The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)
und setzte mich neben ihn. Dieser neue Damon war mir ein Rätsel. Seine Stimmungsschwankungen waren Furcht einflößend. Im einen Moment war er der seelenlose Vampir, der ohne Gnade tötete, im nächsten erschien er wieder wie mein alter Kindheitsgefährte.
»Was ist der Plan?«, fragte ich.
»Du siehst ihn vor dir«, antwortete er, stand auf und deutete auf den schlaffen Körper zu unseren Füßen. »Wache! Hier ist jemand ziemlich reglos.«
Als der Wachmann herbeikam und den leblosen Körper auf dem Boden sah, wirkte er verärgert, aber nicht überrascht. Er beugte sich nicht allzu nahe vor – er hatte lange genug überlebt, um zu wissen, was man besser nicht tat. Aber es war nahe genug. Damons Blick loderte.
»Vergiss, dass wir jemals hier waren. Vergiss, wie wir aussehen. Vergiss, wer uns hergebracht hat. Vergiss unsere Namen und alles, was uns betrifft.«
»Wer ist wir?«, fragte der Wachmann. Er war hypnotisiert, aber begriffsstutzig.
»Der Mann, mit dem ich hergekommen bin«, blaffte Damon und zeigte auf mich. Der Wachmann nickte schwach. »Vergiss alles über uns. Und dann – schick die andere Wache herüber, in Ordnung?«
Der Wachmann kehrte auf seinen Posten zurück, zunächst noch leicht benommen, dann legte er den Kopf schräg, als sei ihm gerade etwas eingefallen. Er ging zu der anderen Wache und deutete auf die Gefängniszelle. Nicht auf Damon, sondern durch Damon hindurch. Es war, als existiere Damon in seiner Wahrnehmung nicht länger.
»Einer erledigt«, murmelte Damon. Er wirkte angespannt. Wieder fragte ich mich, wie viele Personen er eigentlich gleichzeitig kontrollieren konnte.
Der zweite Wachmann trat heran. Er hatte eine Narbe quer über dem Gesicht, aufgrund derer er das eine Auge nicht öffnen konnte, und trommelte im Gehen auf seinen Schlagstock. Aber noch bevor er nahe genug war und Damon ihn mit einem Bann belegen konnte, sagte er das absolut Letzte, womit wir gerechnet hatten.
»Ihr Anwalt ist hier.«
Ich sah meinen Bruder an. Er erwiderte meinen Blick mit dem gleichen Maß an Überraschung. Dann zog er eine Augenbraue hoch, als wolle er fragen: Hast du das irgendwie arrangiert?
Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Damon straffte die Schultern, als ein Klirren erklang und die
Tür zum Gefängnisbereich geöffnet wurde. Der Geruch nach verfaulten Eiern und Tod erfüllte den Raum, als ein weiterer Mann eintrat – der Anwalt.
Er war riesig. Größer als der Gefangene, den Damon niedergekämpft hatte, mit langen Armen und massivem Oberkörper. Seine Hände waren monströs und seine Wurstfinger hielten eine lederne Aktentasche umklammert.
Er betrat den Raum langsam, mit dem bedächtigen Schritt eines Wesens, das zu groß und zu gefährlich für seine Umgebung ist, so wie ein Panther in seinem winzigen Zirkuskäfig umhergehen würde.
Seine Kleidung war von fremdländischem Schnitt und bequem, aus kostbarem Leinen- und Seidenstoff, der seinem gewaltigen Körper mühelose Bewegungen ermöglichte.
Und seine Augen …
Sie waren klein und blau, aber von keinem klaren Blau. Gesprenkelt, beinah milchig und zu alt für den Rest seines Körpers; sie bewegten sich schnell, aber falsch, wie die Augen eines Vogels oder einer Eidechse – dahinter jedoch lauerte eine mächtige Intelligenz.
Dieser Mann war nicht menschlich.
Aber er fühlte sich auch nicht wie ein Vampir an, zumindest nicht direkt. Da war etwas, gleich unter seiner Oberfläche, das auf die Chance zur Explosion wartete. Die Macht, die er verströmte, war größer als alles, was ich je erlebt hatte. Und meine Instinkte sagten mir, dass
dieser Mann, obwohl er angeblich als unser Anwalt hergekommen war, keineswegs hier war, um uns zu helfen.
Er musterte Damon und mich und lächelte schwach.
»Sie können gehen«, sagte er zu dem Wachposten hinter ihm. Er hob nicht einmal die Stimme; und doch ging der Mann. Schnell und mit einem Ausdruck der Erleichterung im Gesicht.
Und wir blieben mit dieser Bestie allein zurück.
»Guten Abend, meine Herren«, sagte die Bestie und lächelte auf eine Weise, bei der mir übel wurde.
»Wer sind Sie?«, fragte Damon, der offensichtlich versuchte, gelangweilt zu klingen. Aber ich konnte die Furcht in seiner Stimme hören.
»Wer ich bin?«, wiederholte der Mann mit einem starken Akzent. »Hilft es, den Namen desjenigen zu kennen, der euch töten wird? Es schien für keine eurer Ehefrauen tröstlich zu sein.«
Die Worte waren wie zu Boden fallende Steine, schwer und endgültig. Der
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