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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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ihr klar, dass sie vor Wut schäumte.
    Entspann dich, dachte sie. Bleib um Himmels willen ruhig.
    »Ciao«, sagte sie.
    Es war das Beste, was sie unter diesen Umständen hervorzubringen imstande war.
    Sie klaubte ihre Handtasche vom Boden auf, marschierte an der Theke vorbei hinaus auf den Parkplatz und hatte fast ihren VW erreicht, als Ray sie einholte, am Arm packte und sie herumwirbelte.
    Wenn sie davor schon wütend gewesen war, dann war sie jetzt fuchsteufelswild. Er hatte sie angefasst ! Wie konnte er nur?
    Und sie hatte Angst. Ja, zugegeben, sie hatte Angst.
    »Lass mich los, Ray!«
    Das Zittern in ihrer Stimme ärgerte sie.
    »Du lässt mich dermaßen auflaufen? In aller Öffentlichkeit? Was zum Henker ist los mit dir? Wofür hältst du dich eigentlich? Sieh mich an.«
    Sie mied seinen Blick. Er war furchterregend. Sie versuchte sich loszureißen, aber Ray hielt sie fest, also gab sie es auf. In Ordnung, dachte sie. Du hast echt Schiss. Wahrscheinlich hast du auch allen Grund dazu. Na und? Sag ihm trotzdem die Meinung. Ob du Schiss hast oder nicht, sag’s ihm. Dieses kleine Arschloch. Dieser verdammte Rohling. Es gab einfach zu viele Typen wie ihn auf der Welt.
    Er würde genauso werden wie ihr Vater, nur schlimmer.
    Sag’s ihm.
    »Was zum Henker mit mir los ist? Was ist mit dir los, Ray? An meinem ersten Arbeitstag baggerst du mich an, und ich mache dir klar, dass ich nicht interessiert bin. Am nächsten Tag folgst du mir hierher und laberst mich wegen irgendeines bescheuerten Buchs voll, das du wahrscheinlich nicht mal gelesen hast.«
    »Ich mag es nicht, wenn man mich in der Öffentlichkeit beleidigt, Sally.«
    »Ich auch nicht. Und dass du mir in einen Laden folgst, den ich seit Jahren kenne, und so tust – oh Mann –, als wäre es dein Lieblingslokal, um dann diese lächerliche Nummer abzuziehen, ist verdammt beleidigend. Dass du mich am Arm packst, ist beleidigend. Was du in diesem Augenblick tust, ist beleidigend. Warum gehst du nicht wieder rein zu deinem Hamburger und deiner minderjährigen Freundin und lässt mich in Ruhe? Sag deiner Mutter, ich komme nach der Mittagspause nicht mehr zurück. Sag ihr, ich kündige. Ich wünschte, ich könnte dabei sein und hören, mit was für einer idiotischen Lüge du ihr das erklärst.
    Siehst du das Auto da vorne? Siehst du die Leute, die auf den Parkplatz fahren? Lass mich los, Ray, sonst fange ich auf der Stelle an zu schreien.«
    Er blickte zu dem Auto und lockerte seinen Griff.
    »Du kleine Schlampe. Fick dich!«
    »Nein, fick du dich, Ray! Lass mich los!«
    Er stieß sie zurück, als hätte ihr Arm plötzlich Feuer gefangen. Und das war alles, was sie wollte, es war gut so. Sie stieg in den VW und startete den Motor, während Ray zurück ins Sugar Bowl stapfte. Ihr war schwindlig, sie zitterte vor Wut und Angst, und es hätte sie nicht gewundert, wenn sie gleich ihr Mittagessen auskotzte, falls sie nicht auf der Stelle losfuhr.
    Sie setzte den Wagen zurück und legte den Gang ein. Eins nach dem anderen, dachte sie. Dir geht’s gut. Sie fuhr vom Parkplatz, fädelte in den Verkehr ein und dachte: Tja, das war bestimmt der kürzeste Job, den du je hattest, aber scheiß drauf. Der Kerl war verrückt. Ob Killer oder nicht, Ed und Charlie hatten absolut Recht gehabt, sie vor ihm zu warnen.
    Nach einer Weile hörte sie auf zu zittern, aber sie fuhr trotzdem wie auf Autopilot nach Hause, kriegte kaum etwas von der Umgebung mit; in Gedanken stand sie immer noch auf dem Parkplatz. Sie fand, sie hatte sich gut geschlagen. Sie hatte sich den Scheißkerl vom Leib gehalten und ihm die Meinung gegeigt, und damit hatte es sich. Und dann war sie auch schon zu Hause.
    In der Einfahrt stand der Chrysler ihrer Mutter. Sie parkte den VW dahinter.
    Als sie die Haustür öffnete, kam ihre Mutter gerade aus dem Wohnzimmer und lief Richtung Küche. Sie hielt ein Glas Sherry in der Hand – so sah die Flüssigkeit jedenfalls aus –, und als sie hörte, wie Sally hinter ihr die Tür schloss, wandte sie sich um und lächelte. Sally sah die glasigen verschwommenen Augen, mit denen ihre Mutter sie anblickte.
    Es war zwei Uhr nachmittags.
    »Sally! Warum kommst du so früh nach Hause?«
    Sie hatte keine Lust, mit ihr herumzudiskutieren. Nicht jetzt.
    »Wie war das Mittagessen?«
    Die Frage würde ihre Mutter garantiert ablenken.
    Sie trug ein elegantes dunkles Seidenkleid mit einem Gürtel um die Taille. Heute war es eine Wohltätigkeitsveranstaltung für die American Legion

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