The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Fluch der Finsternis: Band 6 (German Edition)
keinen Abbruch tat. » Was hättest du denn getan?«, fragte ich gereizt.
» Ich weiß es nicht. Aber ich hätte es mir mit Sicherheit gründlich überlegt, bevor ich irgendeinem Hexer mein Blut gebe.«
» Du überlegst niemals gründlich. Du hättest dich wahrscheinlich mit ausgefahrenen Reißzähnen auf ihn gestürzt und dich in noch größere Schwierigkeiten gebracht. Und wieder dafür gesorgt, dass ich alles für dich ausbaden muss«, sagte ich.
» Du hast gestern beachtlich gekämpft«, bemerkte Damon abrupt.
» Danke«, entgegnete ich steif. Damon und ich kamen nie gut miteinander klar, wenn wir uns ernsthaft unterhielten. Für gewöhnlich brauchte es nur eine falsch gedeutete Aussage, um einen Streit zu entzünden, der tagelang andauern konnte.
» Jedenfalls gefällt mir diese Sache mit Ephraim nicht. Es gibt schließlich noch andere mächtige Hexen in London«, sagte Damon. » Jemima zum Beispiel«, fügte er hinzu und deutete mit dem Kopf galant in ihre Richtung.
» Vielen Dank für das Kompliment, aber ich bin nur hier, um Mary Jane zu beschützen. Und wenn ich es vermeiden kann, will ich meine Magie auch für niemanden sonst einsetzen.« Jemima schüttelte den Kopf und schauderte. Bei aller Schroffheit war sie ebenso wie wir anderen eingeschüchtert und wusste nicht mehr recht weiter.
» Nun, es muss doch irgendjemanden geben, der uns helfen kann. Ganz London prahlt damit, dass diese Stadt die beste und kultivierteste der Welt sei. Das sollte doch wohl auch für die Londoner Hexenwelt gelten, oder?«, fand Damon.
» Es gibt vielleicht tatsächlich jemanden«, sagte Mary Jane zögernd, » der uns helfen kann.« Wir fuhren alle herum, um sie anzustarren. Nachdenklich stützte sie die Ellbogen auf die Knie. Sie erinnerte mich ein wenig an Anna, die Tochter von Pearl, der Apothekerin in Mystic Falls. Sowohl Pearl als auch Anna waren Vampire gewesen und stets voller Sorge, dass die Leute hinter ihr Geheimnis kommen könnten. Ich fragte mich, ob das auch Mary Janes Angst war.
» Sie meinen, außerhalb Ihrer Hexenfamilie?«, fragte ich. Wenn Mary Jane wirklich solch mächtige Hexen kannte, warum entschied sie sich dann dafür, mit anderen Waisen in einem verfallenen Haus zusammenzuleben?
Mary Jane nickte. » Die erste Hexe habe ich kennengelernt, als ich noch ein Kind war. Ich lebte in einem Waisenhaus in der Crouch End Row. Es war furchtbar. Nur wenn Besucher kamen, die mit dem Gedanken einer Adoption spielten, waren die Nonnen, die das Waisenhaus führten, nett und freundlich.« Mary Jane lachte voller Bitterkeit. » Sie haben so gern mit uns angegeben. Wir waren wie dressierte Tiere. Wir sagten Gedichte auf, sprachen Gebete, taten einfach alles, was wir konnten, um ausgewählt zu werden. Aber die Leute fanden mich seltsam mit meinen Augen und der Art, wie ich mit Tieren sprach. Also blieb ich meistens für mich allein.« Mary Jane hielt inne, verloren in ihren eigenen Erinnerungen. » Ich habe es genossen, draußen im Innenhof mit den Eichhörnchen zu spielen und ihnen Kunststückchen beizubringen und dergleichen Dinge. Für gewöhnlich war ich vorsichtig, damit niemand es mitbekam. Trotzdem erwischte mich eines Tages eine Frau. Doch zu meiner Überraschung war sie gar nicht schockiert«, fügte Mary Jane hinzu.
» Wie hat sie reagiert?«, fragte ich, gefesselt von der Geschichte.
» Sie hat gelacht. Und dann hat sie sich neben mich gesetzt und gefragt, ob ich das Eichhörnchen dazu bringen könne, sich auf die Hinterpfoten zu stellen. Also habe ich das Tier darum gebeten und es hat mir den Gefallen getan. Und dann sagte die Frau, sie habe ebenfalls diese Fähigkeit.« Mary Jane seufzte. » Ihr Name ist Alice, und sie ist die Viscountess von Cardiganshire. Ihr Ehemann ist Lord Lowson. Sie sagte, sie wolle mich adoptieren.«
» Und?«, hakte Cora nach.
» Sie hat gelogen«, erwiderte Jemima tonlos.
» Jemima hat die Geschichte schon viele Male gehört«, erklärte Mary Jane entschuldigend. » Aber es ist wahr. Alice kam jede Woche zu Besuch und malte mir aus, wie es sein würde, wenn ich zu ihr zöge. Ich würde mein eigenes Zimmer haben und so viele Tiere, wie ich wollte. Ich würde ein Zuhause haben. Dann kam endlich der Tag, an dem sie mich abholen sollte. Ich wartete am Tor, doch sie ist niemals aufgetaucht. Nicht an diesem Tag und auch nicht am nächsten oder übernächsten. Schließlich erklärten mir die Nonnen, dass sie nicht mehr kommen würde. Und danach wollte ich gar nicht mehr, dass
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