The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
die keiner Worte bedarf. Dr. Stevens nickt und drückt dann auf die Klinke, um den Gast hereinzulassen.
»Wie ich gehört habe, haben wir eine mutige kleine Lady unter uns!«, ruft der neu Eingetretene in den Raum. Er tut so, als gehöre ihm der Laden. Der ausgemergelte, drahtige Körper des Governors wird von der Kleidung eines Wochenendsoldaten geschmückt – Jagdweste, schwarzer Rollkragenpullover und eine Tarnhose, die in schwarze Kampfstiefel gesteckt ist –, sodass er einem degenerierten Diktator aus der vormals Dritten Welt ähnelt. Sein schulterlanges, onyxfarbenes Haar glänzt und federt auf und ab, als er in die Krankenstation stolziert. Sein Zwirbelbart säumt das Lächeln auf seinem Gesicht. »Wollte mal kurz vorbeischauen, um ihr meinen Respekt zu zollen.«
Gabe und Bruce folgen ihm dicht auf den Fersen. Sie sind so mürrisch, hart und wachsam wie Geheimagenten.
»Da ist sie ja«, verkündet Philip Blake lautstark, als er die Frau auf der Krankentrage sitzen sieht. Der Governor gesellt sich zu ihr, schnappt sich einen metallenen Klappstuhl und stellt ihn unsanft mit der Rückenlehne zum Bett auf. »Und wie geht es Ihnen, kleine Lady?«
Christina stellt den Becher mit Wasser ab und zieht sich dann keusch die Wolldecke hoch, um ihr Dekolleté zu bedecken. »Den Umständen entsprechend gut, nehme ich an. Dank der beiden Herrschaften da.«
Der Governor setzt sich auf den Stuhl vor ihre Nase, stützt sich mit den drahtigen Armen auf der Rückenlehne ab und starrt sie dann mit dem überfreundlichen Blick eines Hausierers an. »Doc Stevens und Alice hier sind einsame Klasse … Wirklich wahr. Ich hätte keine Ahnung, was wir ohne sie machen sollten.«
Dr. Stevens meldet sich etwas abseits stehend zu Wort: »Christina, so begrüßen Sie doch Philip Blake, unseren Governor.« Der Arzt stöhnt leise und wendet dann den Blick ab, als ob ihn diese ganze Show der gespielten Gesellig- und Fröhlichkeit anekelt. »Philip, das ist Christina.«
» Christina «, schnurrt der Governor und lässt sich den Namen auf der Zunge zergehen. »Tja, wenn das nicht einer der schönsten Namen der Welt ist.«
Ein plötzliches, starkes Beben durchfährt Christina bei seinem Anblick und läuft ihr eiskalt den Rücken hinunter. Etwas in seinen Augen – so tief wie die eines Pumas – lässt sie nervös werden.
Ohne den Blick auch nur einen Moment lang von ihr abzuwenden, adressiert er die anderen. »Würde es euch stören, wenn die Lady und ich ein paar Worte unter vier Augen austauschen?«
Christina will etwas sagen, will etwas einwenden, aber die schiere Kraft seiner Persönlichkeit fließt durch den Raum wie ein gewaltiger Strom. Ohne etwas zu sagen, blicken die anderen sich gegenseitig an und verlassen dann einer nach dem anderen verlegen die Krankenstation. Der letzte Verbleibende ist Gabe, der unter dem Türrahmen anhält. »Ich bleibe draußen, Boss«, sagt er. Und dann …
… fällt die Tür ins Schloss.
Sieben
A lso, Christina … willkommen in Woodbury.« Anfangs hält das 1000-Watt-Lächeln des Governors die verletzte Frau in seinem Bann. »Darf ich fragen, wo Sie herkommen?«
Christina holt tief Luft, starrt auf ihren Schoß. Aus irgendeinem ihr nicht verständlichen Grund verspürt sie das Verlangen, ihm nichts von dem T V -Sender zu sagen, für den sie arbeitet. »Vorort von Atlanta, aber den hat es ziemlich schlimm erwischt.«
»Ich komme aus einem kleinen, gottverlassenen Kaff in der Nähe von Savannah namens Waynesboro.« Sein Lächeln wird breiter. »Nicht ganz so schickimicki wie die noblen Gegenden in Hot-Lanta.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Also, mit nobel habe ich auch sehr wenig am Hut.«
»Aber die sind ja alle gefallen, oder nicht? Die Beißer haben den Krieg für sich entschieden.« Er grinst sie noch immer an. »Es sei denn, du weißt etwas, das ich nicht weiß.«
Sie starrt ihn an, antwortet aber nicht. Außerdem hat er einen ganz anderen Ton angeschlagen, hat angefangen, sie zu duzen.
Er setzt eine ernste Miene auf. »Darf ich fragen, wieso du in einem Helikopter warst?«
Sie zögert einen Moment lang, entgegnet dann aber: »Der Pilot war … ein guter Freund. Er hieß Mike.« Sie gibt ihre Zurückhaltung auf. »Ich habe da ein Problem, denn mein letztes Versprechen ihm gegenüber war, dass er eine christliche Beerdigung kriegen würde.« Sie spürt die Hitze des Blicks, mit dem der Governor sie fixiert. Es ist, als ob sie vor einem Schmelzofen sitzen würde. »Glauben
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