Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
Vom Netzwerk:
gemessen?«
    »Es ist mir aus der Hand gefallen«, sagte Nat.
    »Und kaputtgegangen? Auf den Dielen?«
    »Es muß ungünstig aufgekommen sein.«
    Thea setzte sich auf Nats Bett und sah ihn an.
    »Was machen eigentlich die kleinen Engländer, wenn sie die Schule schwänzen wollen?«
    Nat verzog das Gesicht.
    »Ich ertrage es nicht mehr«, sagte er, »du tust mir so weh mit deinem Mißtrauen.«
    »Was glaubst du, wie weh es mir tut, deine Nurse zu spielen und zu vergessen, daß ich mal eine Karriere gehabt habe.«
    »Denk an das, was ich nicht mehr habe.«
    »Schon hat die Katze den kleinen Vogel wieder in den Krallen.«
    »Du bist der kleine Vogel.«
    »Ja«, sagte Thea.
    »Du mußt mal deinen Verfolgungswahn behandeln lassen.«
    »Diesmal verzichte ich darauf, dir eine runterzuhauen.«
    Sie stand auf und wandte ihm den Rücken zu und hockte sich hin, um die Teile des Thermometers aufzusammeln. Nat sah, daß ihre Schultern zuckten.
    »Weinst du?«
    »Nur Freudentränen«, sagte Thea.
    »Ich hatte solche Angst, daß du nach Berlin fährst.«
    »Du hast kein Fieber mehr?«
    »Nicht mehr viel. Dabei habe ich die Kapseln gar nicht im Mund gehabt.«
    »Du hast keine von den Kapseln genommen?«
    »Nein«, sagte Nat, »ich habe sie alle in meiner Nachttischschublade versteckt.«
    »Dein Körper scheint ja ganz ausgezeichnet gegen eine Entzündung angehen zu können.«
    »Was?« fragte Nat.
    »Hast du ein Streichholz an das Thermometer gehalten?«
    »Ja«, sagte Nat, »ich hätte lieber heißes Wasser drüberlaufen lassen sollen. Da kann nicht so schnell was schiefgehen. Aber ich hätte ja eine halbe Stunde gebraucht, um aus dem Bett zu kommen.«
    »An die Heizung halten ist auch noch ganz gut«, sagte Thea.
    »Auch zu weit weg«, sagte Nat, »die Streichhölzer lagen hier in meiner Schublade.«
    Thea ließ die Thermometerstücke aus der Hand fallen.
    »Es ist zu heiß geworden«, sagte sie.
    »Ich hätte es nicht in die Flamme halten dürfen.«
    »Die Stanitzki ist jetzt schon im Theater«, sagte Thea und trat auf die Scherben und drehte sich auf den Dielen, daß das Glas auf dem Holz schmirgelte. Schneller. Sie drehte sich schneller.
    »Steh auf«, sagte sie, »die Station ist geschlossen.«
    »Ich simuliere nicht«, sagte Nat, »es geht mir schlecht.«
    »Dann soll die Posnack dich pflegen.«
    »Ich habe sie rausgeschmissen«, sagte Nat.
    Thea hielt an. Ihr war so schwindlig, daß sie sich auf die Bettkante setzte. Nat schob die dickverbundene Hand zu ihr hin. Thea hätte gern an ihr gezerrt und gezogen und Schmerz zugefügt.
    »Die alte Hexe hat mich oft gepeinigt«, sagte Nat, »doch gestern ist sie zu weit gegangen.«
    »Was war los?«
    »Sie hat dich mit einem Mann gesehen. Einer mit dunklem Bart und schwarzem Käppchen. Ihrer Beschreibung nach ein Rabbi.«
    »Er trägt eine Baskenmütze«, sagte Thea.
    »Der mit dem Chevrolet?« Thea nickte.
    »Er scheint ein ziemlicher Exot zu sein.«
    »Du bist exotischer.«
    »Ich dachte, du triffst ihn nicht mehr.«
    »Ich habe ihn nur noch einmal in der Stadt getroffen. Deswegen schmeißt du die Posnack raus?«
    »Sie ist um mein Bett getanzt und hat grausam ausgeführt, warum ich deine Untreue hinnehmen muß.«
    »Ist sie dabei nicht auch noch auf einem Besen geritten?«
    »Nein«, sagte Nat, »ist sie nicht. Sie hat mir nur ihre Hexenkrallen ins Herz gebohrt.«
    »Du hast zu viel Mitleid mit deinem Herzen.«
    »Ich bin nur überrascht, daß es noch die Krallen spürt.«
    Thea schob Nats Hand weg und stand auf.
    »Du wirst noch viele Stanitzkis interviewen.«
    »Ja«, sagte Thea, »ich muß nur dich vorher von der Hacke kriegen.«
    Nat sah sie an.
    »Und daß es noch keine Hornhaut hat«, sagte er, »trotz der letzten zwei Jahre mit dir.«
    »Hoffentlich finden wir schnell eine neue Putzfrau«, sagte Thea, »ich werde eine Anzeige aufgeben.«
    »Die Posnack will den Kittel ersetzt haben«, sagte Nat, »er muß in der Ambulanz liegengeblieben sein.«
    Nat ließ keine Gelegenheit aus, hilflos zu sein.
    Er verkroch sich in der Wohnung und weigerte sich auch dann noch, wegzugehen, als die Hand nicht mehr geschient und wieder ganz gut zu gebrauchen war. Thea durfte in diesen Tagen nur wenige Schritte weit von ihm sein, und hatte sie doch mal das Haus verlassen, wurde Nat das Opfer von Widrigkeiten.
    Er drehte eine zu kleine Birne in eine zu große Lampenfassung und löste einen Kurzschluss aus und saß im Dunkeln, weil er nicht an den Sicherungskasten konnte.
    Die Bremsen des Stuhls

Weitere Kostenlose Bücher