The Road of the Dead
Bedauern, keine Floskeln. Für mich war das in Ordnung und ich glaube, im Prinzip war es für Cole auch okay – doch es gehörte sich eben nicht. Und darum war es ein bisschen irritierend.
»Wir haben heute Morgen DC Merton getroffen«, sagte Cole. »Er ist der zuständige Kriseninterventions-Beamte für unsere Familie …«
»Ich weiß, wer das ist«, sagte Pomeroy.
»Er hat uns auf dem Laufenden gehalten, wie es mit den Untersuchungen vorangeht.«
Pomeroy nickte. »Das ist Teil seiner Aufgabe.«
»Stimmt«, sagte Cole. Seine Stimme klang gereizt. Er schaute zu Boden, holte ein paar Mal Luft, um ruhig zu werden, dann sah er Pomeroy wieder an. »Und Sie sind hier der leitende Untersuchungsbeamte, ist das korrekt?«
Pomeroy nickte.
»Okay«, sagte Cole. »Was können Sie uns erzählen?«
»Was wollen Sie wissen?«
|44| »Ich sag Ihnen mal was«, antwortete Cole ruhig. »Wie wär’s, wenn Sie uns erst mal erklären, warum Sie uns hier wie Scheiße behandeln? Dann können wir ja vielleicht von da aus weiterkommen.«
Pomeroy blinzelte nicht mal. »Ich war mir nicht bewusst, dass ich Sie wie Scheiße behandle. Natürlich entschuldige ich mich, wenn Sie es so empfinden, aber ich kann Ihnen versichern, das war nicht meine Absicht. Ich warte nur einfach darauf, dass Sie mir sagen, was Sie wollen.« Er zeigte wieder sein fieses Lächeln. »Ich weiß, es ist manchmal nicht leicht, in solchen Situationen die richtigen Worte zu finden, aber wenn es Ihnen darum geht, die Leiche zu sehen –«
»Wir wollen die Leiche nicht sehen«, sagte Cole.
»Was dann? Falls Sie wegen der persönlichen Dinge Ihrer Schwester da sind – ich fürchte, die müssen wir noch eine Weile hierbehalten. Einen Teil werden Sie vielleicht in ein paar Tagen zurückbekommen, aber ihren Regenmantel und ihre Kleidung brauchen wir noch als Beweis –«
»Wir wollen auch nichts von Rachels Sachen.«
Pomeroy runzelte die Stirn. »Entschuldigung – dann weiß ich nicht, was ich sonst für Sie tun kann.«
»Wir wollen sie beerdigen.«
»Wie bitte?«
»Wir wollen Rachel beerdigen. Wir können sie aber nicht beerdigen, solange Sie nicht den Mann erwischt haben, der sie umgebracht hat.«
»Ich verstehe …«
»Haben Sie ihn inzwischen?«
Pomeroy rieb sich den Mund. »Also, ich bin sicher, DC Merton |45| hat Ihnen erklärt, dass wir eine Reihe von Spuren verfolgen –«
»Was für Spuren?«
»Das kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen.«
»Warum nicht?«
»Es könnte die Untersuchung gefährden.«
»Wie?«
Pomeroy sah Cole lange scharf an. »Das hier ist nicht hilfreich, wissen Sie. Sie müssen uns schon vertrauen, dass wir unseren Job machen. Wir wissen, was wir tun – glauben Sie mir. Es gibt nichts, was wir
nicht
tun, um den Mörder Ihrer Schwester zu finden und vor Gericht zu stellen.«
»Wissen Sie, wer’s war?«
»Tut mir leid, ich kann Ihnen keine Details nennen. Am besten, Sie fahren nach Hause und warten ab. Sobald wir was Neues haben, setzen wir uns mit DC Merton in Verbindung und er wird Sie informieren.« Pomeroy stand auf, schaute zu uns herab und wartete, dass wir gingen. Als wir uns nicht rührten, schüttelte er den Kopf. »Sehen Sie«, sagte er, »wenn Sie wollen, dass ich den ganzen Tag hier sitze und mit Ihnen rede, okay. Aber wenn Sie möchten, dass ich meinen Job erledige, dann schlage ich vor, Sie lassen mich weiterarbeiten.«
Cole saß bloß da und schaute ihn eine Weile an, dann kam er doch noch auf die Füße. Auch ich stand auf. Pomeroy begleitete uns zur Tür. Ich sah Cole an und fragte mich, warum er so schnell aufgab, doch als ich merkte, wie er Pomeroys Hinterkopf anstarrte, war mir klar, dass er das kein bisschen tat. Ich hätte es wissen müssen, denn so was wie Aufgeben kennt Cole überhaupt nicht.
An der Tür blieb Pomeroy stehen und legte Cole seine Hand auf |46| die Schulter. »Noch eine Sache, ehe Sie gehen«, sagte er leise. »Ich weiß nicht genau, was Sie vorhaben, aber ich hoffe, Sie bilden sich nicht ein, dass Ihnen Ihre Situation das Recht zu irgendwelchen Spezialaktionen gibt. Ich weiß, Sie sind Opfer, und ich weiß, Sie machen eine schreckliche Zeit durch, aber das erhebt Sie nicht über das Gesetz. Verstehen Sie mich?«
»Nein«, sagte Cole.
Pomeroy seufzte. »Es gibt keine Geheimnisse bei einer Morduntersuchung, Junge. Wir müssen in alles Einblick nehmen – in die Welt des Opfers, der Freunde, der Familie …« Er machte eine Pause, um das Gesagte wirken zu
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