The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
fragt er nach.
Lilly schüttelt den Kopf und lacht trotz ihrer Nervosität leise auf. »Du willst einfach nicht aufgeben, das muss man dir lassen.«
»Was hast du denn heute Abend vor?«, fragt er neugierig.
»Willst du mich etwa einladen? Zu was denn?«
»Heute findet ein Kampf in der Arena statt. Wir könnten zusammen hingehen. Ich bringe auch die Lakritze mit, die ich in der Lagerhalle abgestaubt habe.«
Lillys Lächeln verblasst. »Ich bin kein so großer Fan davon.«
»Wovon? Lakritze?«
»Zum Totlachen. Diese Kämpfe sind grausam. Da bleibe ich lieber daheim und esse Glasscherben.«
Austin zuckt mit den Achseln. »Wenn du meinst.« Plötzlich leuchten seine Augen auf. »Ich habe eine andere Idee: Statt eines Dates kannst du mir ja irgendwann ein paar Tipps geben.«
»Tipps? Wofür?«
»Wie man mit den Beißern umgeht.« Sein Gesichtsausdruck wird plötzlich ernst. »Ich will ehrlich zu dir sein. Seitdem diese ganze Scheiße am Start ist, habe ich mich immer in großen Gruppen versteckt … habe nie wirklich um mein Leben kämpfen müssen. Ich muss noch viel lernen, ich bin nicht so wie du.«
Sie wirft ihm einen beiläufigen Blick zu, ohne innezuhalten. »Was soll das denn heißen?«
»Du bist krass, Lilly … Du hast dieses kalte, berechnende Clint-Eastwood-Ding in dir.«
Sie kommen zu dem Vorgarten vor Lillys Wohnung. Das ganze Gebäude ist in Schatten getaucht. Die toten Kletterpflanzen auf den roten Pflastersteinen sehen in dem immer schwächer werdenden Licht wie Krebsgeschwülste aus.
Lilly hält inne und sagt zu Austin: »Vielen Dank für deine Hilfe, Austin. Den Rest kriege ich schon selber hin.« Sie nimmt ihm die Holzkiste wieder ab und schaut ihn an. »Eines aber möchte ich dir noch sagen.« Sie fährt sich mit der Zunge über die Lippen und verspürt einen Anflug von Emotionen in sich aufwallen. »Ich bin nicht immer so gewesen. Du hättest mich am Anfang sehen sollen – da bin ich vor meinem eigenen Schatten weggerannt. Aber jemand hat mir geholfen, als ich es am meisten gebraucht habe. Dabei hätte der Typ es gar nicht tun müssen. Das kannst du mir ruhig glauben. Aber er hat mir trotzdem geholfen.«
Austin sagt nichts, nickt lediglich und wartet darauf, dass sie fortfährt. Er glaubt, dass Lilly mit ihrer Geschichte noch nicht fertig ist.
»Ich werde dir ein paar Tipps geben, dir ein wenig auf die Sprünge helfen«, versichert sie ihm endlich. »Aber was ich damit sagen will … Nur so können wir überleben. Indem wir einander helfen.«
Austin lächelt, und das erste Mal, seitdem Lilly ihn kennt, ist es ein warmes, ehrliches, offenes Lächeln ohne irgendwelche Hintergedanken. »Vielen Dank, Lilly. Es tut mir leid, dass ich mich immer so danebenbenommen habe.«
»Du hast dich nicht immer danebenbenommen«, antwortet Lilly und lehnt sich ohne jegliche Vorwarnung zu ihm hin und gibt ihm einen platonischen Kuss auf die Wange. »Du bist nur jung.«
Damit dreht sie sich um und verschwindet in ihrer Wohnung. Sanft schließt sie die Tür vor seiner Nase.
Austin bleibt eine ganze Zeit lang stehen und starrt mit aufgerissenen Augen auf die breite Eingangstür aus Eiche. Er reibt sich die Wange, als wäre sie mit heiligem Wasser gewaschen worden.
»Doc?« Drei harte, laute Schläge durchbrechen die Stille der notdürftigen Krankenstation … gefolgt von der unverwechselbaren kehligen Stimme mit dem für Georgia typisch seichten, ländlichen Akzent. »Darf unsere neue Patientin schon Besuch empfangen?«
Dr. Stevens und Alice tauschen nachdenkliche Blicke aus. Sie stehen vor einem Stahlbecken und sterilisieren sämtliche Instrumente in einem Eimer mit brühend heißem Wasser. Der Dampf steigt in ihre angespannten Mienen. »Einen Augenblick, bitte!«, ruft Dr. Stevens, trocknet sich die Hände und geht zur Tür.
Ehe er sie öffnet, schaut er sich noch einmal um und mustert seine Patientin, die seitlich auf ihrer Krankentrage sitzt und ihre dünnen, verbundenen Beine herabbaumeln lässt. Christina trägt noch immer die abgetragene Frotteerobe und nippt an einem Plastikbecher mit filtriertem Wasser. Um den Oberkörper hat sie eine Wolldecke gewickelt. Ihr geschwollenes Gesicht ist – trotz ihrer verfilzten Haare, die wie Weizenstroh aussehen und zu einem Knoten aufgesteckt sind – wunderschön, doch jetzt spiegelt es die plötzliche Spannung wider, die im Raum liegt.
In dem kurzen Augenblick, ehe die Tür geöffnet wird, besteht eine Verbindung zwischen Arzt und Patientin,
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