The Road of the Dead
den Jungen und bring ihn runter ins Bridge … hol den Jungen und bring ihn runter ins Bridge … hol den Jungen und bring ihn runter ins Bridge.
Ich bin unten, gleite durch Chaos, Tumult, hektisches Geschrei voller Gewalt und Hass, Grausamkeit und Schmerz, Bleirohre, Messer und zusammenkrachende Köpfe.
Zigeuner sind zum Kämpfen geboren.
Ich bin der Strohkopf, der in der Küche auf die Rockertypen eindrischt. Ich bin der schwarzhaarige Zigeunerjunge, der einen Kapuzentypen mit einem Stein niederschlägt. Ich bin Träne, der mit einem Skalpell auf den Jungen zuspringt. Ich bin der Kampf in ihren Herzen. Ich verliere mich darin. Entgleite jeder Kontrolle …
Ich bin in der Scheune, kauere in dem krachenden Sturm. Mir ist kalt. Ich zittere. Es ist dunkel. Ich habe Angst.
Red kommt gleich und holt mich.
Ich bin gebrochen.
Red kommt gleich.
Ich sehe tote Kaninchen und Hunde, Weißdorn, Steine und zuckende Ratten mit scharfen gelben Zähnen …
Und dann sind sie plötzlich fort. All meine Bilder, all meine Orte, all meine verschiedenen Welten … alles hat sich zu einem vereint. Zu einem Ort, einer Zeit, gleich hier, gleich jetzt.
Ich bin zurück im Herzen meines Bruders.
Das Chaos hat sich beruhigt und im Haus herrscht Ruhe. Der Kampf ist vorbei. Das Einzige, was noch daran erinnert, ist ein |295| murmelndes Geräusch der Nachwehen – stöhnende Körper, schlurfende Füße, Schniefen und Husten, gesenkte Stimmen. Das Haus leert sich allmählich. Die meisten von Quentins Leuten sind schon fort, versprengt in die Nacht, und nun ziehen auch die Zigeuner ab. Sie haben Quentins Leute besiegt, sie haben sie vertrieben, sie haben die Verwundeten in dem unteren Zimmer eingeschlossen und draußen eine Wache postiert. Sie haben das Haus von oben bis unten durchsucht, überall nach mir gefahndet, sie haben Henry Quentin oben im Zimmer festgehalten und warten darauf, dass Cole aufkreuzt.
Und jetzt ist er hier.
Mit mir in seinem Herzen.
Er steht vor Henry Quentin und zielt mit einer abgesägten Flinte auf seinen Kopf. Reason steht rechts von ihm und raucht eine Zigarre, Jess steht links. Quentin sitzt noch an seinem Schreibtisch. Immer noch ruhig, immer noch aufrecht, immer noch lächelnd unter der Haut. Genau in diesem Moment studiert er Reason und Jess – betrachtet sie flüchtig, taxiert sie, wie ein Bauer, der Vieh betrachtet. Sein Blick wandert an Jess auf und ab, dann nickt er kurz und konzentriert sich auf Reason.
»Sie überraschen mich, Mr Delaney«, sagt er. »Ihnen hatte ich weitaus weniger zugetraut.«
Reason antwortet nicht, sondern starrt Quentin nur an und spuckt ein Stück Tabak von der Zunge.
Quentin wendet sich an Jess. »Wenn Sie hinter Red her sind, meine Liebe, fürchte ich, kommen Sie zu spät – Sie müssen ihn gerade verpasst haben.«
Jess schaut ihn einen Moment an, dann dreht sie sich zu Cole weg. »Reds Wagen steht noch draußen, aber von ihm fehlt jede |296| Spur. Er muss durch den Keller entwischt sein.«
Cole nickt.
Reason sagt: »Wahrscheinlich ist er unterwegs und holt deinen Bruder.«
Cole nickt noch einmal. Die ganze Zeit hat er den Blick nicht von Quentin gewendet. Ich spüre seinen Finger am Abzug der Flinte und ich weiß, er will abdrücken. Er will Quentins Blut. Er will, dass er stirbt.
Aber mehr als das will er mich.
»Wo ist er?«, fragt er und hebt die Flinte an seine Schulter.
Quentin starrt am Gewehrlauf vorbei auf Cole, der Blick so entschlossen wie immer. »Ich glaube, das Thema hatten wir schon.«
»Mein Bruder – wo ist er?«
»Oh, Ihr
Bruder«
, sagt Quentin. »Tut mir leid, ich dachte, Sie meinten John Selden. Suchen Sie gar nicht mehr nach Selden?«
Damit hat es sich für Cole. Das reicht. Genug Spielchen, genug Worte, genug Zurückhaltung. Genug von allem. Nichts mehr. Es ist Zeit, die Sache zu Ende zu bringen.
Er sagt zu Reason: »Geh nach unten und schau, ob du rausfindest, wo Red hingefahren ist. Ich nehme zwar an, dass niemand Bescheid weiß, aber frag trotzdem. Sag, wenn du was rauskriegst – okay?«
Reason nickt.
Cole sieht Jess an. »Geh mit ihm.«
»Was ist mit dir?«, fragt sie. »Was hast du vor?«
Cole hält ihrem Blick einen Moment stand, dann schaut er weg, ohne zu antworten. Sie starrt ihn noch eine Weile an, dann nimmt Reason sie vorsichtig in den Arm und führt sie zur Tür. Als sie das Zimmer verlassen, schaut sie noch einmal zurück zu Cole – ihr |297| Blick voller Gefühle, die ich nicht verstehe –, und
Weitere Kostenlose Bücher