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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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stickig. Eine Welt ohne Lächeln.
    Ein Busbahnhof eben.
    Ich schaute nach den Fahrplänen. Der nächste Bus nach Lychcombe fuhr in einer halben Stunde, was nicht schlecht war, wenn man bedachte, dass der letzte vor fünf Stunden gefahren war.
    Wir gingen ins Bahnhofscafé. Cole kaufte für mich ein paar Fleischpasteten und eine Cola, für sich einen Kaffee und wir trugen die Sachen hinüber zu einem Tisch am Fenster. Dort saßen wir eine Weile schweigend – Cole schlürfte seinen Kaffee, ich mampfte mich durch die Happen aus matschigem Teig und Knorpeln – und stierten beide ziellos durch die dreckverschmierte Fensterscheibe. Viel zu sehen gab es nicht. Betonpfeiler. Bänke aus Metall. Kaputte Schokoladenautomaten. Busse schwankten und |51| rumpelten um die Bahnhofshalle, ehe sie vibrierend und zischend an ihren Parkbuchten hielten. Leblose Menschen schlurften umher und wirkten verloren oder gelangweilt oder auch beides.
    Es war ein lebloser Ort.
    Leblos und kalt.
    Ich sah Cole an. Seine Augen regten sich nicht und starrten ins Leere.
    »Ich hab über den Regenmantel von Rachel nachgedacht«, sagte ich zu ihm.
    »Was?«
    »Rachels Regenmantel.«
    Er sah mich an. »Was ist damit?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Es ist nur, weil Merton gesagt hat, sie hätten die Busfahrkarte in ihrem Regenmantel gefunden, und Pomeroy hat auch von ihrem Regenmantel gesprochen.«
    »Ja, und?«
    »Rachel hatte überhaupt keinen Regenmantel.«
    »Was?«
    »Sie besaß keinen Regenmantel.«
    »Bist du sicher?«
    »Ziemlich sicher.«
    »Woher weißt du das?«
    »Keine Ahnung   … ich
weiß
es eben. Ich hab sie nie einen tragen sehen. Die einzigen Mäntel, die Rachel trug, waren diese kurzen Dinger mit Reißverschluss. Sie war nicht der Regenmantel-Typ. Denk doch mal nach, Cole. Kannst du dir Rachel in irgendeiner Art von Regenmantel vorstellen?«
    Er überlegte, schloss die Augen und versuchte, sie sich vorzustellen   …
    |52| »Glaub’s mir«, sagte ich und erlöste ihn aus seinem Elend. »Sie hat nie einen Regenmantel gehabt.«
    »Vielleicht hat sie sich ja einen gekauft«, gab er zu bedenken. »Es hat geregnet an diesem Abend. Vielleicht hat sie sich einen Regenmantel gekauft.«
    »Oder geliehen.«
    Ich schaute durch das Fenster nach draußen, während ich sprach, und mein Blick war plötzlich wie versteinert. Ich starrte Rachels Geist an. Sie war da. Ich konnte sie sehen. Sie saß
direkt
vor mir – auf einer Bank des Busbahnhofs, umgeben von Einkaufstüten, und las irgendein Hochglanzmagazin.
    Ich wusste, es war kein Geist, und ich wusste auch, es war nicht Rachel, doch für einen flüchtigen Augenblick stieg die Selbsttäuschung in mir hoch wie ein Blitz:
Alles falsch   … sie ist gar nicht tot   … das war ein Irrtum   … es war jemand anderes   … es war jemand anderes   …
    »Ruben?«
    Es war kein Irrtum.
    »Rube?«
    Ich drehte mich zu Cole um. »Ja   …?«
    »Hast du gehört, was ich gesagt hab?«
    »Was?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hab dich gefragt, von wem Rachel sich einen Regenmantel geliehen haben könnte.«
    »Von
ihr
«, sagte ich und nickte durch das Fenster in Richtung des Mädchens, das kein Geist war. »Von Abbie Gorman.«
     
    Wir verließen das Café und gingen hinüber zu der Bank, auf der Abbie saß. Sie trug Hüftjeans, einen engen schwarzen Pulli und |53| ihre Augen waren hinter einer Sonnenbrille versteckt.
    »Bist du sicher, das ist sie?«, fragte mich Cole.
    »Ja.«
    Ihre Ähnlichkeit mit Rachel beunruhigte ihn. Ich sah die Beklemmung in seinen Augen und ich spürte, wie er gegen die Bilder ankämpfte, die sie in seinem Innern aufwühlte.
    Bilder von Rachel.
    Auch ich sah diese Bilder.
    Als wir auf die Bank zugingen und direkt davor stehen blieben, ließ Abbie ihre Zeitschrift sinken und schaute über den Rand der Sonnenbrille zu uns hoch.
    »Entschuldigung«, sagte Cole. »Ich hoffe, es stört dich nicht   –«
    »Was?«, antwortete sie scharf. »Was wollt ihr?«
    »Bist du Abbie Gorman?«
    In ihren Augen blitzte die Angst. »Wieso? Wer seid ihr? Was wollt ihr?«
    »Ich bin Cole Ford, das ist Ruben. Wir sind Rachels Brüder.«
    Abbies Kinn fiel herab und sie starrte uns mit offenem Mund an. Die erste Angst war aus den Augen gewichen, aber es lag jetzt etwas anderes in ihrem Blick, etwas Tiefersitzendes. Ich wusste nicht, was es war, doch es wirkte nicht gut.
    »Du bist
Cole
?«, fragte sie.
    Cole nickte.
    Sie sah mich an und ihre Augen weiteten sich, als sie mich erkannte. »Ruben?

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