The Walking Dead: Roman (German Edition)
›dumme Kuh‹ hat Kopf und Kragen riskiert und wusste nicht, ob ihr Plan aufgehen würde. Am wichtigsten war ihr, dass niemand sonst dabei in Gefahr gerät. Du solltest dieser ›dummen Kuh‹ die Füße küssen.«
Tara wendet den Blick von den Taschen ab und schaut zu Boden. »Wir haben uns nur Sorgen gemacht. Sonst nichts«, verteidigt sie sich mit schwacher Stimme.
Nick und Brian stürzen sich bereits auf die Taschen und durchwühlen die Beute. »Philly«, meldet sich Nick. »Eines muss ich euch lassen: Das war echt cool von euch!«
»Super! Einfach super!«, stammelt Brian fassungslos, während er das Toilettenpapier, das Beef-Jerky und die Wasserfilter betrachtet. Die Angespanntheit lässt nach, die Wolken verschwinden, und jetzt ist auf jedem Gesicht ein breites Lächeln zu sehen.
Lange kann sich auch Tara nicht der Neugier erwehren. Sie wirft einen verstohlenen Blick auf die Taschen. »Sind da auch Zigaretten drin?«
»Hier ist was in der Richtung«, erwidert April, bückt sich und nimmt eine Packung mit Glimmstängeln. »Viel Spaß damit, du dumme Kuh!«
Sie lächelt ihre Schwester an und wirft ihr die Schachtel zu.
Alle lachen.
Niemand sieht die kleine Gestalt, die hinter einer halb geöffneten Tür in die Eingangshalle schielt, bis Brian sie bemerkt. »Penny? Ist alles in Ordnung?«
Das kleine Mädchen stößt die Tür ganz auf und tritt heraus. Es trägt einen Schlafanzug, und sein niedliches Gesicht ist voller Ernst, als es sagt: »Der Mann da drinnen. Mr. Chalmers. Der ist gerade hingefallen.«
Sie finden David Chalmers auf dem Boden des Schlafzimmers mitten zwischen unzähligen Papiertaschentüchern und Medikamenten. Die Scherben einer zerbrochenen Flasche mit Aftershave liegen um seinen zitternden Kopf und lassen ihn aussehen, als ob er einen Heiligenschein hätte.
»O Gott! Daddy !« Tara kniet sich neben den alten Mann und reißt ihm den Sauerstoffschlauch von der Nase. Davids graues Gesicht hat jetzt eine gelbliche Farbe angenommen. Er keucht wie ein Fisch nach Luft, der auf Land versucht, Wasser zwischen die Kiemen zu bekommen.
»Er erstickt!« April eilt auf die andere Seite des Bettes und entwirrt den Schlauch des Sauerstofftanks, der vor dem Fenster auf dem Boden liegt. Der alte Mann hat ihn bei seinem Sturz vom Nachttisch gerissen.
»Daddy? Kannst du mich hören?« Tara gibt ihrem Vater in kurzen Abständen ein paar leichte Schläge auf die Wangen.
»Schau dir seine Zunge an!«
»Daddy? Daddy?«
»Tara, schau dir die Zunge an!« April stürzt mit Tank und Schlauch zu Tara und ihrem Vater. Philip, Nick, Brian und Penny schauen dem Drama unter der Tür zu. Philip fühlt sich machtlos. Er weiß nicht, ob er ins Zimmer treten oder stehen bleiben soll. Die beiden Frauen machen den Eindruck, als ob sie wüssten, was sie tun.
Vorsichtig öffnet Tara dem alten Mann den Mund und wirft einen Blick in seinen Rachen. »Alles in Ordnung.«
»Dad?« April kniet jetzt ebenfalls neben ihm und versucht, den Schlauch unter die Nase zu klemmen. »Daddy? Kann du mich hören? Daddy?«
David Chalmers keucht weiter, ohne ein Wort hervorzubringen. Seine Kehle knarzt schmerzhaft wie eine alte Schallplatte mit einem Sprung. Seine Augenlider – alt und durchsichtig wie die Flügel einer Eintagsfliege – fangen zu flattern an. Beinahe panisch tastet Tara seinen Nacken und Hinterkopf nach Verletzungen ab. »Keine Anzeichen von Blut«, verkündet sie. »Daddy?«
April legt eine Hand auf seine Stirn. »Eiskalt.«
»Ist der Sauerstoff an?«
»Natürlich!«
»Daddy?« April dreht ihren Vater vorsichtig um, bis er mit dem Sauerstoffschlauch über der Oberlippe auf dem Rücken zu ruhen kommt. Dann verpasst sie ihm erneut ein paar leichte Ohrfeigen. »Daddy? Daddy, kannst du uns hören? Daddy?«
Der alte Mann hustet. Seine Augenlider flattern noch immer. Dann öffnet er sie kurz und versucht, sich die Lunge mit Luft vollzusaugen, aber sein flacher Atem bleibt ihm im Hals stecken. Seine Augen sind nach hinten gerollt, und er scheint nur halb bei Bewusstsein zu sein.
»Daddy! Schau mich an!«, befiehlt April und dreht sein Gesicht vorsichtig zu sich. »Daddy, kannst du mich sehen?«
»Wir müssen ihn aufs Bett legen«, schlägt Tara vor. »Männer, könnt ihr uns helfen?«
Philip und Nick sind auf einer Seite, während Tara und Brian auf der anderen stehen. Sie zählen bis drei, heben dann David vorsichtig hoch und legen ihn aufs Bett. Die Federn ächzen unter seinem Gewicht, und der
Weitere Kostenlose Bücher