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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dem überstehenden Erker über der Tür, wo es bis zu den Speichen in Generationen duftender verwesender Espenblätter stand. Er hatte den Grundstock für eine Büchersammlung gelegt, die er sich immer gewünscht hatte, aber in den Jahren seiner Wanderschaft nicht hatte zulegen können. Damals war er ein fleißiger Leser gewesen (heutzutage schien er kaum einmal soviel Zeit zu haben, daß er sich lange mit einem guten Buch hinsetzen konnte), und manche der Bücher, die auf den Regalen standen - Regalen, welche größtenteils noch leer waren -, waren alte Freunde, manche hatte er erstmals für zwei Cent pro Tag aus Leihbüchereien geliehen; in den zurückliegenden Jahren hatte er nie lange genug in einer Stadt gelebt, sich einen regulären Leihausweis zu besorgen. Andere Bücher hatte er noch nicht gelesen; es waren Bücher, auf die ihn die Ausleihkataloge der Bibliotheken gebracht hatten. Während er mit Filzstiften und Schreibpapier dasaß, lag so ein Buch neben seiner rechten Hand auf dem Schreibtisch - Set This House on Fire von William Styron. Er hatte die Stelle, wo er war, mit einem Zehndollarschein markiert, den er auf der Straße gefunden hatte, wo ihn der Wind in den Rinnstein wehte, und er war immer noch überrascht und amüsiert, wie viele Menschen - er selbst eingeschlossen - noch stehenblieben und sich danach bückten. Und warum? Bücher waren jetzt umsonst. Einfälle waren umsonst. Manchmal begeisterte ihn dieser Gedanke. Manchmal machte er ihm Angst.
    Das Papier, auf dem er schrieb, war in einem Ringbuch, in dem er alle Gedanken aufschrieb - der Inhalt des Ringbuchs war halb Tagebuch und halb Einkaufsliste. Er hatte festgestellt, daß er in Listen geradezu vernarrt war; er dachte, einer seiner Vorfahren mußte Buchhalter gewesen sein. Er hatte festgestellt, wenn man Sorgen hatte, schwanden diese häufig, wenn man eine Liste erstellte.
    Er wandte sich wieder der leeren Seite vor sich zu und kritzelte müßig auf den Rand.
    Ihm schien, als wäre alles, was sie heute noch aus dem alten Leben wollten oder brauchten, im stummen Kraftwerk in East Boulder gelagert, wie verstaubte Schätze in einem dunklen Schrank aufbewahrt wurden. Ein unbehagliches Gefühl schien sich unter den Leuten breitzumachen, die sich in Boulder versammelt hatten, ein Gefühl dicht unter der Oberfläche - sie waren wie ängstliche Kinder, die sich nach Einbruch der Dunkelheit im hiesigen Spukhaus herumtrieben. In gewisser Weise glich der Ort einer widerlichen Geisterstadt. Es herrschte ein Gefühl vor, daß der Aufenthalt hier nur vorübergehend war. Sie hatten einen Mann unter sich, einen Burschen namens Impening, der früher als Aufseher in der IBMNiederlassung an der Boulder-Longmont-Diagonale gearbeitet hatte. Impening schien es darauf angelegt zu haben, Unruhe zu stiften. Er lief herum und erzählte den Leuten, daß am 14. September 1974 in Boulder fünf Zentimeter Schnee gelegen hatten und es im November schon so kalt sein konnte, daß einem Messingaffen die Eier abfroren. Solchem Gerede hätte Nick gern ein schnelles Ende bereitet. Wenn Impening in der Armee gewesen wäre, hätte man ihn wegen solcher Panikmache unehrenhaft entlassen; aber das war eine leere Logik, wenn es überhaupt eine war. Wichtig war, dass Impening mit seinem Gerede nichts ausrichten würde, wenn die Leute in Häuser ziehen konnten, in denen das Licht funktionierte und die Heizung auf Knopfdruck heiße Luft in die Räume blies. Wenn das vor dem ersten Kälteeinbruch nicht erreicht war, würden die Leute sich einfach davonmachen, fürchtete Nick, und alle Versammlungen und Repräsentanten und Ratifizierungen der Welt würden sie nicht aufhalten können.
    Laut Ralph war im Kraftwerk kein erheblicher Schaden entstanden, jedenfalls kein sichtbarer. Das Personal hatte einige Maschinen abgestellt, andere hatten sich selbsttätig ausgeschaltet. Zwei oder drei große Turbinenmotoren waren durchgeschmort, wahrscheinlich als Folge eines letzten starken Stromstoßes. Ralph sagte, ein paar Kabel müßten ausgewechselt werden, aber er dachte, er und Brad Kitchner und ein Team von einem Dutzend Männern könnten das hinkriegen. Ein weitaus größerer Arbeitstrupp war erforderlich, um verschmorte, schwarze Kupferleitungen aus den durchgebrannten Motoren zu entfernen und meterweise neuen Kupferdraht einzuziehen. In den Großhandlungen in Denver lag genügend Kupferdraht bereit; Ralph und Brad waren letzte Woche einen Tag dort gewesen und hatten sich selbst vergewissert.

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