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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Fußboden. Er zersplitterte wie eine Bombe, und Franny schrie und fuhr sich mit den Händen an die Wangen, die unter ihren Fingern Falten bildeten. Die unbestimmte, apathische Ferne verschwand aus ihren Augen, die plötzlich hart und fest blickten. Es war, als hätte man ihr eine kräftige Ohrfeige gegeben oder eine offene Ammoniakflasche unter die Nase gehalten.
    Man kann eine Leiche nicht im Haus behalten. Nicht im Hochsommer.
    Die Apathie kam wieder zurück und nahm dem Gedanken die Konturen. Das ganze Ausmaß des Entsetzens wurde verschwommen, gedämpft. Sie lauschte wieder dem leisen Klirren und Fallen der Eiswürfel...
    Sie kämpfte dagegen an. Sie sprang auf, ging zur Spüle, drehte das kalte Wasser voll auf und spritzte sich aus hohlen Händen ins Gesicht, ein angenehmer Schock für ihre leicht verschwitzte Haut. Sie konnte ihre Gedanken abschweifen lassen, soviel sie wollte, aber zuerst mußte dieses Problem gelöst werden. Sie konnte ihn nicht einfach dort oben im Bett liegenlassen, wenn der Juni in den Juli überging. Das wäre zu sehr wie die Geschichte von Faulkner, die in allen College-Lesebüchern zu finden war, »Eine Rose für Emily«. Die Stadtväter hatten nicht gewußt, um was es sich bei dem entsetzlichen Gestank handelte, aber nach einer Weile war er verschwunden. Er... er...
    »Nein!« schrie sie laut in die sonnige Küche hinein. Sie lief hin und her und dachte darüber nach. Ihr erster Gedanke galt dem örtlichen Bestattungsunternehmer. Aber wer würde... würde...
    »Hör auf, dich davor zu drücken!« schrie sie wütend in die leere Küche. »Wer wird ihn begraben ?«
    Und beim Klang ihrer eigenen Stimme fiel ihr auch die Antwort ein. Es war völlig klar. Sie natürlich. Wer sonst? Sie selbst. 

    Es war zwei Uhr dreißig nachmittags, als sie ein Auto in die Einfahrt einbiegen hörte, dessen starker Motor bei niedriger Drehzahl selbstgefällig schnurrte. Frannie stellte den Spaten an den Rand der Grube - sie hob sie im Garten zwischen Tomaten und Salat aus - und drehte sich ein wenig ängstlich um.
    Das Auto war ein brandneuer Cadillac Coupe de Ville, flaschengrün, und heraus stieg der fette sechzehnjährige Harold Lauder. Frannie empfand sofort Widerwillen. Sie mochte Harold nicht und kannte auch keinen, der ihn mochte, einschließlich seiner verstorbenen Schwester Amy. Wahrscheinlich hatte seine Mutter ihn gemocht. Frannie nahm voll müder Ironie zur Kenntnis, daß der einzige Mensch, der sich außer ihr noch in Ogunquit aufhielt, ausgerechnet einer der wenigen sein mußte, die sie nicht ausstehen konnte. Harold gab das literarische Magazin der High School von Ogunquit heraus und schrieb seltsame Kurzgeschichten, die im Präsens oder vom Standpunkt der zweiten Person aus geschrieben waren, oder beides.
    Du kommst den Korridor des Deliriums entlang, zwängst dich mit der Schulter durch die gesplitterte Tür und siehst dir die Stars der Rennbahn an - das war Harolds Stil.

    »Er wichst sich in die Unterhosen«, hatte Amy Fran einmal im Vertrauen erzählt. »Eklig, was? Wichst sich in die Unterhosen und trägt dasselbe Paar so lange, bis sie von alleine stehen.«
    Harold hatte schwarzes, fettiges Haar. Er war ziemlich groß, ungefähr ein Meter fünfundachtzig, aber er wog fast hundertzwanzig Kilo. Er trug gern spitze Cowboystiefel und einen breiten Ledergürtel, den er ständig hochzog, weil seine Wampe um einiges dicker war als sein Hinterquartier, dazu geblümte Hemden, die sich um ihn bauschten wie Stagsegel. Frannie war es gleichgültig, wie oft er wichste, wieviel er wog und ob er in dieser Woche Wright Morris oder Hubert Selby jr. imitierte. Aber wenn sie ihn sah, fühlte sie sich immer unbehaglich und leicht angeekelt, als ob sie fast telepathisch spürte, daß jeder Gedanke, den Harold hatte, leicht mit Schleim überzogen war. Sie glaubte nicht, daß Harold gefährlich werden könnte, nicht einmal in dieser Situation, aber er würde wahrscheinlich genauso unangenehm sein wie immer, vielleicht noch unangenehmer.
    Er hatte sie nicht gesehen. Er sah am Haus empor. »Jemand da?« schrie er. Dann griff er durch das Fenster in den Cadillac und drückte auf die Hupe. Das Geräusch zerrte an Frannies Nerven. Sie hätte sich ruhig verhalten, aber wenn Harold sich umdrehte, um wieder ins Auto einzusteigen, mußte er die Grube sehen, auf deren Rand sie saß. Einen Augenblick war sie versucht, tiefer in den Garten zu kriechen, um sich zwischen Erbsen und Bohnen hinzulegen und darauf zu

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