, und wenn du in deinem verdammten Adamskostüm hier antanzt, Raymond. Mach schon. Und zwar schnell.«
Wäre sein Vater da gewesen, hätte er sich drum kümmern müssen, die Kacke irgendeines verfickten Gastes wegzuwischen. Aber wie jeden Sonntag war sein Vater mit seinen Kumpels im Sparta Lanes beim Bowlen. Sein alter Herr spielte in einer Liga. Immer sonntags. Wenigstens das gestattete ihm seine Frau.
Bowling. Mann, wie öde.
Er legte den Hörer auf die Gabel, zog seine Jeans und ein baumwollenes Arbeitshemd an, schlüpfte in ein zweites Paar Socken und stieg in seine Stiefel. Die zusätzlichen Socken waren nötig, um seine Füße zu polstern und gegen die zusammengedrückten, in Zeitungspapier gewickelten Bierdosen zu schützen, die er sich immer in die Stiefel stopfte. Auf diese Weise und mit den fünf Zentimeter hohen Absätzen kam er immerhin auf eine Körpergröße von fast einssiebzig.
Er zog die Stiefel erst aus, wenn er mit einem Mädel im Bett lag, und stand erst auf, wenn er sie wieder angezogen hatte. Deshalb hatte keine der Frauen, mit denen er vögelte, eine Ahnung, wie klein er in Wirklichkeit war. Die einzige Ausnahme war Jennifer, aber die zählte nicht, außerdem wusste sie, dass sie sein kleines Geheimnis für sich behalten musste. Nicht mal Tim würde sie je davon erzählen, und die beiden waren ziemlich dicke.
Sie lag im Höschen und ihrem weißen BH auf dem Bett, mampfte Maischips aus der Tüte und sah sich Huntz Hall an.
»Schon wieder deine Mutter?«
»Notfall in der neunzehn. Das Klo ist verstopft. Willst du vielleicht für mich die Scheiße wegwischen?«
»Aber immer doch. Na klasse.«
»Eigentlich könnte sie auch selbst rübergehen. Sie ist ja kein Krüppel oder so.«
»Ach, Ray. Überleg doch mal. Warum sollte sie das tun? Ihr gehört der Laden. Du bist der stellvertretende Geschäftsführer. Sie bezahlt dich und lässt dich hier wohnen. Ich an ihrer Stelle hätte auch keine Lust, ein verstopftes Klo auszupumpen.«
Sie hatte natürlich Recht, aber deshalb musste es ihm ja nicht gefallen. Genau genommen bezahlte seine Mutter ihn sogar ziemlich gut.
Weitere Kostenlose Bücher