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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Gebäck aus Manger’s Bakery sowie Aufschnitt aus Paul’s Delicatessen, den beiden Läden auf der anderen Straßenseite. Der große breite Bratrost brutzelte für alle sichtbar vor sich hin, so dass man direkt mitkriegte, falls der Koch das Essen versaute, etwa wenn das Eigelb zerlief, obwohl man ein Spiegelei bestellt hatte. Aber Mr. Fahner, der Koch, war gleichzeitig auch der Besitzer, und so was passierte ihm so gut wie nie. Sie roch die Eier, den Speck, die Hamburger, die Erbsensuppe auf der Kochplatte und den dampfenden Kaffee. Sie mochte es, wie sich die verschiedenen Gerüche vermischten.
    Sie hatte Mrs. Pye gefragt, ob sie ihre Mittagspause um halb zwei nehmen könnte statt um zwölf, weil sie gerne hier aß und es zwischen elf und eins am vollsten war. Danach wurde es etwas leerer, so dass man mit ein bisschen Glück ohne zu warten einen Sitzplatz bekam. Sie mochte die zwanglose Atmosphäre hier. Schon als Kind war sie mit ihren Eltern regelmäßig auf eine Limonade oder eine Kugel Eis hergekommen, und später dann, während der Schulzeit, alleine oder mit Freunden. Mr. und Mrs. Fahner hatten sie immer mit Vornamen angesprochen, und während der letzten beiden Jahre, seit der elften Klasse, hatten die beiden darauf bestanden, dass sie sie Pat und Winnie nannte.
    Wenn man einen Milchshake oder eine Malzmilch bestellte, musste man einen Schluck abtrinken, und bekam den Rest aus dem Mixer obendrauf geschüttet. Für die Stammgäste gab es zum Zwei-Kugel-Schokobecher manchmal noch eine dritte Kugel dazu.
    Sie fragte sich, ob das Lokal sich verändert haben würde, wenn sie in einigen Jahren aus dem College kam. Es geschah so vieles in der Welt jenseits von Sparta. Rassenunruhen. Flowerpower. Vietnam. Hasch und Timothy Leary. Eine Imbissstube-Schrägstrich-Eisdiele, selbst eine gut besuchte wie diese, war bereits ein Anachronismus. Das Ende war abzusehen. Wie konnte das schlichte Vergnügen, einen Milchshake zu trinken, mit einem LSD-Trip mithalten? Sie fragte sich, ob die Neuntklässler von heute Lust hatten, den ganzen Abend – oder zumindest bis zehn, wenn der Laden dichtmachte – über einer Cherry-Cola zu hocken, wie sie früher mit ihren Freunden, während sie die neusten Geschichten aus dem Ort austauschten, einander anschmachteten, die im Regal ausliegenden Comics und Magazine lasen und auf den Drehhockern herumwirbelten wie auf einem Karussell im Vergnügungspark. Sie glaubte, die Antwort bereits zu kennen. Es war wirklich ein Jammer, dachte sie. Der nachfolgenden Generation von Jugendlichen würde eine Menge Spaß entgehen. Und etwas, an dem ihr Herz hing, wäre früher oder später für alle Zeiten verschwunden.
    Sie hatte ihr Sandwich halb aufgegessen und merkte, dass der Betrieb inzwischen merklich nachgelassen hatte, als jemand sich auf den freien Hocker neben sie setzte. Sie schaute zur Seite, und da saß Ray Pye.
    Klasse, dachte sie. Echt klasse.
    Er lächelte sie an, eine Augenbraue hochgezogen wie Errol Flynn in Robin Hood. Auch das Grinsen war von irgendwem abgekupfert. Ich weiß zwar nicht, ob er Menschen tötet, so wie Ed behauptet hat, dachte sie, trotzdem ist mir der Typ nicht geheuer. Er hatte ein dünnes gebundenes Buch dabei, etwa so groß wie ein Taschenbuch, und legte es mit der Vorderseite nach unten auf die Theke.
    Ray liest? Nicht möglich.
    »Hi«, sagte er. »Der Laden gefällt dir also auch, ja?«
    In all den Jahren hatte sie ihn noch nie im Sugar Bowl gesehen. Es war ein kleines Lokal in einer Kleinstadt, und sie kannte hier jedes Gesicht. Sollte sie die Begegnung etwa für einen Zufall halten? Der Kerl log doch wie gedruckt.
    Sie nickte und biss in das Sandwich. Der Drang, es schnell hinunterzuschlingen, den Eistee stehen zu lassen und zu verschwinden, war überwältigend. Ihr fiel ein, was Charlie Schilling erzählt hatte. Schulter, Gesicht und Auge aus kaum einem Meter Entfernung. Kopf und Brust, direkt unterhalb des Busens. Die Vorstellung jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Irgendwer hatte diese Morde begangen. Warum also nicht er? Man rechnete ja nicht damit, in seinem Lieblingslokal neben einem Killer zu sitzen. Aber wenn man kein Kind oder Narr war, wusste man, dass so was durchaus vorkommen konnte.
    »Mann, das Essen hier ist echt lecker.«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich bin froh, dich zu treffen. Ich schmeiße heute Abend eine kleine Party. Es kommen jede Menge Leute vorbei. Es gibt was zu essen, Drinks und Musik. Die allerneueste Mucke. Du solltest

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