The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Fluch der Finsternis: Band 6 (German Edition)
kaum Beachtung und marschierte geradewegs über den geschwungenen, mit Steinplatten gepflasterten Weg zum Vordereingang. In der Ferne konnte ich die Stallungen sehen und dahinter die weite Fläche des Regents Parks. Bei meiner ersten Ankunft in London war der Park noch von einem üppigen Grün gewesen, mit einem Baldachin von Bäumen. Jetzt sprenkelten geisterhafte, kahle Zweige die Landschaft und der Boden war mit braunen Blättern übersät.
Mary Jane klopfte an die Tür, die sich fast sofort öffnete. Eine Frau mit säuerlichem Gesichtsausdruck und einem straffen weißen Haarknoten trat nach draußen.
» Werden Sie von Lady Alice erwartet?« Sie musterte Mary Jane geringschätzig von Kopf bis Fuß.
» Nein. Aber sagen Sie ihr bitte, dass Mary Jane Kelly sie sprechen möchte. Sie weiß, wer ich bin.«
» Mary Jane Kelly?«, wiederholte die Frau. » Und wer sind die anderen Herrschaften in Ihrer Begleitung?«
» Sagen Sie ihr einfach, dass Mary Jane hier ist. Den Rest kläre ich«, sagte Mary Jane entschieden.
» Wie Sie wünschen«, seufzte die Dienerin. » Ich werde sehen, ob Lady Alice Sie sprechen will«, fügte sie hinzu, drehte sich auf dem Absatz um und ließ die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.
Mary Jane drehte sich zu uns um. » Sie wird sich an mich erinnern. Sie muss sich erinnern«, sagte sie, als müsse sie sich selbst überzeugen.
Ich biss die Zähne zusammen und fragte mich, was wohl passieren würde, wenn Lady Alice an die Tür kam und bemerkte, dass Mary Jane nicht allein war. Lady Alice würde sicher schnell herausfinden, dass Damon und ich Vampire waren. Ich hatte keine Ahnung, ob sie das Blut riechen oder es einfach spüren konnten, aber Hexen wussten Bescheid.
Noch bevor ich mir alle möglichen Szenarien ausmalen konnte, öffnete sich die Tür erneut, und eine Frau in einem hauchdünnen weißen Kleid erschien. Sie hatte ihre blonden Locken zu einer beeindruckenden Frisur aufgetürmt und war so schön wie die Engel auf den bunten Fenstern von Kathedralen. Ihre Wimpern waren goldweiß und ihre Haut funkelte wie von Diamantenstaub überzogen. Ich blinzelte. Es war unmöglich, ihr Alter zu schätzen, obwohl ich nach dem, was Mary Jane uns erzählt hatte, annahm, dass sie weit über vierzig sein musste.
» Mary Jane, du bist es wirklich!«, rief sie, zog Mary Jane an sich, umarmte sie fest und wiegte sie hin und her. Dann trat sie zurück und musterte uns mit funkelnden Augen.
Sie pfiff durch die Zähne, als sie zwischen mir und Damon hin und her schaute.
» Mary Jane, in welcher Begleitung bist du da gekommen?«, zischte sie. » Weißt du nicht, was sie sind?«
» Sie helfen mir«, antwortete Mary Jane mit leicht verärgerter Stimme. » Ich brauche Leute, auf die ich mich verlassen kann.«
» Nach allem, was geschehen ist, sind Sie Mary Jane etwas schuldig, und das wissen Sie auch«, meldete Jemima sich zu Wort.
Verwirrt blickte Lady Alice von einem zum anderen. » Ich wollte dich adoptieren, Mary Jane. Ich wollte es wirklich. Aber an jenem Tag, an dem ich dich abholen sollte, erhielt ich die Nachricht, dass mein Mann im Krieg in Afrika verletzt worden war. Ich habe alles stehen und liegen lassen, um an seine Seite zu eilen. Ich habe einen Boten ins Waisenhaus geschickt mit der Nachricht, dass ich dich holen würde, sobald wir wieder in England wären. Aber als ich dann zum Waisenhaus kam, warst du fort.«
» Wirklich?«, fragte Mary Jane kleinlaut.
» Ja!«, rief Lady Alice leidenschaftlich.
» Davon habe ich nie erfahren«, murmelte Mary Jane.
» Du weißt, dass ich die Wahrheit sage«, erklärte Lady Alice bedeutungsvoll. Jemima gab ein ironisches Husten von sich.
Da richtete Lady Alice ihre Aufmerksamkeit auf Jemima. » Ich bin ehrlich und das weißt du. Wir sind aus demselben Holz geschnitzt und du kannst dich ebenso auf mich verlassen wie Mary Jane. Aber zuerst müsst ihr mir erzählen, warum ihr hier seid. Und warum habt ihr Vampire an meine Türschwelle geführt?«
Sie betrachtete unsere Gruppe erneut und ließ den Blick abwechselnd auf jedem von uns verweilen. Ich wollte ihr glauben. Aber ganz gleich, was sie sagte, sie war Mary Jane nicht verpflichtet. Davon abgesehen zweifelte ich angesichts ihrer hasserfüllten Blicke daran, ob sie Mary Jane helfen würde, wenn das zugleich bedeutete, auch uns zu helfen. Ich musste etwas sagen.
» Stefan Salvatore, Ma’am«, stellte ich mich vor. Keine Lügen, rief ich mir ins Gedächtnis. » Wie Mary Jane bereits
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