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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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grinste wieder. »Ich hätte auch gern so einen Bruder, der mir die bösen großen Jungs vom Leib hält.« Er spähte theatralisch überall umher, dann drehte er sich wieder zu mir. »Sieht allerdings so aus, als ob du heute allein wärst.«
    »Das würde ich nicht sagen.«
    »Nein?« Er schaute wieder herum und blickte durch Jess hindurch, als gäbe es sie gar nicht. »Ich seh sonst niemanden«, sagte er und wandte sich an die Kartoffel. »Siehst du irgendwen, Nate?«
    »Scheiße, seh ich nicht«, grunzte die Kartoffel.
    Red wandte sich wieder zu mir. »Du musst Geister sehen. Gibt hier oben ’ne Menge davon – Kobolde und solchen Mist, Trolle und Gespenster   …« Er hob die Hand, riss die Augen auf und stöhnte, wie ein Kind, das einen Geist spielt. Dann ließ er die Hand wieder sinken und zwinkerte mir zu. »Jaja, hier oben hat es schon immer ziemlich viel totes Zeug gegeben.«
    Ich dachte an Cole und wünschte mir, dass er jetzt hier wäre, wünschte mir, ich wäre wie er und könnte so etwas aushalten, ohne dass mein Herz auf und ab hüpfte wie ein Frosch. Ich wünschte mir, ich hätte Kontrolle über das, was in mir vorging – |156| die Mechanismen, Signale, Reaktionen   –, aber ich wusste, es war sinnlos.
    »Was machst du eigentlich hier oben?«, fragte mich Red. »Das hier ist Forstwirtschaftsgelände. Privatbesitz. Du bist widerrechtlich hier eingedrungen.«
    »Du hast das Gesetz gebrochen«, fügte Nate, die Kartoffel, hinzu. Er sprach so nachlässig und mit derart starkem Akzent, dass ich kaum verstand, was er sagte. Ich sah ihn an. Sein Mund stand offen, die Zunge brauchte zu viel Platz.
    »Was?«, fragte ich.
    »Woss?«, wiederholte er.
    Plötzlich stieß Jess ein Stöhnen aus – ein lautes, übertrieben gelangweiltes Gähnen – und sofort schaltete alles zu ihr um. Nate und die Bohne schwenkten bloß einfach die Köpfe und starrten sie an, doch Red zog wieder eine große Show ab – riss die Augen auf und sprang in gespielter Überraschung zurück, als wäre Jess gerade erst aus dem Nichts aufgetaucht.
    »Scheiße«, sagte er grinsend und hielt sich die Hände vor die Brust, »wo kommst denn du her? Ich hätte fast einen Herzinfarkt gekriegt. Wie
machst
du das?«
    Jess sagte nichts, sondern starrte ihn nur mit einem leichten Kopfschütteln an.
    Red beugte sich vor und hielt eine Hand hinters Ohr. »Komm schon, sag was. Sag mir, wie du das machst. Na
komm
, sei nicht so schüchtern – ich beiß nicht.« Als Jess immer noch nicht antwortete, grinste er wieder und sprach zu ihr in idiotischer Ausländersprache. »Du   … sprechen   … Englisch? Nein? Du   … Zigeuner? Ja?«
    Jess’ Augen gaben nichts preis.
    |157| Red beugte sich zurück und sprach mit der Kartoffel. »Kennst du irgendwelche Zigeunerwörter, Nate?«
    »Teer«, grunzte Nate, »Wohnwagen   … ich bin’s nicht gewesen   …«
    »Igel«, ergänzte Bohne.
    Red lachte. »Igel?«
    »Die essen die.«
    »Die essen alles«, sagte Nate.
    »Sag bloß.«
    Jetzt fingen sie wieder an zu lachen. Ich war mir sicher, Jess machte sich nichts daraus. Sie wusste so gut wie ich, dass dieses Gerede nichts weiter bedeutete. Es war bloß eine Art Aufwärmen, ein Schwall heißer Luft, ein bisschen Sparring, um in Fahrt zu kommen. Wenn das Lachen aufhörte – erst dann musste man sich wirklich Sorgen machen.
    Ich blickte kurz zu Jess hinüber. Sie stand mit den Armen nach unten gestreckt und hatte die Handflächen nach hinten gedreht, um die beiden Hunde hinter sich zurückzuhalten. Sie saßen regungslos da, die Kiefer fest zusammengebissen und die Augen auf Red und seine Jungs fixiert.
    Red sagte zu Nate: »Gib ihr das Kaninchen.«
    »Was?«
    »Das Kaninchen   … gib ihr dein Kaninchen.«
    »Wieso?«
    Red überhörte ihn und wandte sich an Jess. »Du wollen Kaninchen? Süßes kleines Häschen?« Er machte Essbewegungen dazu, leckte die Lippen und rieb sich den Bauch. »Nam nam nam, lecker   … willst du?« Er grinste sein Grinsen. »Du wollen frisch Fleisch? Schmeckt gut.«
    |158| »Hey, Arschloch«, sagte Jess leise. »Komm zur Sache, okay?«
    Red lehnte sich zurück und zog wieder die Nummer mit der gespielten Überraschung ab. »Entschuldigung, hast du was
gesagt

    »Schau«, sagte sie geduldig, »wir haben alle was Besseres zu tun, als hier rumzustehen und dir den ganzen Tag zuzuhören. Also warum kürzt du die Scheiße nicht ab? Die lustigen Zigeunerwitzchen und die dreckigen kleinen Anspielungen hatten wir schon   … was kommt

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