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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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gemacht?«
    »Sie geputzt und Zeitungspapier hineingestopft.«
    »Und bist dabei immer auf dem Hintern gerutscht.«
    »Ja«, sagte Nat, »und alles an dem Tag, an dem du acht Stunden gebraucht hast, um einen Baum zu holen.«
    »Dein Wagen war ganz dreckig an dem Abend.«
    »Ich bin ein bißchen herumgefahren. Ich war auf dem See, auf dem wir Schlittschuh gelaufen sind. Ich war auch auf dem Eis. Jemand hat mir an der Böschung geholfen.«
    »Das glaubst du doch selber nicht.«
    »Ich war auf dem Eis.«
    »Deine ganzen Erklärungen für die Zeitung in den Schlittschuhen und das dreckige Auto.«
    »Hör mir mal zu«, sagte Nat, »ich war immer ein großer Sportler. In diesem Monat jährt sich der Tag, seitdem ich hier rumsitze. Kannst du dir nicht vorstellen, was ich denke, wenn ich den ganzen verdammten Kram sehe. Ich weiß auch nicht, warum ich geglaubt habe, daß es mir hilft, an den See zu fahren. Wahrscheinlich bin ich ein Masochist.«
    Thea stand auf und goß sich einen Whisky ein.
    »Gib mir auch einen.«
    Thea füllte ein zweites Glas zu einem Drittel und gab es Nat.
    »Du glaubst mir nicht?«
    »Nein«, sagte Thea. »Was soll ich tun? Mir Benzin auf den Schoß schütten und ein Streichholz dranhalten?«
    »Tu das«, sagte Thea, »sonst tue ich es.«
    Sie stand schon an der Tür, als sie das Knacken von Glas hörte. Sie drehte sich um und sah das Blut, das aus Nats rechter Hand lief. Es lief in den Hemdärmel und auf Nats Schoß. Über die Stuhllehne und auf den Teppich. Nat hielt die Hand hoch und starrte auf die Splitter, die in der Haut hingen, als hätte er nicht mitgekriegt, daß er das Glas zerdrückt hatte.
    Thea zerrte ihren Gürtel auf und versuchte, Nats Arm abzubinden. Sie rannte in die Küche und riß den Schrank auf, und das erste, was sie griff, war Frau Posnacks Kittel. Er war vollgeblutet, kaum daß sie ihn um Nats Hand gelegt hatte.
    Sie brachte Nat aus der Wohnung und in den Aufzug. Sie setzte ihn in ihr Auto. Nat ließ alles geschehen.
    Er reagierte erst, als Thea auf das Gelände des Krankenhauses fuhr.
    »Laß mich bloß nicht hier.«
    »Ich fliege morgen nach Berlin«, sagte Thea.
    Die Ärztin brauchte eine Stunde, um die kleinen Splitter zu ziehen. Nats Hand wurde geschient und verbunden und war melonengroß.
    »Sie haben eine Menge Blut gelassen«, sagte die Ärztin.
    »Ich bleibe nicht hier«, sagte Nat, ehe sie weitersprechen konnte, »meine Frau versorgt mich.«
    »Ich fliege nach Berlin«, sagte Thea.
    »Haben Sie sonst jemanden, der Ihnen hilft?«
    »Keine Sorge«, sagte Nat, »das kriege ich hin.«
    Thea setzte den Teekessel auf und ging ins Schlafzimmer zurück, um Nat aus dem Bett zu holen.
    »Laß mich liegen. Es ist ja noch schwarze Nacht.«
    »Kommst du nachher allein klar?«
    »Ich soll es neun Tage lang.«
    »Die Posnack kommt täglich, sie ist ganz scharf auf mehr Geld. Dafür kümmert sie sich sogar um dich.«
    »Na wunderbar«, sagte Nat, »dann kann ich mich ihr ja anvertrauen. «
    »Meine Telefonnummer liegt auf deinem Schreibtisch.«
    »Leg mir noch einen von den Pullovern hin. Ich kriege ja kein Hemd über die Hand.«
    »Ich lege ihn auf die Kommode in der Diele«, sagte Thea, »und den Teekessel nehme ich lieber noch mal vom Herd.«
    »Nein«, sagte Nat, »ich stehe auf.«
    »Ich muß los. Mach es gut.«
    »Ja«, sagte Nat.
    Thea verließ den Probensaal und ging zum Telefon.
    Sie wählte die Hamburger Nummer und hörte dem Rufton zu.
    Nach dem zwanzigsten war die Verbindung weg. Thea sah auf die Uhr. Halb acht. Den ganzen Tag versuchte sie es schon. Bei Nat und bei der Posnack. Thea ging zurück in den Saal.
    »Ich gehe nicht mit euch essen«, sagte sie, »aber ich bin morgen wieder zeitig da.«
    »Was ist los?« fragte die Frau auf der Bühne.
    »Ich will die Maschine nach Hamburg noch erwischen. Mein Kind macht mir Sorgen.«
    »Morgen sind auch die Kostüme da«, sagte die Frau, »wir fangen um zehn an. Ich verlasse mich darauf, daß du pünktlich bist. Die Stanitzki kommt nur für dich.«
    »Du kannst dich auf mich verlassen«, sagte Thea.
    »Ich wußte nicht, daß du ein Kind hast«, sagte der Fotograf.
    »Doch«, sagte Thea.
    Den Mantel zog sie erst im Taxi an.
    Die Wohnung war so, wie Thea sie am Morgen verlassen hatte. Nur das Teewasser war verkocht und die Flamme ausgegangen. Doch der Kessel glühte noch.
    Nat lag im Bett. Er schien nicht erstaunt zu sein, sie zu sehen.
    »Warst du gar nicht auf?«
    »Mir ist schlecht«, sagte Nat.
    »Deine Augen sind glasig.

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