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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war wie ein seltsames lebendes, von Kohleadern durchzogenes Stück Fels. Sie döste... sie schlief. Ihr Herz, dessen Wände jetzt so dünn waren wie Seidenpapier, schlug, wie es während der letzten 39475 Tage jede Minute geschlagen hatte. Wie bei einem Baby in der Wiege hätte man die Hand auf ihre Brust legen müssen, um festzustellen, ob sie überhaupt atmete.
    Aber das Lächeln blieb.
    Seit den Jahren, da sie ein Mädchen gewesen war, hatte sich alles sehr verändert. Die Freemantles waren als befreite Sklaven nach Nebraska gekommen, und Abagails eigene Urenkelin Molly hatte einmal auf gemeine, zynische Weise gelacht und angedeutet, dass das Geld, mit dem Abbys Vater ihr Haus gekauft hatte - Geld, das ihm Sam Freemantle aus Lewis, South Carolina, als Lohn für die acht Jahre bezahlt hatte, die ihr Daddy und seine Brüder nach Ende des Bürgerkriegs geblieben waren -, »Gewissensgeld« gewesen sei. Abagail hatte den Mund gehalten, als Molly das gesagt hatte - Molly und Jim und die anderen waren jung und verstanden nur extrem Gutes und extrem Böses - aber innerlich hatte sie die Augen verdreht und zu sich gesagt: Gewissensgeld? Nun, kann es denn Geld geben, das sauberer ist?
    Die Freemantles hatten sich also in Hemingford Home niedergelassen, und Abby war als letztes Kind ihrer Eltern hier geboren worden. Ihr Vater hatte es verstanden, die Leute umzustimmen, die weder von Niggern kaufen noch ihnen etwas verkaufen wollten; er erwarb immer nur ein kleines Stück Land auf einmal, um keinen zu beunruhigen, der sich wegen »dieser schwarzen Dreckskerle in Columbus« Sorgen machte; er war der erste im Polk-County gewesen, der den Fruchtwechsel einführte, der erste, der Kunstdünger verwendete; und im März 1902 war Gary Sites ins Haus gekommen, um John Freemantle mitzuteilen, daß er in die Farmervereinigung aufgenommen worden war. Er war der erste Schwarze im ganzen Staat Nebraska, der das geschafft hatte. Das war ein großartiges Jahr gewesen.
    Ihr kam in den Sinn, daß jeder, der auf sein Leben zurückblickte, sich ein Jahr herausgreifen und sagen konnte: »Das war das beste.« Es schien, als gäbe es für jeden eine Jahreszeit, wenn alles sich zusammenfügte, passend und harmonisch und voller Wunder. Erst später machte man sich Gedanken darüber, warum es so gekommen war. Es war, als würde man zehn Köstlichkeiten zugleich in den Kühlschrank tun, so daß jede ein wenig den Geschmack der anderen annahm. Die Pilze schmeckten nach Schinken, der Schinken nach Pilzen; das Wildbret hatte einen Hauch des wilden Geschmacks von Rebhuhn und das Rebhuhn einen winzigen Hauch Gurke. Im späteren Leben wünschte man sich vielleicht, daß all die guten Dinge, die man in einem einzigen Jahr bekommen hatte, etwas besser verteilt gewesen wären, daß man eines der goldenen Dinge nehmen und über einen Zeitraum von vielleicht drei Jahren verteilen könnte, in denen einem nichts Gutes widerfahren war, an das man sich erinnern konnte, nicht einmal etwas Schlechtes. Aber es hatte eben alles seinen geregelten Gang genommen, wie es nun mal auf dieser Welt sein sollte, die Gott geschaffen und Adam und Eva um ein Haar zerstört hatten - die Wäsche war gewaschen, die Böden waren geschrubbt, die Kinder versorgt und die Kleider genäht worden; drei Jahre, in denen nichts den einförmigen grauen Strom der Zeit unterbrochen hatte, abgesehen von Ostern, dem 4. Juli, Erntedank und Weihnachten. Aber die Art und Weise, wie Gott seine Wunder wirkte, war für die Menschen unergründlich, und für Abby Freemantle und ihren Vater war 1902 ein großartiges Jahr gewesen. 
    Abby hielt sich für die einzige in der Familie - das heißt, abgesehen von ihrem Daddy -, die begriff, was für eine große, fast beispiellose Sache es war, in die Farmervereinigung aufgenommen zu werden. Er war der erste Neger in Nebraska, wahrscheinlich der erste in den Vereinigten Staaten. Er machte sich keinerlei Illusionen über den Preis, den er und seine Familie in Form von grausamen Witzen und Diskriminierungen jener Männer bezahlen mußten - zu allererst von Ben Conveigh -, die dagegen gewesen waren. Aber Daddy sah auch ein, daß Gary Sites ihm mehr als eine Chance zum Überleben gab: Gary gab ihm die Möglichkeit, wie alle anderen im Maisgürtel zu Wohlstand zu kommen.
    Als Mitglied der Vereinigung würde er keine Probleme mehr haben, gutes Saatgut zu kaufen. Und er mußte seine Ernte nicht mehr bis Omaha bringen, um einen Käufer zu finden. Die Mitgliedschaft in der

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