The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
»Doch, ich bin gerade am Telefonieren mit meinem Börsenmakler. Muss meine Millionen vor der Steuer in Sicherheit bringen.«
»Äh … Soll ich später noch einmal vorbeischauen?«
Lilly stöhnt. »Das war ein Witz, Austin. Erinnerst du dich noch an Humor?«
Er nickt traurig. »Ach so … klar.« Dann schafft auch er es, ein wenig zu lächeln. »Ich bin heute Abend nicht der Schnellste.«
»Was kann ich für dich tun?«
»Okay … äh«, stammelt er und sieht sich um. Fast die gesamte Stadt hat sich heute Nacht in der Arena versammelt, um den perversen Festivitäten beiwohnen zu können. Der Wind fegt über die menschenleeren Straßen, schiebt den Müll die Bürgersteige entlang, lässt die nutzlosen Überlandstromleitungen hin und her schwingen, bis sie unheimlich zu singen anfangen. Nur eine Handvoll von Martinez’ Männern stehen noch Wache auf den Barrikaden, patrouillieren mit ihren A R -15 und Feldstechern. Ab und zu schickt eine Wolframlampe ihren silbernen Strahl auf die benachbarten Wälder. »Ich habe mich nur gewundert … weißt du, wenn du nicht gerade allzu viel zu tun hast …« Er stammelt, vermeidet jeglichen Augenkontakt mit ihr. »… Also, vielleicht hast du ja Zeit, mir heute Nacht ein paar Sachen beizubringen?«
Sie blickt ihn von der Seite an. »Ein paar Sachen beibringen?«
Er räuspert sich verlegen und senkt den Kopf. »Was ich damit sagen will … Du hast doch gesagt, dass du mir vielleicht ein paar Tipps geben könntest, wie man … du weißt schon … wie man mit Beißern umgeht. Wie ich mich schützen kann.«
Sie sieht ihn an und holt tief Luft. Dann breitet sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Warte kurz – ich hole meine Waffen.«
Sie gehen zum alten Bahnhof im Osten von Woodbury – so weit weg von den Lichtern und dem Lärm der Arena wie nur möglich. Auf dem Weg stellt Lilly den Kragen ihrer Jeansjacke auf, um die zunehmende Kälte zumindest ein kleines bisschen abzuwehren. Die Luft riecht nach Methan und Sumpfgas – ein ekeliges Gemisch von Verwesung –, der Gestank brennt in ihren Nasen und dringt tief in ihre Kleidung. Um sie herum wimmelt es nur so von Schatten, die das Mondlicht über das Depot wirft. Lilly geht mit Austin einige Szenarien durch, stellt ihm Fragen, fordert ihn heraus. Austin hat seine 9-mm-Glock und sein Messer dabei, das in der Scheide steckt, die er an seinem rechten Oberschenkel mit einem Lederriemen festgebunden hat.
»Los, nicht aufhören. Du musst dich immer bewegen«, ermahnt sie ihn, als er am Waldrand entlangpirscht, die Pistole in der rechten Hand, den Zeigefinger um den Abzugshahn gelegt. Sie trainieren jetzt schon beinahe eine ganze Stunde, und Austin wird langsam unruhig. Der Wald pulsiert, dröhnt förmlich vom nächtlichen Geräuschpegel – Heimchen, raschelnde Äste –, begleitet von der allgegenwärtigen Bedrohung der Schatten, die sich hinter den Bäumen bewegen. »Du musst immer in Bewegung bleiben, nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam … und immer schön die Augen offen halten.«
»Ich darf drei Mal raten – etwa so , oder?«, meint er, und in seiner Stimme klingt etwas Verärgerung mit. Lilly hat ihm einen Schalldämpfer ausgeliehen, den er auf seine Waffe geschraubt hat. Mit der Kapuze eng um das Gesicht gezogen, schleicht er sich an den an der Waldgrenze gespannten hohen Maschendrahtzaun, der früher einmal als Sicherheitsmaßnahme für das Depot gedacht war. Neben den mit Präriegras überwachsenen Schienen führt ein Pfad entlang, auf dem ein schier endloser Vorrat an angekokelten Holzscheiten – wohl Überreste diverser Lagerfeuer – liegt.
»Ich sage es dir kein drittes Mal, dass du die Kapuze abnehmen sollst«, ermahnt sie ihn. »So engst du bloß dein Blickfeld ein.«
Er tut, wie ihm geheißen, und schleicht weiter am Waldrand entlang. »So?«
»Schon besser. Du musst dir immer im Klaren sein, was um dich herum geschieht. Das ist der Schlüssel. Das ist viel wichtiger als die Waffe, die du gerade dabeihast, wie du deine Pistole oder deine Axt oder was auch immer hältst. Wenn du nicht weißt, was zu deiner Linken und Rechten und am besten noch hinter dir ist, können die Beißer dir ganz einfach den Fluchtweg abschneiden.«
»Verstanden.«
»Und du darfst dich nie und nimmer umzingeln lassen. Die sind zwar langsam, aber Beißer treten oft in Horden auf, sodass du einfach nicht mehr wegkommst.«
»Das hast du schon einmal gesagt.«
»Was ich damit sagen will – du
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