The Lucky One - Für immer der Deine/Film: Roman (German Edition)
Die Gullys flossen über, und als sie sich der Innenstadt näherte, sah sie überall kleine Rinnsale, die in Richtung Fluss plätscherten. Der Fluss führte noch kein Hochwasser, aber lange würde das nicht mehr auf sich warten lassen, denn in einem Umkreis von achtzig Kilometern mündeten fast alle Nebenflüsse in ihn, und Beth vermutete, dass man schon bald mit Überschwemmungen rechnen musste. Die Stadt konnte damit gut umgehen; solche Unwetter gehörten hier in der
Region zum Leben. Die meisten Geschäfte waren weit genug vom Ufer entfernt, um den Wassermassen weitgehend zu entkommen, es sei denn, die Lage spitzte sich dramatisch zu. Die Straße zum Zwinger verlief allerdings parallel zum Fluss – da war die Situation natürlich problematischer. Bei schweren Regenfällen und vor allem bei einem Hurrikan stieg der Pegel manchmal so hoch, dass es riskant wurde, dort entlangzufahren. Heute drohte allerdings noch keine Gefahr. Doch es konnte durchaus sein, dass im Lauf der Woche bestimmte Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden mussten.
Während der Fahrt ging Beth in Gedanken immer wieder das Gespräch mit Nana durch. Gestern Morgen war ihr alles noch so einfach vorgekommen, aber inzwischen konnte sie bestimmte Fragen einfach nicht mehr wegschieben. Fragen, die Keith betrafen – und Fragen, die Logan betrafen. Wenn es stimmte, dass sich Logan und Keith schon einmal begegnet waren, weshalb hatte Logan das dann nie erwähnt? Und was wollte Keith in Logans Haus? Als Sheriff hatte er Zugang zu allen möglichen persönlichen Daten, also konnte der Einbruch damit nichts zu tun haben. Sie konnte sich die Zusammenhänge nicht erklären.
Und Keith …
Was, wenn Nana und Logan Recht hatten? Angenommen, Keith hatte ihr tatsächlich nachspioniert – und je länger sie darüber nachdachte, desto glaubhafter erschien es ihr –, wie war es dann möglich, dass sie nie etwas davon gemerkt hatte?
Es fiel ihr nicht leicht, sich einzugestehen, dass sie ihn womöglich falsch eingeschätzt hatte. Sie verhandelte
jetzt seit mehr als zehn Jahren mit ihm wegen Ben, und obwohl sie Keith nie für besonders charakterfest gehalten hatte, wäre sie doch nie auf die Idee gekommen, er könnte ihr Privatleben sabotieren. Was für ein Mensch war zu so etwas fähig? Und warum? Nanas Beschreibung – dass sie sein Spielzeug war und er sie mit niemandem teilen wollte – klang so plausibel, dass sich in ihr alles verkrampfte, wenn sie nur daran dachte.
Was sie allerdings am meisten wunderte, war, dass in dieser kleinen Stadt, in der man eigentlich nichts für sich behalten konnte, ihr diesbezüglich nie etwas zu Ohren gekommen war. Warum hatte keiner ihrer Freunde und Nachbarn sie ja darauf angesprochen? Vor allem hätte sie gern gewusst, warum die betreffenden Männer so schweigsam gewesen waren. Und wieso hatten sie nie zu Keith gesagt, er solle sich gefälligst nicht einmischen?
Weil er ein Clayton war. Das musste der Grund sein. Diese Männer konnten sich nicht gegen ihn wehren – aus den gleichen Gründen, weshalb sie, Beth, ihn wegen Ben nicht unter Druck setzte. Manchmal war es leichter, einfach nachzugeben und mitzuspielen.
Wie sie diese Familie hasste!
Aber ging sie mit ihren Schlussfolgerungen nicht doch zu weit? Nur weil Logan und Nana vermuteten, dass Keith sie insgeheim manipulierte, hieß das noch lange nicht, dass es auch stimmte. Und deswegen machte sie jetzt diese Fahrt durch den Regen.
An der großen Kreuzung bog sie links ab. Sie kam durch ein älteres Viertel, das von schönen Villen mit großen, geräumigen Veranden dominiert wurde. Die Straßen waren von riesigen Bäumen gesäumt, die mindestens
hundert Jahre alt waren. Schon als Kind hatte ihr dieser Stadtteil besonders gut gefallen. Traditionellerweise wurden die Häuser in der Weihnachtszeit außen wunderschön geschmückt, und die ganze Nachbarschaft verwandelte sich in eine malerische Winterwelt aus Tausenden von Lichtern.
Sein Haus befand sich etwa in der Mitte der Straße. Das Auto stand im Carport. Davor parkte noch ein zweiter Wagen, was vermutlich bedeutete, dass er Besuch hatte. Aber sie wollte ihr Vorhaben nicht verschieben. Sie hielt am Straßenrand, zog die Kapuze über den Kopf und stieg aus.
Entschlossen platschte sie durch die Pfützen, die sich auf dem Gehweg gebildet hatten, und ging die Stufen zur Veranda hinauf. Im Wohnzimmer brannte Licht, und sie konnte erkennen, dass im Fernsehen ein NASCAR-Rennen lief. Das war bestimmt der Wunsch
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