The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Fluch der Finsternis: Band 6 (German Edition)
hatten sich meine wüsten Gedanken geglättet und ich hatte mich entspannt. Das Pferd vor mir war bei Weitem keine Mezanotte. Es hatte ein fleckiges schwarzes Fell und eine verfilzte Mähne.
Und doch …
Ich starrte dem Kutscher in die Augen.
» Ich brauche dieses Pferd«, sagte ich entschieden.
Gehorsam band er das Pferd los und reichte mir die Zügel. » In Ordnung, Sir«, murmelte er.
Ohne zu zögern, schwang ich mich aufs Pferd. Seit meiner Kindheit ritt ich ebenso gut ohne Sattel wie mit.
» Hallo, mein Mädchen«, flüsterte ich dem Pferd ins Ohr, bevor wir über die Brücke und durch das Labyrinth der Londoner Straßen ritten. Ich war mir nicht sicher, wohin ich wollte. Ich wusste nur, dass ich einen klaren Kopf bekommen musste.
Mein Ritt führte mich bis nach Hampstead Heath. Von dort aus genoss ich den Blick über ganz London. Das Stadtbild war beeindruckend elegant mit all den prächtigen, hellen Bauten.
Ich schloss die Augen und sah die Stadt verfallen vor mir, qualmend vor Rauch, besudelt mit Blut und übersät von Leichen. Genau das würde geschehen, wenn Samuel die Kontrolle übernahm. Ich wusste es.
Eine Erinnerung stieg in mir auf, so scharf und klar, als sei es gestern gewesen.
Mein Vater und ich waren in dem kühlen, dunklen Wald gleich hinter unserem Besitz in Mystic Falls. Er hatte Damon und mich dort hingeführt, um uns von seiner Angst zu erzählen: dass der Bürgerkrieg Vampire erweckt habe, dass sie Blut riechen konnten und dass sie die Stadt infiltriert hatten. Damon war wütend geworden über die » Geistergeschichten«, wie er es genannt hatte, und war davongestürmt. Ich hatte zugehört.
Wir werden einen Plan schmieden. Und wir werden siegen, denn wir haben Gott auf unserer Seite. Töten oder getötet werden, darum geht es. Verstehst du mich, Junge? Dies ist der Krieg, für den du rekrutiert wirst. Ich hörte die Stimme meines Vaters so deutlich und durchdringend, als hätte er direkt neben mir gestanden.
Zwanzig Jahre und unzählige Tote später waren seine Worte immer noch wahr. Ich war immer noch meines Vaters Sohn, und ich wusste, dass es mein Vermächtnis war, diese Stadt vor der nahenden Zerstörung zu beschützen.
Ich durfte keine Zeit verschwenden. Aber zunächst musste ich jagen. Ich brauchte Blut.
Sobald ich mich an zwei Füchsen und drei Dachsen satt getrunken hatte, ritt ich ins East End. Die Sonne stand schon tief, und ich wusste, dass ich spät dran war, um mich mit den Hexen zu treffen.
Ich befestigte das Pferd in der Nähe von Mary Janes Haus, damit wir es im Notfall für eine schnelle Flucht nutzen konnten. Ich klopfte an die Tür. Als mir niemand öffnete, stieß ich sie auf und zückte meinen Pflock. Einen Eichenast, den ich nach meiner Jagd in Hampstead Heath aufgelesen hatte. Er würde seinen Zweck erfüllen. Wir hatten beschlossen, dass Damon als Erster versuchen sollte, Samuel zu töten. Schließlich würde er von Anfang an direkt bei ihm sein. Aber wenn er scheiterte, war es an mir, Samuel auszulöschen.
Sobald ich durch die Tür trat, stutzte ich. War ich etwa im falschen Haus? Die Treppe führte unversehrt und gerade und mit einem sicheren Geländer an der Seite in das obere Stockwerk, die Wände waren frisch gestrichen. Aber dann drang ein leises Singen an mein Ohr, und ich wusste, dass ich am richtigen Ort war. Ich eilte ins Obergeschoss und fand die Hexen damit beschäftigt, den Zauber vorzubereiten.
Lady Alice trat in einer silbrigen Robe auf mich zu. » Stefan, bist du bereit?«
» Ja«, hauchte ich. Ich sog ihren Duft nach Gardenien und Jasmin ein, jedoch ohne ein Verlangen nach ihrem Blut zu verspüren. Das einzige Blut, das ich wollte, war Samuels. Mein Vater hatte – ungewollt – noch in einem anderen Punkt recht gehabt: Der Krieg hatte auch den Vampir in mir geweckt – die zornige, zerstörerische Macht. Ich war bereit für den Kampf.
In der Mitte des Raumes prasselte ein tosendes Feuer. Daneben stand eine Bank, umringt von Dutzenden hohen, spitz zulaufenden Kerzen. Es sah beinah wie ein Altar aus. Darauf lag Mary Jane, ihr dunkles Haar lose um den Kopf ausgebreitet, gekrönt mit einem Kranz aus Flieder und Fingerhut. Mary Janes Freunde waren nicht da. Es war besser so, für den Fall, dass unser Plan nicht glattlief.
Lavinia kam auf mich zugehumpelt. Sie trug eine silberne Robe wie Lady Alice. » Komm hierher, Vampir. Setz dich«, forderte sie mich auf und geleitete mich in die Ecke des Zimmers. » Nur Hexen dürfen sich im Kreis
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