The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
Zunächst untersuchten wir die Tollwut nur aus wissenschaftlicher Neugier.« Er sah mich an und lächelte entschuldigend. Ich versuchte, ihm zu folgen. »Neugier ist doch eine gute Sache, oder? Erst durch Neugier hat der Mensch die Technologie entdeckt. Neugier ist der Motor des Fortschritts.«
Ich wusste nicht, warum er mir das erzählte oder was ich darauf sagen sollte. Aber mir wurde immer unbehag licher zumute. »Sie haben Forschungen über die Tollwut gemacht?«
Geoffrey sah auf seine gefalteten Hände. »Ich habe die Möglichkeiten des Virus erforscht. Seine Grenzen, sein Potenzial.«
Seine Erklärung verwirrte mich nur noch weiter.
»Das verstehe ich nicht. Was denn für ein Potenzial?«
»Ich muss vorausschicken, dass ich persönlich nicht für die letzte Version des Virus verantwortlich war. Aber am Anfang war ich an den Forschungen beteiligt. Ich und viele andere. Wir wussten nicht, dass das Militär das modifizierte Virus als biologische Waffe einsetzen wollte. Wenn ich geahnt hätte ...« Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
Mir wurde übel. Trotzdem versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen.
Ich konnte nicht glauben, was ich soeben gehört hatte.
Bis jetzt war ich der Meinung gewesen, dass die mutierte Tollwut eine Laune der Natur sei – zumindest hatte das die Regierung behauptet. Aber es war keine Laune der Natur, auch kein Unglück oder Schicksal oder die Strafe Gottes. Das Virus war menschengemacht. Angesichts dieser Erkenntnis wurde mir ganz schwindelig. Die Regierung hatte uns belogen. Was hatte man wohl noch vor uns verheimlicht?
Und Geoffrey?
Dieser Mann war für den Tod von Millionen, wahrscheinlich sogar Milliarden von Menschen verantwortlich. Meine Freunde waren tot, meine Heimatstadt verwüstet. Und das nur, weil ein paar Wissenschaftler Gott spielen wollten? Ich sah zu Joshua hinüber. Was er wohl dachte? Er schwieg und starrte mich mit unergründlicher Miene an.
»Wir dachten, wir hätten das Virus im Griff. Wir dachten, es könnte vernichtet werden. Aber es war nicht aufzuhalten. Niemand konnte es aufhalten. Wir waren machtlos.« Geoffrey öffnete die Augen und starrte mich an. In seinem Blick lag namenloser Schrecken. »Absolut machtlos.« Seine Stimme war nur noch ein Flüstern, und ich musste mich vorbeugen, um ihn verstehen zu können.
Ich schluckte und versuchte, das Pochen in meinen Schläfen zu ignorieren. »Was ist mit Los Angeles passiert? Es sieht aus, als wäre die Stadt bombardiert worden.«
Geoffrey lächelte, doch der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich. »Die Tollwut wütete besonders stark an der Westküste. Die Infizierten liefen frei herum – jeden Tag mehr. Die Menschen in den Teilen des Landes, die noch nicht befallen waren, gerieten in Panik.« Er hielt inne und sah mich an wie ein geprügelter Hund. »Sie verlangten von der Regierung, unverzüglich zu han deln. Doch die Regierung zögerte. Erst als das Virus völlig außer Kontrolle geraten war, entschied man sich, Los Angeles und San Francisco zu bombardieren. Die Bewohner waren längst in ihren Bunkern und konnten nicht mehr dagegen protestieren. Das Militär und die Regierung waren sich einig, dass dies die einzige Möglichkeit war, diesen Wahnsinn aufzuhalten. Letzten Endes hat jedoch auch diese Methode versagt.«
»Warum haben sie die Bevölkerung nicht vorher per Funk gewarnt?«
Er lächelte schuldbewusst. »Damals wussten wir nur sehr wenig über das Virus und die Mutation. Das Militär befürchtete, dass die Infizierten mithören könnten. Sie hatten Angst, dass sie sich ebenfalls verstecken würden, um ihrer Vernichtung zu entgehen.«
»Die Weepers verhalten sich zwar wie Tiere, aber sie sind intelligent. Sehr intelligent. Das macht sie auch so gefährlich«, erklärte Joshua. Er hatte seinen Kopf auf die Lehne gelegt und starrte an die Decke.
»Aber wenn so viele Menschen dabei umgekommen sind, wo sind dann die Leichen? Es müssen doch Tausende gewesen sein.«
Als er weitersprach, starrte Geoffrey unverwandt auf den Zeitschriftenartikel. »Sie wurden verbrannt. Das Militär befürchtete eine Pandemie. Die Leichen wurden zu großen Haufen aufgeschichtet und angezündet. Die Krematorien, die noch in Betrieb waren, waren völlig überlastet. Tagelang roch es in der ganzen Stadt nach verbranntem Fleisch.« Er kniff die Augen fest zusammen. Es dauerte ein paar Minuten, bis er die Fassung wiedererlangt hatte.
Ich schluckte meine Übelkeit hinunter. »Aber es muss doch noch
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