The Stand. Das letze Gefecht
sicherer, obwohl man von Harolds Haus nicht hierher sehen kann. Wie ich gesehen habe, bist du auch mit dem Fahrrad gekommen.«
Sie nickte. »Leiser.«
»Ich hab' meins dort in dem Schuppen versteckt.« Er deutete mit dem Kinn zu einem offenen Gebäude mit Flachdach beim Spielplatz. Frannie schob das Rad zwischen Schaukeln und Rutschbahn hindurch zu dem Schuppen. Drinnen roch es stickig und abgestanden. Der Schuppen war ein Treffpunkt für Jugendliche gewesen, die zu jung oder zu high zum Fahren waren, vermutete sie. Es wimmelte von Bierflaschen und Zigarettenkippen. In der Ecke hinten lag ein zusammengeknüllter Damenschlüpfer, in der vorne befanden sich die Überreste einer kleinen Feuerstelle. Sie stellte das Rad neben dem von Larry ab und kam rasch wieder heraus. In dem Schatten, wo ihr der Geruch von längst schal gewordenem Sex in die Nase stieg, konnte sie sich nur zu leicht vorstellen, daß der dunkle Mann mit seinem verbogenen Kleiderbügel hinter ihr stand.
»Ein regelrechtes Holiday Inn, was?« sagte Larry trocken.
»Nicht das, was ich mir unter einer freundlichen Umgebung vorstelle«, sagte Fran erschauernd. »Was immer dabei herauskommt, Larry, ich will Stu heute abend alles erzählen.«
Larry nickte. »Ja, und nicht nur, weil er im Komitee ist. Er ist auch der Marshal. «
Fran sah ihn besorgt an. Ihr wurde zum ersten Mal klar, daß diese Expedition Harold ins Gefängnis bringen konnte. Sie hatten vor, ohne Durchsuchungsbefehl oder so in sein Haus einzudringen und herumzuschnüffeln.
»Schlimm«, sagte sie.
»Nicht gut, was?« stimmte er zu. »Wollen wir es abblasen?«
Sie dachte lange nach und schüttelte dann den Kopf.
»Gut. Ich finde, wir müssen es erfahren, so oder so.«
»Bist du sicher, daß sie beide weg sind?«
»Ja. Ich habe Harold heute morgen mit einem der Lastwagen des Beerdigungskomitees wegfahren sehen. Und alle Leute im Kraftwerkstrupp sind zum Probelauf eingeladen worden.«
»Bist du sicher, daß sie hingegangen ist?«
»Es würde doch verdammt komisch aussehen, wenn nicht, oder?«
Frannie dachte darüber nach und nickte. »Wahrscheinlich schon. Stu hat übrigens gesagt, sie hoffen, daß sie den größten Teil der Stadt bis zum sechsten wieder mit Strom versorgen können.«
»Das wird ein Tag werden«, sagte Larry und dachte daran, wie schön es sein würde, mit einer großen Fender-Gitarre und einem noch größeren Verstärker im Shannon's oder Broken Drum zu sitzen und etwas zu spielen - irgend etwas, wenn es nur unkompliziert war und einen schweren Rhythmus hatte - bei voller Lautstärke. Vielleicht »Gloria« oder »Walkin' the Dog«. Irgend etwas, nur nicht »Baby, Can You Dig Your Man?«
»Vielleicht«, sagte Fran, »sollten wir uns trotzdem eine Ausrede überlegen. Für alle Fälle.«
Larry grinste schief. »Willst du etwa sagen, wir verkaufen Zeitschriftenabos, wenn einer zurückkommt?«
»Ha-ha, Larry.«
»Nun, wir könnten sagen, daß wir gekommen sind, um das zu berichten, was du mir gerade gesagt hast, von wegen Strom wieder einschalten. Wenn sie da ist.«
Fran nickte. »Ja, das wäre gut.«
»Mach dir nichts vor, Fran. Sie wäre selbst dann argwöhnisch, wenn wir ihr sagen würden, daß Jesus Christus gerade wiedergekommen ist und auf dem Wasserturm hin und her läuft.«
»Wenn sie schuldig ist.«
»Ja. Wenn sie schuldig ist.«
»Komm«, sagte Fran nach kurzem Zögern. »Gehen wir.«
Sie brauchten die Ausrede nicht. Lautes, anhaltendes Klopfen an Vorder- und Hintertür überzeugte sie davon, daß Harolds Haus tatsächlich leer war. Um so besser, dachte Frannie - je mehr sie über ihre Ausrede nachdachte, um so dünner kam sie ihr vor.
»Wie bist du reingekommen?« fragte Larry.
»Durchs Kellerfenster.«
Sie gingen zur Seite des Hauses, und Larry zog und zerrte vergeblich an dem Fenster, während Frannie Schmiere stand.
»Damals vielleicht«, sagte er, »aber jetzt ist es abgeschlossen.«
»Nein, es klemmt nur. Laß mich versuchen.«
Aber sie hatte auch nicht mehr Glück. Irgendwann zwischen ihrem ersten heimlichen Besuch und heute hatte Harold das Fenster verriegelt.
»Was machen wir jetzt?« fragte sie.
»Laß uns einbrechen.«
»Larry, das merkt er doch.«
»Soll er. Wenn er nichts zu verbergen hat, wird er denken, daß es nur ein paar Kinder waren, die Fensterscheiben von leeren Häusern eingeschlagen haben. Mit den runtergelassenen Rollos sieht es eindeutig leer aus . Und wenn er etwas zu verbergen hat, dann wird es ihm eine Menge
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