The Walking Dead 2: Roman
von Bobs Truck wischen in einem dumpfen Rhythmus vor sich hin. Lilly und Bob schweigen während des Wortaustauschs, aber man merkt ihnen ihre Nervosität an.
Mittlerweile ist die Dunkelheit hereingebrochen, und das Fehlen des Stromnetzes wie auch das schlechte Wetter verleihen der Stadt etwas Mittelalterliches. Hier und da sieht man Feuer in alten Öltonnen, und Anzeichen eines vor Kurzem stattgefundenen Scharmützels verunstalten die bewaldeten Täler und Kiefernwälder, welche die ummauerte Stadt umgeben. In der Ferne lassen die versengten Dächer, mit Einschusslöchern übersäte Wohnwagen und kaputte Stromleitungen auf eine ganze Reihe scharf ausgetragener Konflikte schließen.
Josh bemerkt, wie Lilly ein mit Rost übersätes grünes Schild unter die Lupe nimmt. Es steckt in der weißen, sandigen Erde, und im Scheinwerferlicht kann man folgende Aufschrift lesen:
WILLKOMMEN IN
WOODBURY
BEVÖLKERUNG 1.102
Tja, diese Zahl dürfte inzwischen nicht einmal mehr annähernd richtig sein, überlegt Lilly. Sie wendet sich an Josh und meint: »Und? Welches Gefühl hast du bei dem Ganzen?«
»Ich weiß noch nicht genau, es sieht aber so aus, als ob wir gleich neue Befehle kriegen werden«, erwidert Josh, als Martinez aussteigt.
Durch den Schnee sehen sie, wie er sich von seinem Kaffeeklatsch abwendet, den Kragen hochschlägt und auf sie zugeht. Er kommt ziel- und selbstbewusst daher, trägt aber noch immer sein 1000-Dollar-Lächeln in dem dunklen, markanten Gesicht. Er schlägt den Kragen erneut auf, als er sich zu Josh ans Fenster lehnt.
Josh lässt es runter. »Und? Wie sieht es aus?«
Martinez lächelt. »Wir brauchen vorerst eure Waffen.«
Josh starrt ihn an. »Tut mir leid, aber das geht unter gar keinen Umständen.«
Das gesellige Lächeln verschwindet nicht. »Spielregeln der Stadt … Du weißt doch, wie so etwas läuft.«
Josh schüttelt langsam den Kopf. »Nie und nimmer.«
Martinez schürzt die Lippen nachdenklich, ehe das Lächeln wieder in Erscheinung tritt. »Hm, kann nicht behaupten, dass ich es euch übel nehme. Einfach so in etwas hineinstolpern. Aber ich mache euch einen Vorschlag. Könnt ihr zumindest das Luftgewehr im Truck lassen?«
Josh stöhnt erleichtert auf. »Hm, das kriegen wir noch hin.«
»Und könnt ihr eure Waffen zumindest irgendwie verstecken? So dass man sie nicht gleich sieht?«
»Geht auch in Ordnung.«
»Okay … Wenn ihr eine kleine Tour haben wollt, könnte ich bei euch mitfahren. Habt ihr noch Platz für mich?«
Josh dreht sich um und nickt Bob zu. Mit einem Achselzucken schnallt der alte Mann sich ab, steigt aus und zwängt sich dann auf die Rückbank neben Lilly.
Josh steigt auf den Fahrersitz, und Martinez nimmt neben ihm Platz. Er riecht nach Rauch und Maschinenöl. »Immer schön langsam, Kumpel«, mahnt er, wischt sich den geschmolzenen Schnee von der Stirn und deutet auf den Pritschenwagen vor ihnen. »Fahr einfach dem da hinterher.«
Josh gibt ein wenig Gas, und sie folgen dem Pritschenwagen durch die Straßensperre. Sie poltern über eine Reihe von Bahnübergängen und dringen von Südosten her in die Stadt ein. Lilly und Bob schweigen auf der Hinterbank, während Josh sich umblickt. Zu seiner Rechten steht PIGGLY IGGLY auf einem zerbeulten Schild vor einem Parkplatz, der mit Leichen und Glasscherben übersät ist. Der Lebensmittelladen ist auf einer Seite eingestürzt, als ob Dynamit ein Loch hineingeschlagen hätte. Entlang der Straße ist hoher Maschendrahtzaun gespannt, der aber bereits ausgebeult und voller Löcher ist. Sie fahren den Woodbury Highway oder die Main Street hinunter – die Schilder behaupten sowohl das eine als auch das andere –, an deren Seiten überall entsetzliche Brocken menschlicher Überreste sowie verbogene und versengte Metallstäbe und -gitter herumliegen. Die weiße, sandige Erde glüht beinahe in der schneebedeckten Dunkelheit – ein unheimlicher Anblick, der an ein Kriegsgebiet in der Wüste erinnert.
»Wir hatten eine recht große Auseinandersetzung mit einem Schwarm Beißer.« Martinez steckt sich eine Viceroy an und kurbelt das Fenster etwas runter. Der Rauch schlängelt durch den Spalt in das Schneegestöber und löst sich beinahe geisterhaft in Luft auf. »Die Sache war kurz davor, außer Kontrolle zu geraten, aber wir können von Glück sagen, dass die Vernunft gesiegt hat. Wir müssen gleich scharf nach links abbiegen.«
Josh folgt dem Pritschenwagen um eine Haarnadelkurve, um dann auf einer schmaleren
Weitere Kostenlose Bücher