The New Dead: Die Zombie-Anthologie
wie Sie es nennen.“
„Ich schätze mal, dass ich tatsächlich was von einem Bauerntrampel habe“, sagte der Typ, „aber ich ziehe es vor, wenn man mich Ross nennt. Den Namen hat mir meine alte Dame gegeben.“
„Ach wirklich?“, meinte Ray Martin. „Na gut, dann frage ich Sie mal was, Ross. Können Sie auch irgendwas anderes als Halbe und Ganze spielen? Wie sieht’s mit 14 und 1 endlos aus?“
„Ich weiß, wie’s gespielt wird“, erwiderte Ross.
„Gut. Dann wollen wir mal.“
Es war kein sehr aufregendes Spiel. Nachdem durch einen Münzwurf entschieden worden war, dass Ross den Break machte, brachte er es fertig, den weißen Ball gleich im Loch zu versenken, ohne dass die anderen auch nur seinen Schatten gesehen hatten.
Ray Martin war an der Reihe und versenkte vier Bälle, ehe er beim nächsten Stoß die Tasche verfehlte. Ross versenkte eine Kugel, was aber eher nach einem Glückstreffer aussah, dann verfehlte er wieder, und Ray Martin räumte alle übrigen Kugeln ab. Sie hatten um einen Dollar gespielt, und Ross bezahlte.
„Sie sind gut“, sagte Ross.
„Das hat man mir schon mal gesagt“, erwiderte Ray Martin. „Wolln Sie noch mal?“
„Ich weiß nicht.“
„Natürlich wolln Sie. Sie wolln doch Ihren Dollar zurückhaben, oder etwa nicht?“
Ross kratzte sich an der Nase, rückte seine Eier mit einer Hand zurecht, als würde ihm das helfen, eine Entscheidung zu treffen, und sagte: „Ich schätze mal … Ach, zum Teufel, okay. Ich wette mit Ihnen um den Dollar und dann noch zwei weitere.“
„Ein High Roller.“
„Ich bekomme ein festes Gehalt. Da kann ich ein bisschen was erübrigen.“
Ray Martin grinste ihn wie ein Wolf an, der gerade ein verletztes Kaninchen im Gestrüpp entdeckt hatte.
Wir hatten mittlerweile aufgehört zu spielen und lehnten an der Wand, während wir ihnen zusahen. Eigentlich wussten wir gar nicht, wie 14 und 1 endlos gespielt wurde, taten aber so, als wäre uns völlig klar, was da abging.
Das Spiel verlief ähnlich wie das erste. Ray Martin kreidete seinen Queue ein, während Ross ein paar Dollar aus seiner Brieftasche fischte und bezahlte. Ray Martin rief: „He, Blödmann, komm mal her und bau die Bälle auf. Wenn du’s gut machst, bekommst du ’nen Vierteldollar von mir. Wenn nicht, geb ich dir ’nen Tritt in den Hintern.“
Der Junge baute die Bälle auf. Ross sagte: „Ich weiß gar nicht, ob ich eigentlich noch spielen will.“
„Angst?“, fragte Ray Martin.
„Nun, ich erkenne einen besseren Pool-Spieler, wenn ich ihn sehe.“
„Wie wär’s mit einer weiteren Partie?“, fragte Ray Martin. „Noch ein Spiel, und dann werfen wir das Handtuch.“
Ross schürzte die Lippen und sah so aus, als wäre er am liebsten wieder auf seiner Farm, um es mit einem Kalb oder so zu treiben.
„Was ist? Sie können doch noch zwei oder drei Dollar erübrigen, oder etwa nicht?“, fragte Ray Martin.
„Ich schätze mal, ja“, erwiderte Ross und machte wieder diese Sachen mit seinen Lippen. „Aber ich sag Ihnen was: Wenn Sie noch eine Partie spielen wollen, dann lassen Sie es uns ’ne Nummer größer machen. Ich werde zwar nicht gewinnen, aber ich wette, dass Sie es nicht dreimal hintereinander schaffen. Mein alter Herr sagte immer: Setze auf das dritte Spiel in Folge, denn das gewinnt.“
„Ist er reich?“, fragte Ray Martin.
„Nein“, antwortete Ross.
Ray Martin lachte auf. Es war ein kurzes, scharfes Lachen, als würde ein Hund bellen. „Das stimmt. Selbst jemand, der meistens danebenliegt, muss ab und zu recht haben.“
„Okay, dann also los“, sagte Ross. „Ich vertraue auf meinen alten Herrn. Ich wette mit Ihnen um … sagen wir, zehn Dollar.“
„Das ist mutig.“
„Ja, und ich ändere gleich meine Meinung wieder, wenn ich’s mir noch recht überlege.“
„Oh nein“, sagte Ray Martin. „Sie haben mir das Spiel angeboten.“
„Wenn ich’s mir recht überlege, war das dumm von mir“, erwiderte Ross. „Da sind wohl die Pferde mit mir durchgegangen. Wollen wir’s nicht einfach lassen? Mein alter Herr hat noch nicht einmal recht, wenn er sagt, dass es regnen wird.“
„Nein. Sie sind mit von der Partie. Der Blödmann baut die Kugeln auf. Na los, Landjunge, wir wollen spielen.“
Wenn man es ganz genau betrachtet, sind wir natürlich alle Landjungen, nur dass einige von uns zur Tarnung in der Stadt leben. Doch dieser Ross war ein richtiges Arschloch. Er versuchte nocheinmal, aus der Sache herauszukommen, und sagte:
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