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The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

Titel: The Walking Dead 3: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Kirkman , Jay Bonansinga
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wie er sagt: »Da haben Sie aber Glück gehabt. Wohin gehen wir eigentlich? Auf das Licht zu? Was ist denn da los? Sagen Sie bloß, dass Sie hier noch Baseball spielen?«
    Ehe sie um die Ecke biegen, wirft Austin ihnen noch einen Blick hinterher und mustert die beiden anderen Fremden genauer. Der jüngere Mann trägt einen Helm und sieht aus, als ob er asiatischer Abstammung sein könnte. Aus dieser Entfernung und bei dem schwachen Licht ist es schwer zu sagen, wie alt er ist.
    Die Frau scheint interessanter. Ihr schlankes, markantes Gesicht ist unter der Kapuze ihrer Kutte kaum sichtbar, aber Austin glaubt, dass sie Mitte dreißig sein könnte – eine Afroamerikanerin, exotisch und wunderschön.
    Für einen Augenblick ergreift Austin eine üble Vorahnung, was diese drei Fremden angeht.
    »Nun«, hört Austin den Governor sagen, als sie um die Ecke biegen und dann außer Sicht sind, »sieht ganz so aus, als ob wir hier in Woodbury nicht die Einzigen sind, die Glück haben. Sie sind gerade zur richtigen Zeit hereingeschneit, denn heute Abend findet ein Kampf statt …«
    Der Wind und die Schatten übertönen den Rest des Gesprächs. Austin seufzt erleichtert auf, schüttelt das Gefühl des Grauens von sich, das ihn ohne Vorwarnung übermannt hat, und macht sich dann auf den Weg zu Lilly.
    Kurz darauf steht er vor ihrer Wohnung. Der Wind ist stärker geworden und fegt den Müll über die Straßen. Austin hält inne, schiebt die Kapuze nach hinten und streicht sich eine Locke aus dem Gesicht. Er wiederholt leise die Worte, die er sich auf dem Weg für Lilly zusammengedichtet hat.
    Er holt tief Luft und geht auf die Tür zu.
    Lilly sitzt am Fenster in einem abgewetzten Polstersessel. Neben ihr flackert eine Lampe auf dem Beistelltisch und scheint auf ein Kochbuch mit den besten Beilagen des amerikanischen Südens im Taschenbuchformat, als plötzlich ein Klopfen an der Tür ertönt und sie aus ihrem Tagtraum reißt.
    Sie hat über Josh Hamilton nachgedacht, über all die fantastischen Mahlzeiten, die er gekocht hätte, wenn er nur noch am Leben wäre. Aber eine Mischung aus Trauer und Bedauern hat Lilly den Appetit verdorben. Außerdem lässt sie der Gedanke an den Governor nicht los, sodass sie sich, anstatt etwas Feines zu kochen, aus purem Hunger nichts weiter als Dosenfleisch und vorgekochten Beutelreis zwischen die Zähne geschoben hat.
    In der letzten Zeit hat sich Lillys Furcht vor ihm verändert. Die Erinnerung daran, wie der Governor Joshs Killer – den örtlichen Metzger – verurteilt hat, will ihr einfach nicht aus dem Kopf. Die Strafe war ein fürchterliches Ende durch hungrige Beißer. Mit einer Mischung aus Scham und Genugtuung erlebt Lilly diesen Racheakt immer wieder in ihren hintersten, dunkelsten Gedankengängen. Der Typ hat das gekriegt, was er verdient hat. Und vielleicht – aber auch nur vielleicht – bedeutet der Governor die einzige Abhilfe, wenn es zu solchen Ungerechtigkeiten kommt. Auge um Auge, Zahn um Zahn und so.
    »Wer zum Teufel …«, murmelt sie und steht aus dem Polstersessel auf.
    Barfuß geht sie durchs Wohnzimmer, ihre zerrissene Jeans mit dem weiten Schlag schleift über den dreckigen Boden. Sie trägt ein olivgrünes Thermounterwäsche-Top, das sie am Hals geschickt zu einem perfekten V-Ausschnitt aufgerissen hat. Darunter hat sie einen Sport- BH , und ihren schlanken Hals schmückt eine Kette aus rohem Leder und Perlen. Ihre flachsblonden Haare hat sie in einen losen Knoten à la Brigitte Bardot auf den Kopf drapiert. Die ausgeflippte Art, wie sie sich kleidet – die sie in den Zweite-Hand- und Rote-Kreuz-Läden ihres Heimatorts Marietta noch vor der Seuche entwickelt hat –, leistet ihr in der neuen, apokalyptischen Welt gute Dienste. Man kann beinahe sagen, dass ihr Modeverständnis zum Teil zu ihrer Rüstung geworden ist, quasi ihr Verteidigungsmechanismus.
    Sie öffnet die Tür, lugt in die dunkle Nacht und sieht Austin vor sich stehen.
    »Tut mir leid, dass ich dich jetzt noch störe«, begrüßt er sie kleinlaut, die Arme überkreuzt und an sich festhaltend, als ob er kurz davor ist, auseinanderzubrechen. Für einen kurzen Moment lang glaubt Lilly, in ihm eine andere Person zu sehen. Seine Augen lassen jeglichen Anflug der Arroganz vermissen, die sonst ständig in ihnen aufleuchtet. Seine Miene ist weicher, und Lilly glaubt, die echte Person unter dem harten Äußeren zu erkennen. Er blickt sie an. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
    Sie schenkt ihm ein Lächeln.

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